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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 109. Altersstufen. Impuberes.
gelten solle (b). Genauere Nachricht über die früheren
Meynungen finden wir bey Gajus und Ulpian. Die Sa-
binianer forderten die individuelle Reife, die also unter-
sucht werden müsse, die Proculejaner nahmen 14 Jahre
an, (Javolenus) Priscus meynte, es müsse beides verei-
nigt seyn, das Alter von 14 Jahren und die individuell
festzustellende Reife (c). Eigentlich ist wohl diese dritte
Meynung blos als die Ergänzung der Sabinianischen an-
zusehen, indem Priscus wohl nur aussprach, was auch
Jene gedacht hatten, daß die körperliche Untersuchung nur
nach Ablauf der 14 Jahre eintreten solle, daß sie also die
Zeit der Impubertät nie verkürzen, wohl aber oft ver-
längern solle. -- Wie stand es nun aber vor der Entste-
hung jener Controverse? Und wie wurde es neben der-
selben in der Praxis gehalten?

In der älteren Zeit ist von einer Begränzung des Kna-
benalters die Rede, hergeleitet aus einer alten religiösen
Lehre der Römer; die Natur hatte das Lebensziel des
Menschen auf 120 Jahre bestimmt, dieses wurde durch
das Fatum auf 90 Jahre verkürzt, welche drey gleiche
Hauptabschnitte des Lebens, jeden zu 30 Jahren, geben;

(b) pr. J. quib. mod. tut. (1.
22.), L. 3 C. quando tutores

(5. 60.). Die Institutionenstelle
ist ausführlicher als die des Codex.
(c) Gajus I. § 196, Ulpian. XI.
§ 28. Die Stelle des Gajus ist
lückenhafter als die des Ulpian,
worin die Angabe für das männ-
liche Geschlecht vollständig steht;
eine Verschiedenheit in den An-
gaben beider Schriftsteller erhellt
nicht. -- Schilling Institutio-
nen B. 2 § 35 Note m verwirft
die handschriftliche Leseart Pris-
cus,
und emendirt: plerisque
visum est.

§. 109. Altersſtufen. Impuberes.
gelten ſolle (b). Genauere Nachricht über die früheren
Meynungen finden wir bey Gajus und Ulpian. Die Sa-
binianer forderten die individuelle Reife, die alſo unter-
ſucht werden müſſe, die Proculejaner nahmen 14 Jahre
an, (Javolenus) Priſcus meynte, es müſſe beides verei-
nigt ſeyn, das Alter von 14 Jahren und die individuell
feſtzuſtellende Reife (c). Eigentlich iſt wohl dieſe dritte
Meynung blos als die Ergänzung der Sabinianiſchen an-
zuſehen, indem Priſcus wohl nur ausſprach, was auch
Jene gedacht hatten, daß die körperliche Unterſuchung nur
nach Ablauf der 14 Jahre eintreten ſolle, daß ſie alſo die
Zeit der Impubertät nie verkürzen, wohl aber oft ver-
längern ſolle. — Wie ſtand es nun aber vor der Entſte-
hung jener Controverſe? Und wie wurde es neben der-
ſelben in der Praxis gehalten?

In der älteren Zeit iſt von einer Begränzung des Kna-
benalters die Rede, hergeleitet aus einer alten religiöſen
Lehre der Römer; die Natur hatte das Lebensziel des
Menſchen auf 120 Jahre beſtimmt, dieſes wurde durch
das Fatum auf 90 Jahre verkürzt, welche drey gleiche
Hauptabſchnitte des Lebens, jeden zu 30 Jahren, geben;

(b) pr. J. quib. mod. tut. (1.
22.), L. 3 C. quando tutores

(5. 60.). Die Inſtitutionenſtelle
iſt ausführlicher als die des Codex.
(c) Gajus I. § 196, Ulpian. XI.
§ 28. Die Stelle des Gajus iſt
lückenhafter als die des Ulpian,
worin die Angabe für das männ-
liche Geſchlecht vollſtändig ſteht;
eine Verſchiedenheit in den An-
gaben beider Schriftſteller erhellt
nicht. — Schilling Inſtitutio-
nen B. 2 § 35 Note m verwirft
die handſchriftliche Leſeart Pris-
cus,
und emendirt: plerisque
visum est.
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[57/0069] §. 109. Altersſtufen. Impuberes. gelten ſolle (b). Genauere Nachricht über die früheren Meynungen finden wir bey Gajus und Ulpian. Die Sa- binianer forderten die individuelle Reife, die alſo unter- ſucht werden müſſe, die Proculejaner nahmen 14 Jahre an, (Javolenus) Priſcus meynte, es müſſe beides verei- nigt ſeyn, das Alter von 14 Jahren und die individuell feſtzuſtellende Reife (c). Eigentlich iſt wohl dieſe dritte Meynung blos als die Ergänzung der Sabinianiſchen an- zuſehen, indem Priſcus wohl nur ausſprach, was auch Jene gedacht hatten, daß die körperliche Unterſuchung nur nach Ablauf der 14 Jahre eintreten ſolle, daß ſie alſo die Zeit der Impubertät nie verkürzen, wohl aber oft ver- längern ſolle. — Wie ſtand es nun aber vor der Entſte- hung jener Controverſe? Und wie wurde es neben der- ſelben in der Praxis gehalten? In der älteren Zeit iſt von einer Begränzung des Kna- benalters die Rede, hergeleitet aus einer alten religiöſen Lehre der Römer; die Natur hatte das Lebensziel des Menſchen auf 120 Jahre beſtimmt, dieſes wurde durch das Fatum auf 90 Jahre verkürzt, welche drey gleiche Hauptabſchnitte des Lebens, jeden zu 30 Jahren, geben; (b) pr. J. quib. mod. tut. (1. 22.), L. 3 C. quando tutores (5. 60.). Die Inſtitutionenſtelle iſt ausführlicher als die des Codex. (c) Gajus I. § 196, Ulpian. XI. § 28. Die Stelle des Gajus iſt lückenhafter als die des Ulpian, worin die Angabe für das männ- liche Geſchlecht vollſtändig ſteht; eine Verſchiedenheit in den An- gaben beider Schriftſteller erhellt nicht. — Schilling Inſtitutio- nen B. 2 § 35 Note m verwirft die handſchriftliche Leſeart Pris- cus, und emendirt: plerisque visum est.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/69>, abgerufen am 02.05.2024.