Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
Falle muß aus den, durch die Mehrheit angenommenen, ein-
zelnen Gründen das Resultat gezogen werden, auf die Ge-
fahr hin, daß mit diesem Resultat an sich die Mehrheit
vielleicht nicht zufrieden seyn würde. Im zweiten Falle
müssen die Entscheidungsgründe aus allen, von den einzel-
nen Mitgliedern vorgebrachten Gründen so ausgesucht
werden, wie sie zu dem gezogenen Resultat passen, auf die
Gefahr hin, daß jeder dieser Gründe für sich von der
Mehrheit mißbilligt werden möchte (t).

Es ist nicht meine Absicht, mich hier in die Prüfung
dieser schwierigen und verwickelten Frage im Allgemeinen
einzulassen, und dadurch den Gang unsrer Untersuchung zu
unterbrechen: ich will nur den partiellen Zusammenhang
nachzuweisen suchen, in welchem diese Frage mit der hier
aufgestellten Lehre von der Rechtskraft der Gründe steht.
Wenn diese Lehre richtig ist, d. h. wenn die objectiven
Gründe
wahre Bestandtheile des Urtheils sind, und mit
demselben rechtskräftig werden sollen, so muß nothwendig
über jeden objectiven Grund, nicht blos über Verurtheilung
oder Freisprechung, besonders abgestimmt und entschieden
werden, weil sonst die Rechtskraft dieser Gründe nicht von
dem Collegium in seiner Mehrheit entschieden seyn würde.
Es bleibt aber dabei noch unentschieden, ob vielleicht in

mung nach dem Resultat: Dor-
guth
, Juristische Wochenschrift
1841 S. 153. 173. 625. 645. 647.
671, und Waldeck im neuen
Archiv für Preußisches Recht,
Jahrg. 7. (1841) S. 427--471.
(t) Dieses letzte Verfahren ver-
langt ausdrücklich Dorguth a. a.
O. S. 159 N. 11.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
Falle muß aus den, durch die Mehrheit angenommenen, ein-
zelnen Gründen das Reſultat gezogen werden, auf die Ge-
fahr hin, daß mit dieſem Reſultat an ſich die Mehrheit
vielleicht nicht zufrieden ſeyn würde. Im zweiten Falle
müſſen die Entſcheidungsgründe aus allen, von den einzel-
nen Mitgliedern vorgebrachten Gründen ſo ausgeſucht
werden, wie ſie zu dem gezogenen Reſultat paſſen, auf die
Gefahr hin, daß jeder dieſer Gründe für ſich von der
Mehrheit mißbilligt werden möchte (t).

Es iſt nicht meine Abſicht, mich hier in die Prüfung
dieſer ſchwierigen und verwickelten Frage im Allgemeinen
einzulaſſen, und dadurch den Gang unſrer Unterſuchung zu
unterbrechen: ich will nur den partiellen Zuſammenhang
nachzuweiſen ſuchen, in welchem dieſe Frage mit der hier
aufgeſtellten Lehre von der Rechtskraft der Gründe ſteht.
Wenn dieſe Lehre richtig iſt, d. h. wenn die objectiven
Gründe
wahre Beſtandtheile des Urtheils ſind, und mit
demſelben rechtskräftig werden ſollen, ſo muß nothwendig
über jeden objectiven Grund, nicht blos über Verurtheilung
oder Freiſprechung, beſonders abgeſtimmt und entſchieden
werden, weil ſonſt die Rechtskraft dieſer Gründe nicht von
dem Collegium in ſeiner Mehrheit entſchieden ſeyn würde.
Es bleibt aber dabei noch unentſchieden, ob vielleicht in

