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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Zeiten sehr wichtige Rechtsinstitute in mannichfaltiger Ent-
wickelung angeschlossen. -- Es gehört dahin die Lehre des
gemeinen Deutschen Prozesses von der Nichtigkeit des Ur-
theils wegen des verletzten jus in thesi (s); ferner im
Französischen Prozesse das Rechtsmittel der Cassation;
eben so im früheren Preußischen Prozesse die (dem gemei-
nen Deutschen Prozesse nachgebildete) Nichtigkeitsklage wegen
verletzter klarer Gesetze (t); im neueren Preußischen Prozesse
die Nichtigkeitsbeschwerde, welche eine der Französischen
Cassationsbeschwerde ähnliche Natur hat (u).

Alle diese, den neueren Zeiten angehörenden, Rechtsinsti-
tute sind hier nur beiläufig erwähnt worden, um auf sie
die gemeinsame Bemerkung zu beziehen, daß sie lediglich
dem Prozeßrechte angehören, und mit der hier vorliegenden
Lehre von der Rechtskraft keine unmittelbare Berührung
haben, insofern also von den, so eben aus dem Römischen
Rechte dargestellten Folgen des Rechnungsfehlers wesentlich
verschieden sind. Es sind insgesammt Rechtsmittel gegen
richterliche Urtheile, und insofern sind sie mit der Appellation
gleichartig, obgleich von dieser in Bedingungen und For-
men mehr, oder weniger verschieden (v).


(s) Linde Lehrbuch § 419--422.
(t) Allgemeine Gerichtsordnung
Th. 1 Tit. 16 § 2 N. 2.
(u) Gesetz vom 14. Dez. 1833
(Gesetzsammlung 1833 S. 302).
(v) Aehnlich der Römischen Be-
handlung des Rechnungsfehlers ist
die Vorschrift der Preußischen A.
G. O. I. 14. § 1. "Wenn in dem
publicirten Urtel erster Instanz
irgend ein Irrthum in Worten,
Namen, oder Zahlen vorgefallen
... zu seyn scheint, so bedarf es
deshalb keiner Appellation, son-
dern ... dieses (das Kollegium)
muß ... den vorgefallenen Irr-
thum durch eine ... Registratur
abändern lassen" u. s. w.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Zeiten ſehr wichtige Rechtsinſtitute in mannichfaltiger Ent-
wickelung angeſchloſſen. — Es gehört dahin die Lehre des
gemeinen Deutſchen Prozeſſes von der Nichtigkeit des Ur-
theils wegen des verletzten jus in thesi (s); ferner im
Franzöſiſchen Prozeſſe das Rechtsmittel der Caſſation;
eben ſo im früheren Preußiſchen Prozeſſe die (dem gemei-
nen Deutſchen Prozeſſe nachgebildete) Nichtigkeitsklage wegen
verletzter klarer Geſetze (t); im neueren Preußiſchen Prozeſſe
die Nichtigkeitsbeſchwerde, welche eine der Franzöſiſchen
Caſſationsbeſchwerde ähnliche Natur hat (u).

Alle dieſe, den neueren Zeiten angehörenden, Rechtsinſti-
tute ſind hier nur beiläufig erwähnt worden, um auf ſie
die gemeinſame Bemerkung zu beziehen, daß ſie lediglich
dem Prozeßrechte angehören, und mit der hier vorliegenden
Lehre von der Rechtskraft keine unmittelbare Berührung
haben, inſofern alſo von den, ſo eben aus dem Römiſchen
Rechte dargeſtellten Folgen des Rechnungsfehlers weſentlich
verſchieden ſind. Es ſind insgeſammt Rechtsmittel gegen
richterliche Urtheile, und inſofern ſind ſie mit der Appellation
gleichartig, obgleich von dieſer in Bedingungen und For-
men mehr, oder weniger verſchieden (v).


(s) Linde Lehrbuch § 419—422.
(t) Allgemeine Gerichtsordnung
Th. 1 Tit. 16 § 2 N. 2.
(u) Geſetz vom 14. Dez. 1833
(Geſetzſammlung 1833 S. 302).
(v) Aehnlich der Römiſchen Be-
handlung des Rechnungsfehlers iſt
die Vorſchrift der Preußiſchen A.
G. O. I. 14. § 1. „Wenn in dem
publicirten Urtel erſter Inſtanz
irgend ein Irrthum in Worten,
Namen, oder Zahlen vorgefallen
… zu ſeyn ſcheint, ſo bedarf es
deshalb keiner Appellation, ſon-
dern … dieſes (das Kollegium)
muß … den vorgefallenen Irr-
thum durch eine … Regiſtratur
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[384/0402] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Zeiten ſehr wichtige Rechtsinſtitute in mannichfaltiger Ent- wickelung angeſchloſſen. — Es gehört dahin die Lehre des gemeinen Deutſchen Prozeſſes von der Nichtigkeit des Ur- theils wegen des verletzten jus in thesi (s); ferner im Franzöſiſchen Prozeſſe das Rechtsmittel der Caſſation; eben ſo im früheren Preußiſchen Prozeſſe die (dem gemei- nen Deutſchen Prozeſſe nachgebildete) Nichtigkeitsklage wegen verletzter klarer Geſetze (t); im neueren Preußiſchen Prozeſſe die Nichtigkeitsbeſchwerde, welche eine der Franzöſiſchen Caſſationsbeſchwerde ähnliche Natur hat (u). Alle dieſe, den neueren Zeiten angehörenden, Rechtsinſti- tute ſind hier nur beiläufig erwähnt worden, um auf ſie die gemeinſame Bemerkung zu beziehen, daß ſie lediglich dem Prozeßrechte angehören, und mit der hier vorliegenden Lehre von der Rechtskraft keine unmittelbare Berührung haben, inſofern alſo von den, ſo eben aus dem Römiſchen Rechte dargeſtellten Folgen des Rechnungsfehlers weſentlich verſchieden ſind. Es ſind insgeſammt Rechtsmittel gegen richterliche Urtheile, und inſofern ſind ſie mit der Appellation gleichartig, obgleich von dieſer in Bedingungen und For- men mehr, oder weniger verſchieden (v). (s) Linde Lehrbuch § 419—422. (t) Allgemeine Gerichtsordnung Th. 1 Tit. 16 § 2 N. 2. (u) Geſetz vom 14. Dez. 1833 (Geſetzſammlung 1833 S. 302). (v) Aehnlich der Römiſchen Be- handlung des Rechnungsfehlers iſt die Vorſchrift der Preußiſchen A. G. O. I. 14. § 1. „Wenn in dem publicirten Urtel erſter Inſtanz irgend ein Irrthum in Worten, Namen, oder Zahlen vorgefallen … zu ſeyn ſcheint, ſo bedarf es deshalb keiner Appellation, ſon- dern … dieſes (das Kollegium) muß … den vorgefallenen Irr- thum durch eine … Regiſtratur abändern laſſen“ u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/402>, abgerufen am 24.04.2024.