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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 128. Modus.
darf nämlich auf der einen Seite nicht verwechselt werden
mit der Bedingung, auf der andern nicht mit dem bloßen
Wunsch oder Rath.

Für die Gränze zwischen Bedingung und Modus ist zu
bemerken, daß in den meisten Fällen die bezweckte Hand-
lung auf beiden Wegen gleich sicher bewirkt werden kann,
nur vermittelst ganz verschiedener Rechtsverhältnisse. Die
Bedingung nämlich suspendirt, zwingt aber nicht, der
Modus zwingt, suspendirt aber nicht. Der Modus
ist daher weit vortheilhafter für den, welcher handeln
soll, denn erstlich wird durch ihn der Rechtserwerb selbst
(das dies cedit) nicht hinausgeschoben, und dadurch in die
Gefahr des gänzlichen Verlusts gebracht; zweytens kann
der Genuß des Rechts erlangt werden durch bloße Cau-
tion, ohne Vollziehung der Handlung selbst; drittens ist
hier die eintretende Unmöglichkeit der Handlung unschäd-
lich (g). Die Unterscheidung beider Rechtsformen ist daher
für jeden einzelnen Fall praktisch wichtig. Auch hier sind
die gebrauchten Worte unsichere Führer (h), und es muß

(g) Zweifel könnte erregen
L. 1 C. de his quae sub modo
(6. 45.) "In legatis quidem et
fideicommissis etiam modus ad-
scriptus pro conditione obser-
ratur.
"
... Das heißt aber nur,
der Modus wird eben sowohl als
die Bedingung beachtet, aufrecht
erhalten, namentlich durch For-
derung einer Caution: völlige
Gleichheit sollte damit nicht aus-
gesprochen werden. Das ergiebt
sich deutlich aus dem nachfolgen-
den Hauptsatz, zu welchem jene
Worte blos als Eingang dienen
sollten.
(h) Eigentlich bezeichnet si die
Bedingung, cum die Zeit, ut den
Modus (L. 80 de cond. 35. 1),
aber dieser Unterschied wird nicht
streng beobachtet, s. o. § 125. d.
-- Auch der Ausdruck conditio
wird oft gebraucht, wo entschieden
ein Modus gemeynt ist. Vgl.

§. 128. Modus.
darf nämlich auf der einen Seite nicht verwechſelt werden
mit der Bedingung, auf der andern nicht mit dem bloßen
Wunſch oder Rath.

Für die Gränze zwiſchen Bedingung und Modus iſt zu
bemerken, daß in den meiſten Fällen die bezweckte Hand-
lung auf beiden Wegen gleich ſicher bewirkt werden kann,
nur vermittelſt ganz verſchiedener Rechtsverhältniſſe. Die
Bedingung nämlich ſuspendirt, zwingt aber nicht, der
Modus zwingt, ſuspendirt aber nicht. Der Modus
iſt daher weit vortheilhafter für den, welcher handeln
ſoll, denn erſtlich wird durch ihn der Rechtserwerb ſelbſt
(das dies cedit) nicht hinausgeſchoben, und dadurch in die
Gefahr des gänzlichen Verluſts gebracht; zweytens kann
der Genuß des Rechts erlangt werden durch bloße Cau-
tion, ohne Vollziehung der Handlung ſelbſt; drittens iſt
hier die eintretende Unmöglichkeit der Handlung unſchäd-
lich (g). Die Unterſcheidung beider Rechtsformen iſt daher
für jeden einzelnen Fall praktiſch wichtig. Auch hier ſind
die gebrauchten Worte unſichere Führer (h), und es muß

(g) Zweifel könnte erregen
L. 1 C. de his quae sub modo
(6. 45.) „In legatis quidem et
fideicommissis etiam modus ad-
scriptus pro conditione obser-
ratur.
… Das heißt aber nur,
der Modus wird eben ſowohl als
die Bedingung beachtet, aufrecht
erhalten, namentlich durch For-
derung einer Caution: völlige
Gleichheit ſollte damit nicht aus-
geſprochen werden. Das ergiebt
ſich deutlich aus dem nachfolgen-
den Hauptſatz, zu welchem jene
Worte blos als Eingang dienen
ſollten.
(h) Eigentlich bezeichnet si die
Bedingung, cum die Zeit, ut den
Modus (L. 80 de cond. 35. 1),
aber dieſer Unterſchied wird nicht
ſtreng beobachtet, ſ. o. § 125. d.
— Auch der Ausdruck conditio
wird oft gebraucht, wo entſchieden
ein Modus gemeynt iſt. Vgl.
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[231/0243] §. 128. Modus. darf nämlich auf der einen Seite nicht verwechſelt werden mit der Bedingung, auf der andern nicht mit dem bloßen Wunſch oder Rath. Für die Gränze zwiſchen Bedingung und Modus iſt zu bemerken, daß in den meiſten Fällen die bezweckte Hand- lung auf beiden Wegen gleich ſicher bewirkt werden kann, nur vermittelſt ganz verſchiedener Rechtsverhältniſſe. Die Bedingung nämlich ſuspendirt, zwingt aber nicht, der Modus zwingt, ſuspendirt aber nicht. Der Modus iſt daher weit vortheilhafter für den, welcher handeln ſoll, denn erſtlich wird durch ihn der Rechtserwerb ſelbſt (das dies cedit) nicht hinausgeſchoben, und dadurch in die Gefahr des gänzlichen Verluſts gebracht; zweytens kann der Genuß des Rechts erlangt werden durch bloße Cau- tion, ohne Vollziehung der Handlung ſelbſt; drittens iſt hier die eintretende Unmöglichkeit der Handlung unſchäd- lich (g). Die Unterſcheidung beider Rechtsformen iſt daher für jeden einzelnen Fall praktiſch wichtig. Auch hier ſind die gebrauchten Worte unſichere Führer (h), und es muß (g) Zweifel könnte erregen L. 1 C. de his quae sub modo (6. 45.) „In legatis quidem et fideicommissis etiam modus ad- scriptus pro conditione obser- ratur.” … Das heißt aber nur, der Modus wird eben ſowohl als die Bedingung beachtet, aufrecht erhalten, namentlich durch For- derung einer Caution: völlige Gleichheit ſollte damit nicht aus- geſprochen werden. Das ergiebt ſich deutlich aus dem nachfolgen- den Hauptſatz, zu welchem jene Worte blos als Eingang dienen ſollten. (h) Eigentlich bezeichnet si die Bedingung, cum die Zeit, ut den Modus (L. 80 de cond. 35. 1), aber dieſer Unterſchied wird nicht ſtreng beobachtet, ſ. o. § 125. d. — Auch der Ausdruck conditio wird oft gebraucht, wo entſchieden ein Modus gemeynt iſt. Vgl.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/243>, abgerufen am 29.04.2024.