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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 271. Wirkung der L. C. -- Prozeßzinsen. (Forts.)
so daß jene Seltenheit an der Wahrheit des Princips
keinen Zweifel erregen darf.

1. Bei der Eigenthumsklage auf bestimmte Geld-
stücke kann das Princip gewiß nicht zur Anwendung
kommen. Sollte es angewendet werden, so müßte dabei
die Zumuthung an den Beklagten zum Grunde liegen, das
vindicirte Geld zu veräußern um es zinsbar zu benutzen;
aber gerade die Veräußerung und Verzehrung der vin-
dicirten Sache ist dem Beklagten durchaus untersagt
(§ 264. p. q. r). Der Unterschied von der persönlichen
Schuldklage auf eine Geldsumme liegt also darin, daß
durch diese dem Beklagten sein eigenes Geld abgefordert
wird, dessen Veräußerung und zinsbare Benutzung ihm
nicht untersagt ist (a).

2. Bei der Erbschaftsklage verhält es sich ganz
anders, und gerade hier finden sich die vollständigsten
Zeugnisse für die Anwendung unsres Princips. Zwar ist
auch diese Klage in rem, so gut als die Eigenthums-
klage, allein sie bezieht sich nicht so wie diese auf eine
bestimmte einzelne Sache, sondern auf eine Vermögens-
masse, und umfaßt also nothwendig auch viele Gegen-

(a) Diese Eigenthümlichkeit der
Vindication in Beziehung auf die
Prozeßzinsen ist richtig bemerkt
von Buchka Einfluß des Pro-
zesses S. 265. -- Man möchte
Dasselbe erwarten bei der (persön-
lichen) actio depositi, da auch
hier bestimmte Geldstücke gefordert
werden, und deren Veräußerung
gleichfalls rechtswidrig ist. Allein
hier sind meist die Prozeßzinsen
durch die Mora absorbirt, die oft
schon vor dem Rechtsstreit ein-
tritt, spätestens aber mit der In-
sinnation der Klage, also in bei-
den Fällen vor der L. C. (Vgl.
unten Note h).

§. 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.)
ſo daß jene Seltenheit an der Wahrheit des Princips
keinen Zweifel erregen darf.

1. Bei der Eigenthumsklage auf beſtimmte Geld-
ſtücke kann das Princip gewiß nicht zur Anwendung
kommen. Sollte es angewendet werden, ſo müßte dabei
die Zumuthung an den Beklagten zum Grunde liegen, das
vindicirte Geld zu veräußern um es zinsbar zu benutzen;
aber gerade die Veräußerung und Verzehrung der vin-
dicirten Sache iſt dem Beklagten durchaus unterſagt
(§ 264. p. q. r). Der Unterſchied von der perſönlichen
Schuldklage auf eine Geldſumme liegt alſo darin, daß
durch dieſe dem Beklagten ſein eigenes Geld abgefordert
wird, deſſen Veräußerung und zinsbare Benutzung ihm
nicht unterſagt iſt (a).

2. Bei der Erbſchaftsklage verhält es ſich ganz
anders, und gerade hier finden ſich die vollſtändigſten
Zeugniſſe für die Anwendung unſres Princips. Zwar iſt
auch dieſe Klage in rem, ſo gut als die Eigenthums-
klage, allein ſie bezieht ſich nicht ſo wie dieſe auf eine
beſtimmte einzelne Sache, ſondern auf eine Vermögens-
maſſe, und umfaßt alſo nothwendig auch viele Gegen-

(a) Dieſe Eigenthümlichkeit der
Vindication in Beziehung auf die
Prozeßzinſen iſt richtig bemerkt
von Buchka Einfluß des Pro-
zeſſes S. 265. — Man möchte
Daſſelbe erwarten bei der (perſön-
lichen) actio depositi, da auch
hier beſtimmte Geldſtücke gefordert
werden, und deren Veräußerung
gleichfalls rechtswidrig iſt. Allein
hier ſind meiſt die Prozeßzinſen
durch die Mora abſorbirt, die oft
ſchon vor dem Rechtsſtreit ein-
tritt, ſpäteſtens aber mit der In-
ſinnation der Klage, alſo in bei-
den Fällen vor der L. C. (Vgl.
unten Note h).
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[149/0167] §. 271. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.) ſo daß jene Seltenheit an der Wahrheit des Princips keinen Zweifel erregen darf. 1. Bei der Eigenthumsklage auf beſtimmte Geld- ſtücke kann das Princip gewiß nicht zur Anwendung kommen. Sollte es angewendet werden, ſo müßte dabei die Zumuthung an den Beklagten zum Grunde liegen, das vindicirte Geld zu veräußern um es zinsbar zu benutzen; aber gerade die Veräußerung und Verzehrung der vin- dicirten Sache iſt dem Beklagten durchaus unterſagt (§ 264. p. q. r). Der Unterſchied von der perſönlichen Schuldklage auf eine Geldſumme liegt alſo darin, daß durch dieſe dem Beklagten ſein eigenes Geld abgefordert wird, deſſen Veräußerung und zinsbare Benutzung ihm nicht unterſagt iſt (a). 2. Bei der Erbſchaftsklage verhält es ſich ganz anders, und gerade hier finden ſich die vollſtändigſten Zeugniſſe für die Anwendung unſres Princips. Zwar iſt auch dieſe Klage in rem, ſo gut als die Eigenthums- klage, allein ſie bezieht ſich nicht ſo wie dieſe auf eine beſtimmte einzelne Sache, ſondern auf eine Vermögens- maſſe, und umfaßt alſo nothwendig auch viele Gegen- (a) Dieſe Eigenthümlichkeit der Vindication in Beziehung auf die Prozeßzinſen iſt richtig bemerkt von Buchka Einfluß des Pro- zeſſes S. 265. — Man möchte Daſſelbe erwarten bei der (perſön- lichen) actio depositi, da auch hier beſtimmte Geldſtücke gefordert werden, und deren Veräußerung gleichfalls rechtswidrig iſt. Allein hier ſind meiſt die Prozeßzinſen durch die Mora abſorbirt, die oft ſchon vor dem Rechtsſtreit ein- tritt, ſpäteſtens aber mit der In- ſinnation der Klage, alſo in bei- den Fällen vor der L. C. (Vgl. unten Note h).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/167>, abgerufen am 23.04.2024.