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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] der Pfuhl war ohne Fehl/ die Bäche ohn
Geräusche:

an deren Uffern welckt der Knaben Blu-
men-Freud/

Narcissen waren es/ violblau Hyacin-
then/

und güldner Saffran/ samt Adonis Pur-
purfarb/

der Ajax/ den man nie kan ohne Seuftzen
finden.

Die alle sammlen auf die reiche Thrä-
nen-Garb/

erinnern sich der Pein/ erzehlen an der
Stätte/

was sie vor Unheil hab' vor ihrem Tod
geblendt:

Die Semele beweint ihr Donner-bringend
Bette/

da sie mit Macht zerreisst die Wiegen/
so verbrennt/

und bläst das Feuer auf/ das sich in Blitz
verkehret/

die Cönis trauret/ daß sie abgeleget
hab

das männliche Geschlecht/ das sie so sehr
begehret.

Die Procris trucknet noch die feuchten
Wunden ab/

sie liebt den Cephalus/ der sie hat hinge-
richtet.

Die Ero/ die sich selbst vom hohen Thurn
gestürtzt/

trägt noch ein Liecht voll Rauch. Die
tapffre Sappho dichtet/

wie ihr das Leben werd durch einen
Sprung gekürzt/

eh' sie durch Pfeile starb. Die Eriphyle
weigert

der Harmonien Dienst/ weil sie nicht
glücklich hieß

durch ihren Sohn und Mann. Und so
wird auch gesteigert

der leichten Fabeln Meng deß Königs
Minois

durch seiner Töchter drey. Die Pasiphae
rennet

den Fußsteig eines Stiers/ in den sie
sich verliebt.

Die Ariadne hält den Faden ungetren-
net.

Nach dem sich Phädra sehnt/ was sie
sonst von sich giebt.

Die träget einen Strick: die meint sie sey
gekräntzet.

Die schämt sich/ daß sie war in eine Höhl
versteckt.

Laodomia klagt/ daß ihr die Nächt zer-
gäntzet

durch eine Freud deß Manns/ den sie
vom Tod erweckt.

Am andern Ort sieht man ziehn Schwer-
der aus der Scheiden/

die Thysbe/ Canace/ Elissa thäten
so.

[Spaltenumbruch] Die führt deß Liebsten Schwerd/ die läs-
set sich durchschneiden

vom Vatter/ die vom Wirth. Der Lu-
nen
Feuer-Loh

und zwey-gehörntes Haupt irrt hie/ wie
sie gesprungen/

als den Endymion sie dort einschläffern
wollt

auf dem Berg Latmio. Noch hundert
andre sungen

ein Lied von ihrer Lieb/ die nicht gewe-
sen hold.

In solchem ihrem Werck kam Amor ange-
flogen/

da jede bald am Flug den Knaben hat
erkannt.

Als sie nun ihren Sinn auf alte Zeit gezo-
gen/

ward er/ als Schuldiger/ erkläret ihrer
Schand.

Ob gleich die feuchte Wolck die guldne
Gürtelzierde

den Köcher und das Feur in was ver-
dunckelt hat/

erkennten sie ihn doch. Und weil er also
irrte

bey Nachtzeit/ und nicht war an seiner
rechten Statt/

da haben sie ihn gleich mit einer Wolck ge-
drücket/

und mitten unter sich unwillig einge-
bracht.

Sie sind zum Myrtenbaum in ihrem Wald
gerücket/

Proserpina plagt ihn mit aller Plagen
Macht.

An dessen Baumes-Zweig wurd er hinauf
gehäncket/

von hinten hielt ihn fest ein schwerer
Palmen-Ast/

indem ihn noch am Fuß die schwere Band
gekräncket/

hat man ihn doch belegt mit aller Pla-
gen Last.

So muste schuldig seyn der Nichtes hat
verbrochen/

so wurd er angeklagt/ wo Niemand
richten kan.

Ein jede/ weil sie will/ daß sie werd loß
gesprochen/

dicht die begangne Sünd dem armen
Amor an.

Nach vielem Wörterstreit hat jede los ge-
zogen

den Werckzeug ihres Tods. Man trug
die Waffen ein.

dardurch zu straffen ihn/ womit er sie be-
trogen.

Die hält ein strenges Seil. Die trug
den blosen Schein

von ihrem Würger-Schwerd; die andre
hohle Flüsse/

die einen Felß/ und die ohn Wellen eine
See.

