Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 289. Inhalt. Verurtheilung des Klägers?
von der im § 288 aufgestellten Regel, herbeigeführt werde.
Die Antwort auf diese Frage kann nur eben so ausfallen,
wie sie auf die gleichlautende Frage bei der duplex actio
gegeben worden ist: dahin nämlich, daß auch bei der
Widerklage die Verurtheilung des Klägers sich in bloßen
Schein auflöst. Allerdings kann hier der ursprüngliche
Kläger verurtheilt werden, aber wenn Dieses geschieht, so
ist es nicht der Kläger, sondern der Beklagte, der in ihm
verurtheilt wird, indem er in der That beide Eigenschaften
in seiner Person vereinigt.

Das ganze Verhältniß der neben einer Klage vorkom-
menden Widerklage muß daher so aufgefaßt werden, als
ob zwei Prozesse geführt, und zwei Urtheile gesprochen
worden wären, bei welchen dieselben Personen, nur mit
umgekehrten Parteirollen, auftreten. Der täuschende Schein,
als ob ein Kläger verurtheilt werde, rührt blos von dem
an sich zufälligen Umstande her, daß in diesem Fall beide
Urtheile in eine einzige Urtheilsformel zusammengefaßt
werden.

Dieses Verhältniß kann übrigens in den mannichfaltig-
sten Anwendungen vorkommen:

1. Gegen eine persönliche Klage kann sowohl eine per-
sönliche Widerklage, als eine Widerklage in rem vor-
kommen.
2. Eben so gegen eine Klage in rem sowohl eine persön-
liche Widerklage, als eine Widerklage in rem (n).

(n) Inwiefern die ausschließende Natur eines forum rei sitae,
VI. 22

§. 289. Inhalt. Verurtheilung des Klägers?
von der im § 288 aufgeſtellten Regel, herbeigeführt werde.
Die Antwort auf dieſe Frage kann nur eben ſo ausfallen,
wie ſie auf die gleichlautende Frage bei der duplex actio
gegeben worden iſt: dahin nämlich, daß auch bei der
Widerklage die Verurtheilung des Klägers ſich in bloßen
Schein auflöſt. Allerdings kann hier der urſprüngliche
Kläger verurtheilt werden, aber wenn Dieſes geſchieht, ſo
iſt es nicht der Kläger, ſondern der Beklagte, der in ihm
verurtheilt wird, indem er in der That beide Eigenſchaften
in ſeiner Perſon vereinigt.

Das ganze Verhältniß der neben einer Klage vorkom-
menden Widerklage muß daher ſo aufgefaßt werden, als
ob zwei Prozeſſe geführt, und zwei Urtheile geſprochen
worden wären, bei welchen dieſelben Perſonen, nur mit
umgekehrten Parteirollen, auftreten. Der täuſchende Schein,
als ob ein Kläger verurtheilt werde, rührt blos von dem
an ſich zufälligen Umſtande her, daß in dieſem Fall beide
Urtheile in eine einzige Urtheilsformel zuſammengefaßt
werden.

Dieſes Verhältniß kann übrigens in den mannichfaltig-
ſten Anwendungen vorkommen:

1. Gegen eine perſönliche Klage kann ſowohl eine per-
ſönliche Widerklage, als eine Widerklage in rem vor-
kommen.
2. Eben ſo gegen eine Klage in rem ſowohl eine perſön-
liche Widerklage, als eine Widerklage in rem (n).

