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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686.

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Judas ist nit bey Christi Erklärung/

Zur Zeit der Heil. Lidwinae hat ein krancke/ vnnd
schon fast in Zügen ligende Persohn das Crueisix/ so man
ihr immer vorgehalten/ immerzu mit zornigen Angesicht
angespiben/ worauß jedermann geurthlet/ daß diser ver-
zweifflete Brocken in die Höll gehöre. Aber weit gefählt
der Menschen Mainungen. Nachdem dise durch das vil-
vermögende Gebett der H. Lidwinae wider zur Sprach/
vnd Besserung kommen/ hat sie bekennet/ wie daß der lay-
dige Sathan sich immerzu habe vor das Crucisix-Bild ge-
stellet/ vnd alleweil gesucht/ daß er an statt Christi möch-
te gekust werden. Dergleichen öfftere Geschichten verbie-
ten vns ja gnugsamb/ daß wir nit freventlich urthlen sol-
len von vnsern Nechsten.

Achilles Statius Lusitanus schreibet/ daß An. 1579.
seye ein Geistlicher gewest/ welcher mehrer lebte saumsee-
lig/ als Gottseelig/ er war öffter in Foro, als in Choro,
lieber in Refectorio, als in Oratorio, vil geschwinder
zum Vinum, als zum Matutinum, &c. Nachdem sol-
cher tödtlich erkrancket/ vnd bereits in das Sterb-Stünd-
lein kommen/ hat er sich gar nicht vil entrüstet wegen deß
Todts/ sondern immerzu gelacht. Der Obere spricht ih-
me ernsthafft zu/ er wolle doch vmb Gottes Willen das
Heyl seiner armen Seelen besser in Obacht nemmen/ vnd
sich erinnern/ was er für einen saumseeligen Wandel ha-
be geführet. Diser schmutzet nur immerzu/ in welches
sich die vmbstehende Mönch gar nicht konten schicken.
Hat auch wol einer/ oder der andere gedacht/ mit dem
Pfaffen werde der Teuffel wol haben zu schaffen. Endlich
fangt diser an zu reden. Wahr ist es/ sprach er/ daß ich
bißhero in dem Dienst Gottes/ vnd Geistlichen Verrich-
tungen zimblich saumseelig mich verhalten/ wessenthal-
ben mir kurtz vorhero die Engel ein grosses Buch vorge-

tragen/
Judas iſt nit bey Chriſti Erklaͤrung/

Zur Zeit der Heil. Lidwinæ hat ein krancke/ vnnd
ſchon faſt in Zuͤgen ligende Perſohn das Crueiſix/ ſo man
ihr immer vorgehalten/ immerzu mit zornigen Angeſicht
angeſpiben/ worauß jedermann geurthlet/ daß diſer ver-
zweifflete Brocken in die Hoͤll gehoͤre. Aber weit gefaͤhlt
der Menſchen Mainungen. Nachdem diſe durch das vil-
vermoͤgende Gebett der H. Lidwinæ wider zur Sprach/
vnd Beſſerung kommen/ hat ſie bekennet/ wie daß der lay-
dige Sathan ſich immerzu habe vor das Cruciſix-Bild ge-
ſtellet/ vnd alleweil geſucht/ daß er an ſtatt Chriſti moͤch-
te gekuſt werden. Dergleichen oͤfftere Geſchichten verbie-
ten vns ja gnugſamb/ daß wir nit freventlich urthlen ſol-
len von vnſern Nechſten.

Achilles Statius Luſitanus ſchreibet/ daß An. 1579.
ſeye ein Geiſtlicher geweſt/ welcher mehrer lebte ſaumſee-
lig/ als Gottſeelig/ er war oͤffter in Foro, als in Choro,
lieber in Refectorio, als in Oratorio, vil geſchwinder
zum Vinum, als zum Matutinum, &c. Nachdem ſol-
cher toͤdtlich erkrancket/ vnd bereits in das Sterb-Stuͤnd-
lein kommen/ hat er ſich gar nicht vil entruͤſtet wegen deß
Todts/ ſondern immerzu gelacht. Der Obere ſpricht ih-
me ernſthafft zu/ er wolle doch vmb Gottes Willen das
Heyl ſeiner armen Seelen beſſer in Obacht nemmen/ vnd
ſich erinnern/ was er fuͤr einen ſaumſeeligen Wandel ha-
be gefuͤhret. Diſer ſchmutzet nur immerzu/ in welches
ſich die vmbſtehende Moͤnch gar nicht konten ſchicken.
Hat auch wol einer/ oder der andere gedacht/ mit dem
Pfaffen werde der Teuffel wol haben zu ſchaffen. Endlich
fangt diſer an zu reden. Wahr iſt es/ ſprach er/ daß ich
bißhero in dem Dienſt Gottes/ vnd Geiſtlichen Verrich-
tungen zimblich ſaumſeelig mich verhalten/ weſſenthal-
ben mir kurtz vorhero die Engel ein groſſes Buch vorge-

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[654/0690] Judas iſt nit bey Chriſti Erklaͤrung/ Zur Zeit der Heil. Lidwinæ hat ein krancke/ vnnd ſchon faſt in Zuͤgen ligende Perſohn das Crueiſix/ ſo man ihr immer vorgehalten/ immerzu mit zornigen Angeſicht angeſpiben/ worauß jedermann geurthlet/ daß diſer ver- zweifflete Brocken in die Hoͤll gehoͤre. Aber weit gefaͤhlt der Menſchen Mainungen. Nachdem diſe durch das vil- vermoͤgende Gebett der H. Lidwinæ wider zur Sprach/ vnd Beſſerung kommen/ hat ſie bekennet/ wie daß der lay- dige Sathan ſich immerzu habe vor das Cruciſix-Bild ge- ſtellet/ vnd alleweil geſucht/ daß er an ſtatt Chriſti moͤch- te gekuſt werden. Dergleichen oͤfftere Geſchichten verbie- ten vns ja gnugſamb/ daß wir nit freventlich urthlen ſol- len von vnſern Nechſten. Achilles Statius Luſitanus ſchreibet/ daß An. 1579. ſeye ein Geiſtlicher geweſt/ welcher mehrer lebte ſaumſee- lig/ als Gottſeelig/ er war oͤffter in Foro, als in Choro, lieber in Refectorio, als in Oratorio, vil geſchwinder zum Vinum, als zum Matutinum, &c. Nachdem ſol- cher toͤdtlich erkrancket/ vnd bereits in das Sterb-Stuͤnd- lein kommen/ hat er ſich gar nicht vil entruͤſtet wegen deß Todts/ ſondern immerzu gelacht. Der Obere ſpricht ih- me ernſthafft zu/ er wolle doch vmb Gottes Willen das Heyl ſeiner armen Seelen beſſer in Obacht nemmen/ vnd ſich erinnern/ was er fuͤr einen ſaumſeeligen Wandel ha- be gefuͤhret. Diſer ſchmutzet nur immerzu/ in welches ſich die vmbſtehende Moͤnch gar nicht konten ſchicken. Hat auch wol einer/ oder der andere gedacht/ mit dem Pfaffen werde der Teuffel wol haben zu ſchaffen. Endlich fangt diſer an zu reden. Wahr iſt es/ ſprach er/ daß ich bißhero in dem Dienſt Gottes/ vnd Geiſtlichen Verrich- tungen zimblich ſaumſeelig mich verhalten/ weſſenthal- ben mir kurtz vorhero die Engel ein groſſes Buch vorge- tragen/

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 1. Salzburg, 1686, S. 654. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas01_1686/690>, abgerufen am 29.03.2024.