[Spaltenumbruch] der Pfuhl war ohne Fehl/ die Bäche ohn
Geräusche:

an deren Uffern welckt der Knaben Blu-
men-Freud/

Narcissen waren es/ violblau Hyacin-
then/

und güldner Saffran/ samt Adonis Pur-
purfarb/

der Ajax/ den man nie kan ohne Seuftzen
finden.

Die alle sammlen auf die reiche Thrä-
nen-Garb/

erinnern sich der Pein/ erzehlen an der
Stätte/

was sie vor Unheil hab’ vor ihrem Tod
geblendt:

Die Semele beweint ihr Donner-bringend
Bette/

da sie mit Macht zerreisst die Wiegen/
so verbrennt/

und bläst das Feuer auf/ das sich in Blitz
verkehret/

die Cönis trauret/ daß sie abgeleget
hab

das männliche Geschlecht/ das sie so sehr
begehret.

Die Procris trucknet noch die feuchten
Wunden ab/

sie liebt den Cephalus/ der sie hat hinge-
richtet.

Die Ero/ die sich selbst vom hohen Thurn
gestürtzt/

trägt noch ein Liecht voll Rauch. Die
tapffre Sappho dichtet/

wie ihr das Leben werd durch einen
Sprung gekürzt/

eh’ sie durch Pfeile starb. Die Eriphyle
weigert

der Harmonien Dienst/ weil sie nicht
glücklich hieß

durch ihren Sohn und Mann. Und so
wird auch gesteigert

der leichten Fabeln Meng deß Königs
Minois

durch seiner Töchter drey. Die Pasiphae
rennet

den Fußsteig eines Stiers/ in den sie
sich verliebt.

Die Ariadne hält den Faden ungetren-
net.

Nach dem sich Phädra sehnt/ was sie
sonst von sich giebt.

Die träget einen Strick: die meint sie sey
gekräntzet.

Die schämt sich/ daß sie war in eine Höhl
versteckt.

Laodomia klagt/ daß ihr die Nächt zer-
gäntzet

durch eine Freud deß Manns/ den sie
vom Tod erweckt.

Am andern Ort sieht man ziehn Schwer-
der aus der Scheiden/

die Thysbe/ Canace/ Elissa thäten
so.

[Spaltenumbruch] Die führt deß Liebsten Schwerd/ die läs-
set sich durchschneiden

vom Vatter/ die vom Wirth. Der Lu-
nen
Feuer-Loh

und zwey-gehörntes Haupt irrt hie/ wie
sie gesprungen/

als den Endymion sie dort einschläffern
wollt

auf dem Berg Latmio. Noch hundert
andre sungen

ein Lied von ihrer Lieb/ die nicht gewe-
sen hold.

In solchem ihrem Werck kam Amor ange-
flogen/

da jede bald am Flug den Knaben hat
erkannt.

Als sie nun ihren Sinn auf alte Zeit gezo-
gen/

ward er/ als Schuldiger/ erkläret ihrer
Schand.

Ob gleich die feuchte Wolck die guldne
Gürtelzierde

den Köcher und das Feur in was ver-
dunckelt hat/

erkennten sie ihn doch. Und weil er also
irrte

bey Nachtzeit/ und nicht war an seiner
rechten Statt/

da haben sie ihn gleich mit einer Wolck ge-
drücket/

und mitten unter sich unwillig einge-
bracht.

Sie sind zum Myrtenbaum in ihrem Wald
gerücket/

Proserpina plagt ihn mit aller Plagen
Macht.

An dessen Baumes-Zweig wurd er hinauf
gehäncket/

von hinten hielt ihn fest ein schwerer
Palmen-Ast/

indem ihn noch am Fuß die schwere Band
gekräncket/

hat man ihn doch belegt mit aller Pla-
gen Last.

So muste schuldig seyn der Nichtes hat
verbrochen/

so wurd er angeklagt/ wo Niemand
richten kan.

Ein jede/ weil sie will/ daß sie werd loß
gesprochen/

dicht die begangne Sünd dem armen
Amor an.

Nach vielem Wörterstreit hat jede los ge-
zogen

den Werckzeug ihres Tods. Man trug
die Waffen ein.

dardurch zu straffen ihn/ womit er sie be-
trogen.