(n) Inwiefern die ausſchließende Natur eines forum rei sitae,
VI. 22
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0355" n="337"/><fw place="top" type="header">§. 289. Inhalt. Verurtheilung des Klägers?</fw><lb/>
von der im § 288 aufge&#x017F;tellten Regel, herbeigeführt werde.<lb/>
Die Antwort auf die&#x017F;e Frage kann nur eben &#x017F;o ausfallen,<lb/>
wie &#x017F;ie auf die gleichlautende Frage bei der <hi rendition="#aq">duplex actio</hi><lb/>
gegeben worden i&#x017F;t: dahin nämlich, daß auch bei der<lb/>
Widerklage die Verurtheilung des Klägers &#x017F;ich in bloßen<lb/>
Schein auflö&#x017F;t. Allerdings kann hier der ur&#x017F;prüngliche<lb/>
Kläger verurtheilt werden, aber wenn Die&#x017F;es ge&#x017F;chieht, &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t es nicht der Kläger, &#x017F;ondern der Beklagte, der in ihm<lb/>
verurtheilt wird, indem er in der That beide Eigen&#x017F;chaften<lb/>
in &#x017F;einer Per&#x017F;on vereinigt.</p><lb/>
              <p>Das ganze Verhältniß der neben einer Klage vorkom-<lb/>
menden Widerklage muß daher &#x017F;o aufgefaßt werden, als<lb/>
ob zwei Proze&#x017F;&#x017F;e geführt, und zwei Urtheile ge&#x017F;prochen<lb/>
worden wären, bei welchen die&#x017F;elben Per&#x017F;onen, nur mit<lb/>
umgekehrten Parteirollen, auftreten. Der täu&#x017F;chende Schein,<lb/>
als ob ein Kläger verurtheilt werde, rührt blos von dem<lb/>
an &#x017F;ich zufälligen Um&#x017F;tande her, daß in die&#x017F;em Fall beide<lb/>
Urtheile in eine einzige Urtheilsformel zu&#x017F;ammengefaßt<lb/>
werden.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;es Verhältniß kann übrigens in den mannichfaltig-<lb/>
&#x017F;ten Anwendungen vorkommen:</p><lb/>
              <list>
                <item>1. Gegen eine per&#x017F;önliche Klage kann &#x017F;owohl eine per-<lb/>
&#x017F;önliche Widerklage, als eine Widerklage <hi rendition="#aq">in rem</hi> vor-<lb/>
kommen.</item><lb/>
                <item>2. Eben &#x017F;o gegen eine Klage <hi rendition="#aq">in rem</hi> &#x017F;owohl eine per&#x017F;ön-<lb/>
liche Widerklage, als eine Widerklage <hi rendition="#aq">in rem</hi> <note xml:id="seg2pn_42_1" next="#seg2pn_42_2" place="foot" n="(n)">Inwiefern die aus&#x017F;chließende Natur eines <hi rendition="#aq">forum rei sitae,</hi></note>.</item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VI.</hi> 22</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[337/0355] §. 289. Inhalt. Verurtheilung des Klägers? von der im § 288 aufgeſtellten Regel, herbeigeführt werde. Die Antwort auf dieſe Frage kann nur eben ſo ausfallen, wie ſie auf die gleichlautende Frage bei der duplex actio gegeben worden iſt: dahin nämlich, daß auch bei der Widerklage die Verurtheilung des Klägers ſich in bloßen Schein auflöſt. Allerdings kann hier der urſprüngliche Kläger verurtheilt werden, aber wenn Dieſes geſchieht, ſo iſt es nicht der Kläger, ſondern der Beklagte, der in ihm verurtheilt wird, indem er in der That beide Eigenſchaften in ſeiner Perſon vereinigt. Das ganze Verhältniß der neben einer Klage vorkom- menden Widerklage muß daher ſo aufgefaßt werden, als ob zwei Prozeſſe geführt, und zwei Urtheile geſprochen worden wären, bei welchen dieſelben Perſonen, nur mit umgekehrten Parteirollen, auftreten. Der täuſchende Schein, als ob ein Kläger verurtheilt werde, rührt blos von dem an ſich zufälligen Umſtande her, daß in dieſem Fall beide Urtheile in eine einzige Urtheilsformel zuſammengefaßt werden. Dieſes Verhältniß kann übrigens in den mannichfaltig- ſten Anwendungen vorkommen: 1. Gegen eine perſönliche Klage kann ſowohl eine per- ſönliche Widerklage, als eine Widerklage in rem vor- kommen. 2. Eben ſo gegen eine Klage in rem ſowohl eine perſön- liche Widerklage, als eine Widerklage in rem (n). (n) Inwiefern die ausſchließende Natur eines forum rei sitae, VI. 22

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/355
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/355>, abgerufen am 28.03.2024.