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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] dem Ovidius in Fastis angezogen worden.

Eben diese wurden unterweilen auch gebildet mit einem/ über der lincken Schulder liegend/ und unter dem rechten Arm hinum geschlagenen Römischen Friedens-Rocke/ damit sie nemlich ihr Amt desto bequemlicher verrichten könnten; indem sie/ wie Plutarchus eben am selbigen Ort meldet/ der Menschen Wercke aufs genaueste erforschten/ damit derselben Untugenden und Laster nicht verborgen blieben/ sondern um derer Willen/ nachdem sie davon genaue Erkundigung eingezogen/ solche rechtmässig abstrafften.

[Abbildung] Ein solcher allhier vorgestellter Lar oder Hausgott/ dessen Original im Metall eingegossen/ dem M. Zuerio Boxhornio (wie er solches in seinen quaestionibus Romanis p. 30. 31. anführet) von einem guten Freund verehret worden/ wurde nahe bey der Stadt Santen/ in dem Clevischen Herzogthum / samt andern Römischen Reliquien ausgegraben/ eben in der Gestalt und Grösse/ wie der beygefügte Holtzschnitt ausweiset.

Penates, eine Art Hausgötter Denen Laribus waren die Penates gantz ähnlich/ insonderheit in Verwahrung der Städte. Einige wollen/ es seyen diese bey den Römern gewesen Jupiter/ Juno/ und Minerva; andere aber Apollo und Neptunus/ welche die Trojanische Mauern gebauet. Marcus Cicero schreibet/ sie seyen vom Wörtlein penu, (Vorraht an Speiß und Tranck) oder weil sie penitus, das ist/ gantz inwendig drinnen sitzen/ also genennt: und daher wurden sie in den innersten Theilen deß Hauses geehrt. Weßwegen auch Demipho bey dem Terentius sagt/ er wolle nach Haus reisen/ die Penates, oder Hausgötter zu begrüssen/ daß er von dannen wieder auf den Marckt sich begeben/ und seine Geschäffte verrichten könne. Von ihrer Bildung oder Gestalt berichtet der Geschichtschreiber Timaeus/ daß sie eiserne und ehrinne Zincken/ und ein Trojanisch irdin Gefäß gewesen/ welche ins Lavinii verborgenen Geheimgemächern/ als dahin gewiedmet/ gestanden.

Dionysius erzehlet im ersten Buch der Römischen Historie / er habe in einem niedrig-finstern/ unweit vom Römischen Marckt entlegenem Tempel zwey Bildnussen zweyer Trojaner gesehen/ in Gestalt zweyer sitzender Jünglinge/ deren jeder einen Wurffspieß in der Hand gehabt/ mit dieser Uberschrifft: D. PENATES; wie dann auch in den meisten alten Tempeln dergleichen Jünglinge in Kriegs-Habit/ und Verrichtung/ nicht weniger auf vielen alten Schau-Müntzen zu sehen.

[Spaltenumbruch]

Genius, oder Geburts-Engel So ward auch der Genius, oder Geburts-Engel/ für einen Haus-Gott/ ja für eines jedweden besonderen Geist gehalten/ welchen Einige den Gott der Gastfreyheit zu seyn geglaubet; dannenhero man im Lateinischen noch saget/ genio indulgere, das ist/ dem Lust-Geiste nachhängen/ und der Natur ein Genügen leisten; und genium defraudare wird von denen gesagt/ die den Lust-Geist hemmen/ und den Begierden der Natur ernstlich widerstehen. Wann Horatius im II. Buch seiner Episteln an den Julius Florus schreibet/ und von der menschlichen Dinge Unbeständigkeit redet/ fraget er/ wie es doch komme/ daß unter zweyen Brüdern einer öffters wollüstig/ der ander aber arbeitsam seye? Worauf er ihme selbst also antwortet:

Scit Genius, natale comes qui tem-
perat aftrum,

Naturae Deus humanae, mortalis in
unum

Quodque caput: vultu mutabilis,
albus & ater.

Es darff Gott der Natur der Genius
nicht lernen

wie wir gebrechlich seynd/ als der die
Krafft der Sternen

auf alle Köpffe treibt; Er ändert sein
Gesicht/

ist bald geschwärtzt/ bald weiß/ und
hält die Farbe nicht.

Censorinus ist der Meinung/ es seye Genius ein Gott der Geburt/ entweder weil er derselben vorstehet/ oder zugleich mit uns geboren wird/ uns auch immerdar/ unser Leben zu beschützen/ beywohnet; daher die Alten einem jeden Menschen seinen Genium oder Geburts-Engel zugeeignet; ja/ auch wol zween/ nemlich einen bösen und guten/ diesen zu einem Ermahner zum Guten/ jenen zu einem Anreitzer oder Treiber zum Bösen: Welches fast mit unserer Religions-Lehre übereinstimmet/ soviel nemlich die Schutz-Engel und böse Geister betrifft; ausgenommen/ daß wir nicht glauben/ daß sie mit uns geboren werden/ wie die Alten von ihren Geniis und Laribus geschrieben/ als unter welchen eine grosse Gleichheit ware; dannenhero die Römer an den Fußsteigen und Kreutzwegen deß Kaysers Augusti Genium, zusamt den Laribus aufgestellt und verehrt.

Ein jeder aber ehrte seinen Genium insonderheit/ wann er mit grosser Freude seinen Des Fürsten Genius. Geburts-Tag begienge. Deß Kaysers oder Fürsten Genius aber ward von allen öffentlich mit aller nur erdencklichen Ehre und Dienste venerirt. Deßwegen der/ so bey dessen Genio falsch geschworen/ hart gestrafft

[Spaltenumbruch] dem Ovidius in Fastis angezogen worden.

