Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite
FORTUNA,
Oder
das Glück.
Fortunam culpant omnes, probrisque lacessunt;
Cum tamen haec magnum potius mereatur honorem.
Das Glück wird überall mit Schmäh-Koth angeschmieret/
da ihm doch allerseits die grösste Ehr gebüret.
[Spaltenumbruch]

Die Fortuna/ oder das Glück.MIt diesen Versen des Dantes Algerius will ich diese Abhandlung der Fortun anfangen: dann PLATTE S.dieser pflegen wir Menschen alles/ was wider unser Vermuhten uns begegnet/ zuzuschreiben/ und das übel aufzunehmen/ welches uns doch ein Anlaß zur Freude seyn sollte; also daß es scheinet/ als ob wir davorhielten/ es hange die Erlangung eines guten Hauswesens und aller Güter/ wie auch aller deren Verlust und Abwechslung allein an ihr. Derohalben Franciscus Petrarcha an einem Orte die Fortun also von sich selbst redend einführet:

Magna, potens rerum, conor For-
tuna
; videsne

Laetos, ac tristes solam me reddere
posse?

Idque statim celeri sum eadern ve-
locior aura,

Quodque vides,nostris jussis id vol-
vitur omne.

Ich Glück bin reich an Macht und Gut/
sieh mich recht an/

und glaub/ daß nur Ich Leid und Freu-
de schaffen kan.

Und dieses schnell: weil ich geschwind wie
Windes-Wehen;

Dann alles was du siehst/ ist auf mein
Wort geschehen.

Warum die Fortun getadelt werde. Dannenhero sie selbst ein Ursprung und Urheberin aller Lästerungen ist/ wormit wir sie täglich überhäuffen/ dieweil gemeiniglich diejenige ihre Güter besitzen/ welche derselben am Allerunwürdigsten zu seyn scheinen/ die Würdigste hingegen derselben beraubt sind/ und nichts haben. Welches ob es recht/ oder unrecht sey/ ich denen zu betrachten überlasse/[Spaltenumbruch] die nach ihrem beywohnenden hohen Verstande allein erkennen können/ wie vielerley Sorgen/ Beschwerungen/ und Gefährlichkeiten diese vergängliche Dinge/ so wir Güter nennen/ unterworffen sind. Dieses aber pflegen wir wenig zu erwägen/ sondern uns nur allein zu befleissigen/ wie wir uns mit denselben anfüllen mögen; und wann dann die Sach nicht nach unserm Wunsch abgehet/ fangen wir an uns über die Fortun zu beklagen/ da doch/ vieler Meinung nach/ gar keine dergleichen Fortun oder das Glück ist nichts. Göttin zu finden. Darum Juvenalis in der X Satyra also von ihr dichtet:

Nullum numen abest, si sit pruden-
tia: sed te

Nos facimus,Fortuna,Deam, coelo-
que locamus.

Wo wahre Klugheit ist/ da kan kein
Glücksfall seyn:

Doch setzen wir dich Glück zum Gott im
Himmel ein.

Lactantius Firmianus sagt/ das Glück sey anders nichts/ als ein bloser Name/ welcher der Menschen Thorheit bezeichne; deme auch Cicero beystimmet/ wann er in den Academischen Fragen also schreibet: Die Fortun hat uns viel gemacht/ dessen wir uns nicht versehen/ wegen Dunckelheit und Unwissenheit derer Urheblichkeiten oder Anfangs-Ursachen. Aber es sind die Alten mit der Fortun nicht weniger betrogen und verleitet worden/ als mit ihren andern Göttern: Dieser nun haben sie die Verwaltung der so wohl guten als bösen äusserlichen Dingen zugeschrieben/ und sie denselben Die Fortun ist zweyerley als eine Göttin vorgesetzt. Dannenhero haben sie zwo Fortunen gedichtet/ nemlich eine gute/ und eine böse/ und dieser alles Unglück/ jener aber alles Glück zugeeignet; die gute hatte ein schön weiß Antlitz/ die böse aber sahe im Gesicht häßlich und gantz schwatz aus. Zu Praeneste/ woselbst sie einen sehr berühmten Tempel hatte/ wurde sie unter der

FORTUNA,
Oder
das Glück.
Fortunam culpant omnes, probrisque lacessunt;
Cum tamen haec magnum potius mereatur honorem.
Das Glück wird überall mit Schmäh-Koth angeschmieret/
da ihm doch allerseits die grösste Ehr gebüret.
[Spaltenumbruch]

Die Fortuna/ oder das Glück.MIt diesen Versen des Dantes Algerius will ich diese Abhandlung der Fortun anfangen: dann PLATTE S.dieser pflegen wir Menschen alles/ was wider unser Vermuhten uns begegnet/ zuzuschreiben/ und das übel aufzunehmen/ welches uns doch ein Anlaß zur Freude seyn sollte; also daß es scheinet/ als ob wir davorhielten/ es hange die Erlangung eines guten Hauswesens und aller Güter/ wie auch aller deren Verlust und Abwechslung allein an ihr. Derohalben Franciscus Petrarcha an einem Orte die Fortun also von sich selbst redend einführet:

Magna, potens rerum, conor For-
tuna
; videsne

Laetos, ac tristes solam me reddere
posse?

