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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 112. Vernunftlose. Interdicirte. Juristische Personen.
gehende Verletzung fremder Vermögensstücke durchaus keine
Verpflichtung erzeugt.

Nur wo der Zustand des Vernunftlosen abwechslend mit
vernünftigem Zustand vorkommt, ist jede in solchen lichten
Zwischenzeiten vorgenommene Handlung ganz eben so wirk-
sam, wie wenn vor und nach derselben keine Vernunftlo-
sigkeit vorhanden wäre (h).

Wohl zu unterscheiden aber von der Vernunftlosigkeit
ist die bloße Geistesschwäche (i). Diese macht keinesweges
unfähig zu freyen Handlungen, wohl aber kann sie, wenn
sie einen hohen Grad erreicht, eine außerordentliche obrig-
keitliche Vorsorge durch Anordnung einer Curatel veran-
lassen (k).

Was nun hier über den Fall des Wahnsinns bestimmt
worden ist, darf nicht auf diesen allein beschränkt wer-
den, indem es vielmehr auch auf jeden völlig gleichar-
tigen Zustand eben so angewendet werden muß. Gleich-
artig aber ist jeder Zustand eines Menschen, worin dem-
selben der Vernunftgebrauch fehlt, während der äußere
Schein einer menschlichen Thätigkeit allerdings vorhanden

(h) L. 6 C. de cur. fur. (5.
70.), L. 9 C. qui test. (6. 22.),
L. 14 de off. praes. (1. 18.),
L. 2 C. de contr. emt. (4. 38.).
(i) Die Römischen Ausdrücke
sind: Stultus, fatuus, insanus.
§ 4 J. de curat. (1. 23.), L. 25
C. de nupt. (5. 4.).
-- Zweydeu-
tig ist der Ausdruck mente cap-
tus,
welcher bald den Wahnsin-
nigen, bald blos den Geistes-
schwachen bezeichnet, also überall,
wo er vorkommt, eine besonders
vorsichtige Erklärung nöthig macht.
(k) § 4 J. de curat. (1. 23.),
L. 2 de cur. fur. (27. 10.), L. 2
de postul. (3. 1.).

§. 112. Vernunftloſe. Interdicirte. Juriſtiſche Perſonen.
gehende Verletzung fremder Vermögensſtücke durchaus keine
Verpflichtung erzeugt.

Nur wo der Zuſtand des Vernunftloſen abwechſlend mit
vernünftigem Zuſtand vorkommt, iſt jede in ſolchen lichten
Zwiſchenzeiten vorgenommene Handlung ganz eben ſo wirk-
ſam, wie wenn vor und nach derſelben keine Vernunftlo-
ſigkeit vorhanden wäre (h).

Wohl zu unterſcheiden aber von der Vernunftloſigkeit
iſt die bloße Geiſtesſchwäche (i). Dieſe macht keinesweges
unfähig zu freyen Handlungen, wohl aber kann ſie, wenn
ſie einen hohen Grad erreicht, eine außerordentliche obrig-
keitliche Vorſorge durch Anordnung einer Curatel veran-
laſſen (k).

Was nun hier über den Fall des Wahnſinns beſtimmt
worden iſt, darf nicht auf dieſen allein beſchränkt wer-
den, indem es vielmehr auch auf jeden völlig gleichar-
tigen Zuſtand eben ſo angewendet werden muß. Gleich-
artig aber iſt jeder Zuſtand eines Menſchen, worin dem-
ſelben der Vernunftgebrauch fehlt, während der äußere
Schein einer menſchlichen Thätigkeit allerdings vorhanden

(h) L. 6 C. de cur. fur. (5.
70.), L. 9 C. qui test. (6. 22.),
L. 14 de off. praes. (1. 18.),
L. 2 C. de contr. emt. (4. 38.).
(i) Die Römiſchen Ausdrücke
ſind: Stultus, fatuus, insanus.
§ 4 J. de curat. (1. 23.), L. 25
C. de nupt. (5. 4.).
— Zweydeu-
tig iſt der Ausdruck mente cap-
tus,
welcher bald den Wahnſin-
nigen, bald blos den Geiſtes-
ſchwachen bezeichnet, alſo überall,
wo er vorkommt, eine beſonders
vorſichtige Erklärung nöthig macht.
(k) § 4 J. de curat. (1. 23.),
L. 2 de cur. fur. (27. 10.), L. 2
de postul. (3. 1.).
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[85/0097] §. 112. Vernunftloſe. Interdicirte. Juriſtiſche Perſonen. gehende Verletzung fremder Vermögensſtücke durchaus keine Verpflichtung erzeugt. Nur wo der Zuſtand des Vernunftloſen abwechſlend mit vernünftigem Zuſtand vorkommt, iſt jede in ſolchen lichten Zwiſchenzeiten vorgenommene Handlung ganz eben ſo wirk- ſam, wie wenn vor und nach derſelben keine Vernunftlo- ſigkeit vorhanden wäre (h). Wohl zu unterſcheiden aber von der Vernunftloſigkeit iſt die bloße Geiſtesſchwäche (i). Dieſe macht keinesweges unfähig zu freyen Handlungen, wohl aber kann ſie, wenn ſie einen hohen Grad erreicht, eine außerordentliche obrig- keitliche Vorſorge durch Anordnung einer Curatel veran- laſſen (k). Was nun hier über den Fall des Wahnſinns beſtimmt worden iſt, darf nicht auf dieſen allein beſchränkt wer- den, indem es vielmehr auch auf jeden völlig gleichar- tigen Zuſtand eben ſo angewendet werden muß. Gleich- artig aber iſt jeder Zuſtand eines Menſchen, worin dem- ſelben der Vernunftgebrauch fehlt, während der äußere Schein einer menſchlichen Thätigkeit allerdings vorhanden (h) L. 6 C. de cur. fur. (5. 70.), L. 9 C. qui test. (6. 22.), L. 14 de off. praes. (1. 18.), L. 2 C. de contr. emt. (4. 38.). (i) Die Römiſchen Ausdrücke ſind: Stultus, fatuus, insanus. § 4 J. de curat. (1. 23.), L. 25 C. de nupt. (5. 4.). — Zweydeu- tig iſt der Ausdruck mente cap- tus, welcher bald den Wahnſin- nigen, bald blos den Geiſtes- ſchwachen bezeichnet, alſo überall, wo er vorkommt, eine beſonders vorſichtige Erklärung nöthig macht. (k) § 4 J. de curat. (1. 23.), L. 2 de cur. fur. (27. 10.), L. 2 de postul. (3. 1.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/97>, abgerufen am 29.04.2024.