Eben diese wurden unterweilen auch gebildet mit einem/ über der lincken Schulder liegend/ und unter dem rechten Arm hinum geschlagenen Römischen Friedens-Rocke/ damit sie nemlich ihr Amt desto bequemlicher verrichten könnten; indem sie/ wie Plutarchus eben am selbigen Ort meldet/ der Menschen Wercke aufs genaueste erforschten/ damit derselben Untugenden und Laster nicht verborgen blieben/ sondern um derer Willen/ nachdem sie davon genaue Erkundigung eingezogen/ solche rechtmässig abstrafften.

[Abbildung] Ein solcher allhier vorgestellter Lar oder Hausgott/ dessen Original im Metall eingegossen/ dem M. Zuerio Boxhornio (wie er solches in seinen quaestionibus Romanis p. 30. 31. anführet) von einem guten Freund verehret worden/ wurde nahe bey der Stadt Santen/ in dem Clevischen Herzogthum / samt andern Römischen Reliquien ausgegraben/ eben in der Gestalt und Grösse/ wie der beygefügte Holtzschnitt ausweiset.

Penates, eine Art Hausgötter Denen Laribus waren die Penates gantz ähnlich/ insonderheit in Verwahrung der Städte. Einige wollen/ es seyen diese bey den Römern gewesen Jupiter/ Juno/ und Minerva; andere aber Apollo und Neptunus/ welche die Trojanische Mauern gebauet. Marcus Cicero schreibet/ sie seyen vom Wörtlein penu, (Vorraht an Speiß und Tranck) oder weil sie penitus, das ist/ gantz inwendig drinnen sitzen/ also genennt: und daher wurden sie in den innersten Theilen deß Hauses geehrt. Weßwegen auch Demipho bey dem Terentius sagt/ er wolle nach Haus reisen/ die Penates, oder Hausgötter zu begrüssen/ daß er von dannen wieder auf den Marckt sich begeben/ und seine Geschäffte verrichten könne. Von ihrer Bildung oder Gestalt berichtet der Geschichtschreiber Timaeus/ daß sie eiserne und ehrinne Zincken/ und ein Trojanisch irdin Gefäß gewesen/ welche ins Lavinii verborgenen Geheimgemächern/ als dahin gewiedmet/ gestanden.

Dionysius erzehlet im ersten Buch der Römischen Historie / er habe in einem niedrig-finstern/ unweit vom Römischen Marckt entlegenem Tempel zwey Bildnussen zweyer Trojaner gesehen/ in Gestalt zweyer sitzender Jünglinge/ deren jeder einen Wurffspieß in der Hand gehabt/ mit dieser Uberschrifft: D. PENATES; wie dann auch in den meisten alten Tempeln dergleichen Jünglinge in Kriegs-Habit/ und Verrichtung/ nicht weniger auf vielen alten Schau-Müntzen zu sehen.

[Spaltenumbruch]

Genius, oder Geburts-Engel So ward auch der Genius, oder Geburts-Engel/ für einen Haus-Gott/ ja für eines jedweden besonderen Geist gehalten/ welchen Einige den Gott der Gastfreyheit zu seyn geglaubet; dannenhero man im Lateinischen noch saget/ genio indulgere, das ist/ dem Lust-Geiste nachhängen/ und der Natur ein Genügen leisten; und genium defraudare wird von denen gesagt/ die den Lust-Geist hemmen/ und den Begierden der Natur ernstlich widerstehen. Wann Horatius im II. Buch seiner Episteln an den Julius Florus schreibet/ und von der menschlichen Dinge Unbeständigkeit redet/ fraget er/ wie es doch komme/ daß unter zweyen Brüdern einer öffters wollüstig/ der ander aber arbeitsam seye? Worauf er ihme selbst also antwortet:

Scit Genius, natale comes qui tem-
perat aftrum,

Naturae Deus humanae, mortalis in
unum

Quodque caput: vultu mutabilis,
albus & ater.

Es darff Gott der Natur der Genius
nicht lernen

wie wir gebrechlich seynd/ als der die
Krafft der Sternen

auf alle Köpffe treibt; Er ändert sein
Gesicht/

ist bald geschwärtzt/ bald weiß/ und
hält die Farbe nicht.

Censorinus ist der Meinung/ es seye Genius ein Gott der Geburt/ entweder weil er derselben vorstehet/ oder zugleich mit uns geboren wird/ uns auch immerdar/ unser Leben zu beschützen/ beywohnet; daher die Alten einem jeden Menschen seinen Genium oder Geburts-Engel zugeeignet; ja/ auch wol zween/ nemlich einen bösen und guten/ diesen zu einem Ermahner zum Guten/ jenen zu einem Anreitzer oder Treiber zum Bösen: Welches fast mit unserer Religions-Lehre übereinstimmet/ soviel nemlich die Schutz-Engel und böse Geister betrifft; ausgenommen/ daß wir nicht glauben/ daß sie mit uns geboren werden/ wie die Alten von ihren Geniis und Laribus geschrieben/ als unter welchen eine grosse Gleichheit ware; dannenhero die Römer an den Fußsteigen und Kreutzwegen deß Kaysers Augusti Genium, zusamt den Laribus aufgestellt und verehrt.

Ein jeder aber ehrte seinen Genium insonderheit/ wann er mit grosser Freude seinen Des Fürsten Genius. Geburts-Tag begienge. Deß Kaysers oder Fürsten Genius aber ward von allen öffentlich mit aller nur erdencklichen Ehre und Dienste venerirt. Deßwegen der/ so bey dessen Genio falsch geschworen/ hart gestrafft

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  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 158 . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/240>, abgerufen am 24.04.2024.