Idque statim celeri sum eadern ve-
locior aura,

Quodque vides,nostris jussis id vol-
vitur omne.

Ich Glück bin reich an Macht und Gut/
sieh mich recht an/

und glaub/ daß nur Ich Leid und Freu-
de schaffen kan.

Und dieses schnell: weil ich geschwind wie
Windes-Wehen;

Dann alles was du siehst/ ist auf mein
Wort geschehen.

Warum die Fortun getadelt werde. Dannenhero sie selbst ein Ursprung und Urheberin aller Lästerungen ist/ wormit wir sie täglich überhäuffen/ dieweil gemeiniglich diejenige ihre Güter besitzen/ welche derselben am Allerunwürdigsten zu seyn scheinen/ die Würdigste hingegen derselben beraubt sind/ und nichts haben. Welches ob es recht/ oder unrecht sey/ ich denen zu betrachten überlasse/[Spaltenumbruch] die nach ihrem beywohnenden hohen Verstande allein erkennen können/ wie vielerley Sorgen/ Beschwerungen/ und Gefährlichkeiten diese vergängliche Dinge/ so wir Güter nennen/ unterworffen sind. Dieses aber pflegen wir wenig zu erwägen/ sondern uns nur allein zu befleissigen/ wie wir uns mit denselben anfüllen mögen; und wann dann die Sach nicht nach unserm Wunsch abgehet/ fangen wir an uns über die Fortun zu beklagen/ da doch/ vieler Meinung nach/ gar keine dergleichen Fortun oder das Glück ist nichts. Göttin zu finden. Darum Juvenalis in der X Satyra also von ihr dichtet:

Nullum numen abest, si sit pruden-
tia: sed te

Nos facimus,Fortuna,Deam, coelo-
que locamus.

Wo wahre Klugheit ist/ da kan kein
Glücksfall seyn:

Doch setzen wir dich Glück zum Gott im
Himmel ein.

