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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 139. Erklärung ohne Willen. Unabsichtliche. Gränze.
kehr entzogen, oder zur Zeit des Verkaufs schon unterge-
gangen ist. Zwar wird hier gewöhnlich auch ein Irrthum
über die Eigenthumsfähigkeit oder das Daseyn der Sache
vorhanden seyn: auch ist in der Regel die Wirkung, eben
so wie bey dem wesentlichen Irrthum, Nichtigkeit des Ge-
schäfts; dennoch hat dieser Fall eine ganz andere Natur,
und gehört gar nicht in den gegenwärtigen Kreis der Be-
trachtung. Zwar werden auch hier gewöhnlich die Par-
teyen in Unwissenheit über den Untergang der Sache seyn,
wodurch man verleitet werden möchte, diesen Fall mit
dem wesentlichen Irrthum über die Eigenschaften in Ver-
bindung zu setzen. Allein der Irrthum ist dabey keines-
weges nothwendig, vielmehr wird die Nichtigkeit unbe-
dingt, ohne Rücksicht auf das Bewußtseyn der handelnden
Personen, ausgesprochen (a), ja sie wird ausdrücklich für
den Fall anerkannt, da der Käufer jenen Grund der Un-
gültigkeit kannte (b). Demnach ist hier überhaupt nicht
von einer mangelhaften Willenserklärung die Rede, diese
ist vielmehr in sich vollendet, und alles Besondere, was
hier eintritt, liegt in einem ganz anderen Gebiete, dem der
Ausführung des Willens, oder seiner Wirkungen. Diese
Wirkungen aber können nicht in einer gemeinsamen Be-
trachtung zusammengefaßt werden, da sie bey den einzel-
nen Klassen der Rechtsverhältnisse zu verschiedenartig sind;

(a) L. 8 L. 15 pr. L. 34 § 1 de
contr. emt.
(18. 1.), L. 1 § 9 de
O. et A.
(44. 7.).
(b) L. 6 pr. L. 34 § 2 de
contr. emt.
(18. 1.).

§. 139. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche. Gränze.
kehr entzogen, oder zur Zeit des Verkaufs ſchon unterge-
gangen iſt. Zwar wird hier gewöhnlich auch ein Irrthum
über die Eigenthumsfähigkeit oder das Daſeyn der Sache
vorhanden ſeyn: auch iſt in der Regel die Wirkung, eben
ſo wie bey dem weſentlichen Irrthum, Nichtigkeit des Ge-
ſchäfts; dennoch hat dieſer Fall eine ganz andere Natur,
und gehört gar nicht in den gegenwärtigen Kreis der Be-
trachtung. Zwar werden auch hier gewöhnlich die Par-
teyen in Unwiſſenheit über den Untergang der Sache ſeyn,
wodurch man verleitet werden möchte, dieſen Fall mit
dem weſentlichen Irrthum über die Eigenſchaften in Ver-
bindung zu ſetzen. Allein der Irrthum iſt dabey keines-
weges nothwendig, vielmehr wird die Nichtigkeit unbe-
dingt, ohne Rückſicht auf das Bewußtſeyn der handelnden
Perſonen, ausgeſprochen (a), ja ſie wird ausdrücklich für
den Fall anerkannt, da der Käufer jenen Grund der Un-
gültigkeit kannte (b). Demnach iſt hier überhaupt nicht
von einer mangelhaften Willenserklärung die Rede, dieſe
iſt vielmehr in ſich vollendet, und alles Beſondere, was
hier eintritt, liegt in einem ganz anderen Gebiete, dem der
Ausführung des Willens, oder ſeiner Wirkungen. Dieſe
Wirkungen aber können nicht in einer gemeinſamen Be-
trachtung zuſammengefaßt werden, da ſie bey den einzel-
nen Klaſſen der Rechtsverhältniſſe zu verſchiedenartig ſind;

(a) L. 8 L. 15 pr. L. 34 § 1 de
contr. emt.
(18. 1.), L. 1 § 9 de
O. et A.
(44. 7.).
(b) L. 6 pr. L. 34 § 2 de
contr. emt.
(18. 1.).
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[303/0315] §. 139. Erklärung ohne Willen. Unabſichtliche. Gränze. kehr entzogen, oder zur Zeit des Verkaufs ſchon unterge- gangen iſt. Zwar wird hier gewöhnlich auch ein Irrthum über die Eigenthumsfähigkeit oder das Daſeyn der Sache vorhanden ſeyn: auch iſt in der Regel die Wirkung, eben ſo wie bey dem weſentlichen Irrthum, Nichtigkeit des Ge- ſchäfts; dennoch hat dieſer Fall eine ganz andere Natur, und gehört gar nicht in den gegenwärtigen Kreis der Be- trachtung. Zwar werden auch hier gewöhnlich die Par- teyen in Unwiſſenheit über den Untergang der Sache ſeyn, wodurch man verleitet werden möchte, dieſen Fall mit dem weſentlichen Irrthum über die Eigenſchaften in Ver- bindung zu ſetzen. Allein der Irrthum iſt dabey keines- weges nothwendig, vielmehr wird die Nichtigkeit unbe- dingt, ohne Rückſicht auf das Bewußtſeyn der handelnden Perſonen, ausgeſprochen (a), ja ſie wird ausdrücklich für den Fall anerkannt, da der Käufer jenen Grund der Un- gültigkeit kannte (b). Demnach iſt hier überhaupt nicht von einer mangelhaften Willenserklärung die Rede, dieſe iſt vielmehr in ſich vollendet, und alles Beſondere, was hier eintritt, liegt in einem ganz anderen Gebiete, dem der Ausführung des Willens, oder ſeiner Wirkungen. Dieſe Wirkungen aber können nicht in einer gemeinſamen Be- trachtung zuſammengefaßt werden, da ſie bey den einzel- nen Klaſſen der Rechtsverhältniſſe zu verſchiedenartig ſind; (a) L. 8 L. 15 pr. L. 34 § 1 de contr. emt. (18. 1.), L. 1 § 9 de O. et A. (44. 7.). (b) L. 6 pr. L. 34 § 2 de contr. emt. (18. 1.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/315>, abgerufen am 02.05.2024.