Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 264. Wirkung der L. C. -- Umfang. Einleitung.
1. "post litem contestatam omnes incipiunt malae fidei
possessores esse:
quinimo post controversiam motam
(i).
2. "ex quo quis scit a se peti ... incipit esse malae
fidei possessor
... si scit ... puto debere: coepit enim
malae fidei possessor esse"
(k).

Diese Stellen sind dadurch sehr wichtig geworden, daß
sie auf die Ausbildung der Rechtstheorie in neueren Zeiten
überwiegenden Einfluß ausgeübt haben, wobei nur allzu-
sehr das Bedürfniß unbeachtet geblieben ist, sie mit allge-
meinen Grundsätzen, so wie mit einer großen Zahl ganz
anders lautender Stellen des R. R., in Einklang zu
bringen. In jenen Stellen aber haben zwei eigenthümliche
Meinungen ihre scheinbare Rechtfertigung gefunden: erst-
lich
die mala fides als allgemeine Folge des bloßen Rechts-
streits; zweitens die Zurückführung dieser Folge so wie
mancher anderen, von der L. C. auf den Zeitpunkt, worin
der Beklagte von dem Anspruch Nachricht bekommt. Beide
Meinungen machen eine sorgfältige Prüfung nöthig. Die
erste ist in ihren practischen Folgen weniger erheblich ge-
worden, theils weil viele Wirkungen der mala fides mit
denen der L. C. ohnehin zusammentreffen, theils weil die
einzelnen Wirkungen meist durch besondere, unzweifelhafte

vgl. die Noten der Herrmannschen
Ausgabe). Nun ist gar nicht von
einem unredlichen Besitz die
Rede, sondern von einem unsiche-
ren, zweifelhaften; von diesem
Begriff wird noch unten die Rede
seyn (Note p).
(i) L. 25 § 7 de her. pet.
(5. 3).
(k) L. 20 § 11 de her. pet
(5. 3).
§. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung.
1. „post litem contestatam omnes incipiunt malae fidei
possessores esse:
quinimo post controversiam motam
(i).
2. „ex quo quis scit a se peti … incipit esse malae
fidei possessor
… si scit … puto debere: coepit enim
malae fidei possessor esse“
(k).

Dieſe Stellen ſind dadurch ſehr wichtig geworden, daß
ſie auf die Ausbildung der Rechtstheorie in neueren Zeiten
überwiegenden Einfluß ausgeübt haben, wobei nur allzu-
ſehr das Bedürfniß unbeachtet geblieben iſt, ſie mit allge-
meinen Grundſätzen, ſo wie mit einer großen Zahl ganz
anders lautender Stellen des R. R., in Einklang zu
bringen. In jenen Stellen aber haben zwei eigenthümliche
Meinungen ihre ſcheinbare Rechtfertigung gefunden: erſt-
lich
die mala fides als allgemeine Folge des bloßen Rechts-
ſtreits; zweitens die Zurückführung dieſer Folge ſo wie
mancher anderen, von der L. C. auf den Zeitpunkt, worin
der Beklagte von dem Anſpruch Nachricht bekommt. Beide
Meinungen machen eine ſorgfältige Prüfung nöthig. Die
erſte iſt in ihren practiſchen Folgen weniger erheblich ge-
worden, theils weil viele Wirkungen der mala fides mit
denen der L. C. ohnehin zuſammentreffen, theils weil die
einzelnen Wirkungen meiſt durch beſondere, unzweifelhafte