Lactantius Firmianus sagt/ das Glück sey anders nichts/ als ein bloser Name/ welcher der Menschen Thorheit bezeichne; deme auch Cicero beystimmet/ wann er in den Academischen Fragen also schreibet: Die Fortun hat uns viel gemacht/ dessen wir uns nicht versehen/ wegen Dunckelheit und Unwissenheit derer Urheblichkeiten oder Anfangs-Ursachen. Aber es sind die Alten mit der Fortun nicht weniger betrogen und verleitet worden/ als mit ihren andern Göttern: Dieser nun haben sie die Verwaltung der so wohl guten als bösen äusserlichen Dingen zugeschrieben/ und sie denselben Die Fortun ist zweyerley als eine Göttin vorgesetzt. Dannenhero haben sie zwo Fortunen gedichtet/ nemlich eine gute/ und eine böse/ und dieser alles Unglück/ jener aber alles Glück zugeeignet; die gute hatte ein schön weiß Antlitz/ die böse aber sahe im Gesicht häßlich und gantz schwatz aus. Zu Praeneste/ woselbst sie einen sehr berühmten Tempel hatte/ wurde sie unter der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0245" xml:id="pb-1522" n="TA 1680, Iconologia Deorum, S. 161"/>
        <div xml:id="d1522.1">
          <head><hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">FORTUNA</persName>,</hi><lb/>
Oder<lb/>
das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName>.</head>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="la">
            <l><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortunam</persName> culpant omnes, <reg>probrisque</reg> lacessunt;</l><lb/>
            <l>Cum tamen haec magnum potius mereatur honorem.</l><lb/>
          </lg>
          <lg>
            <l>Das Glück wird überall mit Schmäh-Koth angeschmieret/</l><lb/>
            <l>da ihm doch allerseits die grösste Ehr gebüret.</l><lb/>
          </lg>
          <cb/>
          <p><note place="right"><name ref="http://ta.sandrart.net/-artwork-3580" type="artificialWork">Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortuna</persName>/ oder das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName></name>.</note><hi rendition="#in">M</hi>It diesen Versen des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1038 http://d-nb.info/gnd/118523708 http://viaf.org/viaf/97105654">Dantes Algerius</persName> will <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> diese Abhandlung der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> anfangen: dann <note place="right"><hi rendition="#aq"><ref target="#figure-1521.1">PLATTE S</ref>.</hi></note>dieser pflegen wir Menschen alles/ was wider unser Vermuhten uns begegnet/ zuzuschreiben/ und das übel aufzunehmen/ welches uns doch ein Anlaß zur Freude seyn sollte; also daß es scheinet/ als ob wir davorhielten/ es hange die Erlangung eines guten Hauswesens und aller Güter/ wie auch aller deren Verlust und Abwechslung allein an ihr. Derohalben <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1077 http://d-nb.info/gnd/118593234 http://viaf.org/viaf/39382430">Franciscus Petrarcha</persName> an einem Orte die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> also von sich selbst redend einführet:</p>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="la">
            <l>Magna, potens rerum, conor <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">For-<lb/>
tuna</persName>; videsne</l><lb/>
            <l>Laetos, ac tristes solam me reddere<lb/>
posse?</l><lb/>
            <l><reg>Idque</reg> statim celeri sum eadern ve-<lb/>
locior aura,</l><lb/>
            <l><reg>Quodque</reg> vides,nostris jussis id vol-<lb/>
vitur omne.</l><lb/>
          </lg>
          <lg>
            <l>Ich <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName> bin reich an Macht und Gut/<lb/>
sieh mich recht an/</l><lb/>
            <l>und glaub/ daß nur Ich Leid und Freu-<lb/>
de schaffen kan.</l><lb/>
            <l>Und dieses schnell: weil ich geschwind wie<lb/>
Windes-Wehen;</l><lb/>
            <l>Dann alles was du siehst/ ist auf mein<lb/>
Wort geschehen.</l><lb/>
          </lg>
          <p xml:id="p1522.1"><note place="right">Warum die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> getadelt werde.</note> Dannenhero sie selbst ein Ursprung und Urheberin aller Lästerungen ist/ wormit wir sie täglich überhäuffen/ dieweil gemeiniglich diejenige ihre Güter besitzen/ welche derselben am Allerunwürdigsten zu seyn scheinen/ die Würdigste hingegen derselben beraubt sind/ und nichts haben. Welches ob es recht/ oder unrecht sey/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-836">ich</persName> denen zu betrachten überlasse/<cb/>
die nach ihrem beywohnenden hohen Verstande allein erkennen können/ wie vielerley Sorgen/ Beschwerungen/ und Gefährlichkeiten diese vergängliche Dinge/ so wir Güter nennen/ unterworffen sind. Dieses aber pflegen wir wenig zu erwägen/ sondern uns nur allein zu befleissigen/ wie wir uns mit denselben anfüllen mögen; und wann dann die Sach nicht nach unserm Wunsch abgehet/ fangen wir an uns über die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> zu beklagen/ da doch/ vieler Meinung nach/ gar keine dergleichen <note xml:id="n1522.1" place="right"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> oder das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName> ist nichts.</note> Göttin zu finden. Darum <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2842 http://d-nb.info/gnd/118556126 http://viaf.org/viaf/102336251">Juvenalis</persName> in der <hi rendition="#aq">X</hi> Satyra also von ihr dichtet:</p>
          <lg rendition="#aq" xml:lang="la">
            <l>Nullum numen abest, si sit pruden-<lb/>
tia: sed te</l><lb/>
            <l>Nos facimus,<persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortuna</persName>,Deam, <reg>coelo-<lb/>
que</reg> locamus.</l><lb/>
          </lg>
          <lg>
            <l>Wo wahre Klugheit ist/ da kan kein<lb/>
Glücksfall seyn:</l><lb/>
