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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 279. Stellung der L. C. im heutigen Recht. (Forts.)
wegen der abstracten oder theoretischen Natur dieser Wirkung,
eine Praxis der Gerichte nicht eigentlich ausbilden können.

Dagegen ist sie vorzugsweise dazu geeignet, den wahren
Sinn der hier behaupteten Neuerung, im Gegensatz der ihr
widersprechenden Behauptung, zur Anschauung zu bringen.

Die Meinung geht nämlich dahin, daß im heutigen
gemeinen Prozeß der Quasicontract mit allen seinen Folgen
zu Stande kommt im Augenblick der Insinuation der Klage.

Die entgegen gesetzte Behauptung, welche das R. R.
aufrecht zu erhalten vorgiebt, dieses aber nur scheinbar
und dem Buchstaben nach thut, geht dahin: der Quasi-
contract sey geschlossen in dem Augenblick, worin sich der
Beklagte zuerst auf den thatsächlichen Inhalt der Klage
erklärt. Ein innerer Grund dieser Verbindung des Quasi-
contracts mit der thatsächlichen Erklärung des Beklagten
ist nicht vorhanden, wird auch in der That von Keinem
behauptet. Jene Verbindung ist vielmehr die blos zufällige
Folge des Umstandes, daß das R. R. den Quastcontract
an die L C. knüpfte (die damals etwas Anderes bedeutete),
und daß man sich vom Mittelalter her allmälig gewöhnt
hat, den Römischen Namen litis contestatio für die Er-
klärung des Beklagten über die Thatsachen zu gebrauchen.

2. Unterbrechung der Klagverjährung (§ 261.
No. I.).

Dieses war eine der wichtigsten Wirkungen der L. C.,
sie steht aber mit ihr nicht mehr in Verbindung, seitdem
das neuere R. R. diese Wirkung an den früheren Zeitpunkt
der Insinuation ausdrücklich angeknüpft hat (§ 242. 243).


§. 279. Stellung der L. C. im heutigen Recht. (Fortſ.)
wegen der abſtracten oder theoretiſchen Natur dieſer Wirkung,
eine Praxis der Gerichte nicht eigentlich ausbilden können.

Dagegen iſt ſie vorzugsweiſe dazu geeignet, den wahren
Sinn der hier behaupteten Neuerung, im Gegenſatz der ihr
widerſprechenden Behauptung, zur Anſchauung zu bringen.

Die Meinung geht nämlich dahin, daß im heutigen
gemeinen Prozeß der Quaſicontract mit allen ſeinen Folgen
zu Stande kommt im Augenblick der Inſinuation der Klage.

Die entgegen geſetzte Behauptung, welche das R. R.
aufrecht zu erhalten vorgiebt, dieſes aber nur ſcheinbar
und dem Buchſtaben nach thut, geht dahin: der Quaſi-
contract ſey geſchloſſen in dem Augenblick, worin ſich der
Beklagte zuerſt auf den thatſächlichen Inhalt der Klage
erklärt. Ein innerer Grund dieſer Verbindung des Quaſi-
contracts mit der thatſächlichen Erklärung des Beklagten
iſt nicht vorhanden, wird auch in der That von Keinem
behauptet. Jene Verbindung iſt vielmehr die blos zufällige
Folge des Umſtandes, daß das R. R. den Quaſtcontract
an die L C. knüpfte (die damals etwas Anderes bedeutete),
und daß man ſich vom Mittelalter her allmälig gewöhnt
hat, den Römiſchen Namen litis contestatio für die Er-
klärung des Beklagten über die Thatſachen zu gebrauchen.

2. Unterbrechung der Klagverjährung (§ 261.
No. I.).

Dieſes war eine der wichtigſten Wirkungen der L. C.,
ſie ſteht aber mit ihr nicht mehr in Verbindung, ſeitdem
das neuere R. R. dieſe Wirkung an den früheren Zeitpunkt
der Inſinuation ausdrücklich angeknüpft hat (§ 242. 243).


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[247/0265] §. 279. Stellung der L. C. im heutigen Recht. (Fortſ.) wegen der abſtracten oder theoretiſchen Natur dieſer Wirkung, eine Praxis der Gerichte nicht eigentlich ausbilden können. Dagegen iſt ſie vorzugsweiſe dazu geeignet, den wahren Sinn der hier behaupteten Neuerung, im Gegenſatz der ihr widerſprechenden Behauptung, zur Anſchauung zu bringen. Die Meinung geht nämlich dahin, daß im heutigen gemeinen Prozeß der Quaſicontract mit allen ſeinen Folgen zu Stande kommt im Augenblick der Inſinuation der Klage. Die entgegen geſetzte Behauptung, welche das R. R. aufrecht zu erhalten vorgiebt, dieſes aber nur ſcheinbar und dem Buchſtaben nach thut, geht dahin: der Quaſi- contract ſey geſchloſſen in dem Augenblick, worin ſich der Beklagte zuerſt auf den thatſächlichen Inhalt der Klage erklärt. Ein innerer Grund dieſer Verbindung des Quaſi- contracts mit der thatſächlichen Erklärung des Beklagten iſt nicht vorhanden, wird auch in der That von Keinem behauptet. Jene Verbindung iſt vielmehr die blos zufällige Folge des Umſtandes, daß das R. R. den Quaſtcontract an die L C. knüpfte (die damals etwas Anderes bedeutete), und daß man ſich vom Mittelalter her allmälig gewöhnt hat, den Römiſchen Namen litis contestatio für die Er- klärung des Beklagten über die Thatſachen zu gebrauchen. 2. Unterbrechung der Klagverjährung (§ 261. No. I.). Dieſes war eine der wichtigſten Wirkungen der L. C., ſie ſteht aber mit ihr nicht mehr in Verbindung, ſeitdem das neuere R. R. dieſe Wirkung an den früheren Zeitpunkt der Inſinuation ausdrücklich angeknüpft hat (§ 242. 243).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/265>, abgerufen am 29.03.2024.