Die hält ein strenges Seil. Die trug
den blosen Schein

von ihrem Würger-Schwerd; die andre
hohle Flüsse/

die einen Felß/ und die ohn Wellen eine
See.

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 183/0277] der Pfuhl war ohne Fehl/ die Bäche ohn Geräusche: an deren Uffern welckt der Knaben Blu- men-Freud/ Narcissen waren es/ violblau Hyacin- then/ und güldner Saffran/ samt Adonis Pur- purfarb/ der Ajax/ den man nie kan ohne Seuftzen finden. Die alle sammlen auf die reiche Thrä- nen-Garb/ erinnern sich der Pein/ erzehlen an der Stätte/ was sie vor Unheil hab’ vor ihrem Tod geblendt: Die Semele beweint ihr Donner-bringend Bette/ da sie mit Macht zerreisst die Wiegen/ so verbrennt/ und bläst das Feuer auf/ das sich in Blitz verkehret/ die Cönis trauret/ daß sie abgeleget hab das männliche Geschlecht/ das sie so sehr begehret. Die Procris trucknet noch die feuchten Wunden ab/ sie liebt den Cephalus/ der sie hat hinge- richtet. Die Ero/ die sich selbst vom hohen Thurn gestürtzt/ trägt noch ein Liecht voll Rauch. Die tapffre Sappho dichtet/ wie ihr das Leben werd durch einen Sprung gekürzt/ eh’ sie durch Pfeile starb. Die Eriphyle weigert der Harmonien Dienst/ weil sie nicht glücklich hieß durch ihren Sohn und Mann. Und so wird auch gesteigert der leichten Fabeln Meng deß Königs Minois durch seiner Töchter drey. Die Pasiphae rennet den Fußsteig eines Stiers/ in den sie sich verliebt. Die Ariadne hält den Faden ungetren- net. Nach dem sich Phädra sehnt/ was sie sonst von sich giebt. Die träget einen Strick: die meint sie sey gekräntzet. Die schämt sich/ daß sie war in eine Höhl versteckt. Laodomia klagt/ daß ihr die Nächt zer- gäntzet durch eine Freud deß Manns/ den sie vom Tod erweckt. Am andern Ort sieht man ziehn Schwer- der aus der Scheiden/ die Thysbe/ Canace/ Elissa thäten so. Die führt deß Liebsten Schwerd/ die läs- set sich durchschneiden vom Vatter/ die vom Wirth. Der Lu- nen Feuer-Loh und zwey-gehörntes Haupt irrt hie/ wie sie gesprungen/ als den Endymion sie dort einschläffern wollt auf dem Berg Latmio. Noch hundert andre sungen ein Lied von ihrer Lieb/ die nicht gewe- sen hold. In solchem ihrem Werck kam Amor ange- flogen/ da jede bald am Flug den Knaben hat erkannt. Als sie nun ihren Sinn auf alte Zeit gezo- gen/ ward er/ als Schuldiger/ erkläret ihrer Schand. Ob gleich die feuchte Wolck die guldne Gürtelzierde den Köcher und das Feur in was ver- dunckelt hat/ erkennten sie ihn doch. Und weil er also irrte bey Nachtzeit/ und nicht war an seiner rechten Statt/ da haben sie ihn gleich mit einer Wolck ge- drücket/ und mitten unter sich unwillig einge- bracht. Sie sind zum Myrtenbaum in ihrem Wald gerücket/ Proserpina plagt ihn mit aller Plagen Macht. An dessen Baumes-Zweig wurd er hinauf gehäncket/ von hinten hielt ihn fest ein schwerer Palmen-Ast/ indem ihn noch am Fuß die schwere Band gekräncket/ hat man ihn doch belegt mit aller Pla- gen Last. So muste schuldig seyn der Nichtes hat verbrochen/ so wurd er angeklagt/ wo Niemand richten kan. Ein jede/ weil sie will/ daß sie werd loß gesprochen/ dicht die begangne Sünd dem armen Amor an. Nach vielem Wörterstreit hat jede los ge- zogen den Werckzeug ihres Tods. Man trug die Waffen ein. dardurch zu straffen ihn/ womit er sie be- trogen. Die hält ein strenges Seil. Die trug den blosen Schein von ihrem Würger-Schwerd; die andre hohle Flüsse/ die einen Felß/ und die ohn Wellen eine See.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/277>, abgerufen am 29.03.2024.