vgl. die Noten der Herrmannſchen
Ausgabe). Nun iſt gar nicht von
einem unredlichen Beſitz die
Rede, ſondern von einem unſiche-
ren, zweifelhaften; von dieſem
Begriff wird noch unten die Rede
ſeyn (Note p).
(i) L. 25 § 7 de her. pet.
(5. 3).
(k) L. 20 § 11 de her. pet
(5. 3).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0103" n="85"/>
              <fw place="top" type="header">§. 264. Wirkung der L. C. &#x2014; Umfang. Einleitung.</fw><lb/>
              <list>
                <item>1. <hi rendition="#aq">&#x201E;post litem contestatam <hi rendition="#i">omnes incipiunt malae fidei<lb/>
possessores esse:</hi> quinimo post controversiam motam</hi> <note place="foot" n="(i)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 25 § 7 <hi rendition="#i">de her. pet.</hi><lb/>
(5. 3).</hi></note>.</item><lb/>
                <item>2. <hi rendition="#aq">&#x201E;ex quo quis scit a se peti &#x2026; <hi rendition="#i">incipit esse malae<lb/>
fidei possessor</hi> &#x2026; si scit &#x2026; puto debere: <hi rendition="#i">coepit enim<lb/>
malae fidei possessor esse&#x201C;</hi></hi> <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 20 § 11 <hi rendition="#i">de her. pet</hi><lb/>
(5. 3).</hi></note>.</item>
              </list><lb/>
              <p>Die&#x017F;e Stellen &#x017F;ind dadurch &#x017F;ehr wichtig geworden, daß<lb/>
&#x017F;ie auf die Ausbildung der Rechtstheorie in neueren Zeiten<lb/>
überwiegenden Einfluß ausgeübt haben, wobei nur allzu-<lb/>
&#x017F;ehr das Bedürfniß unbeachtet geblieben i&#x017F;t, &#x017F;ie mit allge-<lb/>
meinen Grund&#x017F;ätzen, &#x017F;o wie mit einer großen Zahl ganz<lb/>
anders lautender Stellen des R. R., in Einklang zu<lb/>
bringen. In jenen Stellen aber haben zwei eigenthümliche<lb/>
Meinungen ihre &#x017F;cheinbare Rechtfertigung gefunden: <hi rendition="#g">er&#x017F;t-<lb/>
lich</hi> die <hi rendition="#aq">mala fides</hi> als allgemeine Folge des bloßen Rechts-<lb/>
&#x017F;treits; <hi rendition="#g">zweitens</hi> die Zurückführung die&#x017F;er Folge &#x017F;o wie<lb/>
mancher anderen, von der L. C. auf den Zeitpunkt, worin<lb/>
der Beklagte von dem An&#x017F;pruch Nachricht bekommt. Beide<lb/>
Meinungen machen eine &#x017F;orgfältige Prüfung nöthig. Die<lb/>
er&#x017F;te i&#x017F;t in ihren practi&#x017F;chen Folgen weniger erheblich ge-<lb/>
worden, theils weil viele Wirkungen der <hi rendition="#aq">mala fides</hi> mit<lb/>
denen der L. C. ohnehin zu&#x017F;ammentreffen, theils weil die<lb/>
einzelnen Wirkungen mei&#x017F;t durch be&#x017F;ondere, unzweifelhafte<lb/><note xml:id="seg2pn_10_2" prev="#seg2pn_10_1" place="foot" n="(h)">vgl. die Noten der Herrmann&#x017F;chen<lb/>
Ausgabe). Nun i&#x017F;t gar nicht von<lb/>
einem <hi rendition="#g">unredlichen</hi> Be&#x017F;itz die<lb/>
Rede, &#x017F;ondern von einem un&#x017F;iche-<lb/>
ren, zweifelhaften; von die&#x017F;em<lb/>
Begriff wird noch unten die Rede<lb/>
&#x017F;eyn (Note <hi rendition="#aq">p</hi>).</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[85/0103] §. 264. Wirkung der L. C. — Umfang. Einleitung. 1. „post litem contestatam omnes incipiunt malae fidei possessores esse: quinimo post controversiam motam (i). 2. „ex quo quis scit a se peti … incipit esse malae fidei possessor … si scit … puto debere: coepit enim malae fidei possessor esse“ (k). Dieſe Stellen ſind dadurch ſehr wichtig geworden, daß ſie auf die Ausbildung der Rechtstheorie in neueren Zeiten überwiegenden Einfluß ausgeübt haben, wobei nur allzu- ſehr das Bedürfniß unbeachtet geblieben iſt, ſie mit allge- meinen Grundſätzen, ſo wie mit einer großen Zahl ganz anders lautender Stellen des R. R., in Einklang zu bringen. In jenen Stellen aber haben zwei eigenthümliche Meinungen ihre ſcheinbare Rechtfertigung gefunden: erſt- lich die mala fides als allgemeine Folge des bloßen Rechts- ſtreits; zweitens die Zurückführung dieſer Folge ſo wie mancher anderen, von der L. C. auf den Zeitpunkt, worin der Beklagte von dem Anſpruch Nachricht bekommt. Beide Meinungen machen eine ſorgfältige Prüfung nöthig. Die erſte iſt in ihren practiſchen Folgen weniger erheblich ge- worden, theils weil viele Wirkungen der mala fides mit denen der L. C. ohnehin zuſammentreffen, theils weil die einzelnen Wirkungen meiſt durch beſondere, unzweifelhafte (h) (i) L. 25 § 7 de her. pet. (5. 3). (k) L. 20 § 11 de her. pet (5. 3). (h) vgl. die Noten der Herrmannſchen Ausgabe). Nun iſt gar nicht von einem unredlichen Beſitz die Rede, ſondern von einem unſiche- ren, zweifelhaften; von dieſem Begriff wird noch unten die Rede ſeyn (Note p).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/103
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/103>, abgerufen am 19.04.2024.