            <l>Doch setzen wir dich <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName> zum Gott im<lb/>
Himmel ein.</l><lb/>
          </lg>
          <p><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-609 http://d-nb.info/gnd/118725831 http://viaf.org/viaf/100198064">Lactantius Firmianus</persName> sagt/ das <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Glück</persName> sey anders nichts/ als ein bloser Name/ welcher der Menschen Thorheit bezeichne; deme auch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-344 http://d-nb.info/gnd/118520814 http://viaf.org/viaf/100196617">Cicero</persName> beystimmet/ wann er in den Academischen Fragen also schreibet: Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> hat uns viel gemacht/ dessen wir uns nicht versehen/ wegen Dunckelheit und Unwissenheit derer Urheblichkeiten oder Anfangs-Ursachen. Aber es sind die Alten mit der <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> nicht weniger betrogen und verleitet worden/ als mit ihren andern Göttern: Dieser nun haben sie die Verwaltung der so wohl guten als bösen äusserlichen Dingen zugeschrieben/ und sie denselben <note xml:id="n1522.2" place="right">Die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">Fortun</persName> ist zweyerley</note> als eine Göttin vorgesetzt. Dannenhero haben sie zwo Fortunen gedichtet/ nemlich eine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">gute</persName>/ und eine <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5161">böse</persName>/ und dieser alles Unglück/ jener aber alles Glück zugeeignet; die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-555 http://d-nb.info/gnd/118893025 http://viaf.org/viaf/69727614">gute</persName> hatte ein schön weiß Antlitz/ die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5161">böse</persName> aber sahe im Gesicht häßlich und gantz schwatz aus. Zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1438 http://www.geonames.org/3171606/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7007001">Praeneste</placeName>/ woselbst sie einen sehr berühmten <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1439">Tempel</placeName> hatte/ wurde sie unter der
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 161/0245] FORTUNA, Oder das Glück.Fortunam culpant omnes, probrisque lacessunt; Cum tamen haec magnum potius mereatur honorem. Das Glück wird überall mit Schmäh-Koth angeschmieret/ da ihm doch allerseits die grösste Ehr gebüret. MIt diesen Versen des Dantes Algerius will ich diese Abhandlung der Fortun anfangen: dann dieser pflegen wir Menschen alles/ was wider unser Vermuhten uns begegnet/ zuzuschreiben/ und das übel aufzunehmen/ welches uns doch ein Anlaß zur Freude seyn sollte; also daß es scheinet/ als ob wir davorhielten/ es hange die Erlangung eines guten Hauswesens und aller Güter/ wie auch aller deren Verlust und Abwechslung allein an ihr. Derohalben Franciscus Petrarcha an einem Orte die Fortun also von sich selbst redend einführet: Die Fortuna/ oder das Glück. PLATTE S.Magna, potens rerum, conor For- tuna; videsne Laetos, ac tristes solam me reddere posse? Idque statim celeri sum eadern ve- locior aura, Quodque vides,nostris jussis id vol- vitur omne. Ich Glück bin reich an Macht und Gut/ sieh mich recht an/ und glaub/ daß nur Ich Leid und Freu- de schaffen kan. Und dieses schnell: weil ich geschwind wie Windes-Wehen; Dann alles was du siehst/ ist auf mein Wort geschehen. Dannenhero sie selbst ein Ursprung und Urheberin aller Lästerungen ist/ wormit wir sie täglich überhäuffen/ dieweil gemeiniglich diejenige ihre Güter besitzen/ welche derselben am Allerunwürdigsten zu seyn scheinen/ die Würdigste hingegen derselben beraubt sind/ und nichts haben. Welches ob es recht/ oder unrecht sey/ ich denen zu betrachten überlasse/ die nach ihrem beywohnenden hohen Verstande allein erkennen können/ wie vielerley Sorgen/ Beschwerungen/ und Gefährlichkeiten diese vergängliche Dinge/ so wir Güter nennen/ unterworffen sind. Dieses aber pflegen wir wenig zu erwägen/ sondern uns nur allein zu befleissigen/ wie wir uns mit denselben anfüllen mögen; und wann dann die Sach nicht nach unserm Wunsch abgehet/ fangen wir an uns über die Fortun zu beklagen/ da doch/ vieler Meinung nach/ gar keine dergleichen Göttin zu finden. Darum Juvenalis in der X Satyra also von ihr dichtet: Warum die Fortun getadelt werde. Fortun oder das Glück ist nichts. Nullum numen abest, si sit pruden- tia: sed te Nos facimus,Fortuna,Deam, coelo- que locamus. Wo wahre Klugheit ist/ da kan kein Glücksfall seyn: Doch setzen wir dich Glück zum Gott im Himmel ein. Lactantius Firmianus sagt/ das Glück sey anders nichts/ als ein bloser Name/ welcher der Menschen Thorheit bezeichne; deme auch Cicero beystimmet/ wann er in den Academischen Fragen also schreibet: Die Fortun hat uns viel gemacht/ dessen wir uns nicht versehen/ wegen Dunckelheit und Unwissenheit derer Urheblichkeiten oder Anfangs-Ursachen. Aber es sind die Alten mit der Fortun nicht weniger betrogen und verleitet worden/ als mit ihren andern Göttern: Dieser nun haben sie die Verwaltung der so wohl guten als bösen äusserlichen Dingen zugeschrieben/ und sie denselben als eine Göttin vorgesetzt. Dannenhero haben sie zwo Fortunen gedichtet/ nemlich eine gute/ und eine böse/ und dieser alles Unglück/ jener aber alles Glück zugeeignet; die gute hatte ein schön weiß Antlitz/ die böse aber sahe im Gesicht häßlich und gantz schwatz aus. Zu Praeneste/ woselbst sie einen sehr berühmten Tempel hatte/ wurde sie unter der Die Fortun ist zweyerley

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2014-06-24T13:18:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2014-06-24T13:18:31Z)
Benjamin Fiechter: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2014-06-24T13:18:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/245
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/245>, abgerufen am 29.03.2024.