mung nach dem Reſultat: Dor-
guth
, Juriſtiſche Wochenſchrift
1841 S. 153. 173. 625. 645. 647.
671, und Waldeck im neuen
Archiv für Preußiſches Recht,
Jahrg. 7. (1841) S. 427—471.
(t) Dieſes letzte Verfahren ver-
langt ausdrücklich Dorguth a. a.
O. S. 159 N. 11.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0426" n="408"/><fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/>
Falle muß aus den, durch die Mehrheit angenommenen, ein-<lb/>
zelnen Gründen das Re&#x017F;ultat gezogen werden, auf die Ge-<lb/>
fahr hin, daß mit die&#x017F;em Re&#x017F;ultat an &#x017F;ich die Mehrheit<lb/>
vielleicht nicht zufrieden &#x017F;eyn würde. Im zweiten Falle<lb/>&#x017F;&#x017F;en die Ent&#x017F;cheidungsgründe aus allen, von den einzel-<lb/>
nen Mitgliedern vorgebrachten Gründen &#x017F;o ausge&#x017F;ucht<lb/>
werden, wie &#x017F;ie zu dem gezogenen Re&#x017F;ultat pa&#x017F;&#x017F;en, auf die<lb/>
Gefahr hin, daß jeder die&#x017F;er Gründe für &#x017F;ich von der<lb/>
Mehrheit mißbilligt werden möchte <note place="foot" n="(t)">Die&#x017F;es letzte Verfahren ver-<lb/>
langt ausdrücklich <hi rendition="#g">Dorguth</hi> a. a.<lb/>
O. S. 159 <hi rendition="#aq">N.</hi> 11.</note>.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t nicht meine Ab&#x017F;icht, mich hier in die Prüfung<lb/>
die&#x017F;er &#x017F;chwierigen und verwickelten Frage im Allgemeinen<lb/>
einzula&#x017F;&#x017F;en, und dadurch den Gang un&#x017F;rer Unter&#x017F;uchung zu<lb/>
unterbrechen: ich will nur den <hi rendition="#g">partiellen</hi> Zu&#x017F;ammenhang<lb/>
nachzuwei&#x017F;en &#x017F;uchen, in welchem die&#x017F;e Frage mit der hier<lb/>
aufge&#x017F;tellten Lehre von der Rechtskraft der Gründe &#x017F;teht.<lb/>
Wenn die&#x017F;e Lehre richtig i&#x017F;t, d. h. wenn die <hi rendition="#g">objectiven<lb/>
Gründe</hi> wahre Be&#x017F;tandtheile des Urtheils &#x017F;ind, und mit<lb/>
dem&#x017F;elben rechtskräftig werden &#x017F;ollen, &#x017F;o muß nothwendig<lb/>
über jeden objectiven Grund, nicht blos über Verurtheilung<lb/>
oder Frei&#x017F;prechung, be&#x017F;onders abge&#x017F;timmt und ent&#x017F;chieden<lb/>
werden, weil &#x017F;on&#x017F;t die Rechtskraft die&#x017F;er Gründe nicht von<lb/>
dem Collegium in &#x017F;einer Mehrheit ent&#x017F;chieden &#x017F;eyn würde.<lb/>
Es bleibt aber dabei noch unent&#x017F;chieden, ob vielleicht in<lb/><note xml:id="seg2pn_49_2" prev="#seg2pn_49_1" place="foot" n="(s)">mung nach dem <hi rendition="#g">Re&#x017F;ultat: Dor-<lb/>
guth</hi>, Juri&#x017F;ti&#x017F;che Wochen&#x017F;chrift<lb/>
1841 S. 153. 173. 625. 645. 647.<lb/>
671, und <hi rendition="#g">Waldeck</hi> im neuen<lb/>
Archiv für Preußi&#x017F;ches Recht,<lb/>
Jahrg. 7. (1841) S. 427&#x2014;471.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0426] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Falle muß aus den, durch die Mehrheit angenommenen, ein- zelnen Gründen das Reſultat gezogen werden, auf die Ge- fahr hin, daß mit dieſem Reſultat an ſich die Mehrheit vielleicht nicht zufrieden ſeyn würde. Im zweiten Falle müſſen die Entſcheidungsgründe aus allen, von den einzel- nen Mitgliedern vorgebrachten Gründen ſo ausgeſucht werden, wie ſie zu dem gezogenen Reſultat paſſen, auf die Gefahr hin, daß jeder dieſer Gründe für ſich von der Mehrheit mißbilligt werden möchte (t). Es iſt nicht meine Abſicht, mich hier in die Prüfung dieſer ſchwierigen und verwickelten Frage im Allgemeinen einzulaſſen, und dadurch den Gang unſrer Unterſuchung zu unterbrechen: ich will nur den partiellen Zuſammenhang nachzuweiſen ſuchen, in welchem dieſe Frage mit der hier aufgeſtellten Lehre von der Rechtskraft der Gründe ſteht. Wenn dieſe Lehre richtig iſt, d. h. wenn die objectiven Gründe wahre Beſtandtheile des Urtheils ſind, und mit demſelben rechtskräftig werden ſollen, ſo muß nothwendig über jeden objectiven Grund, nicht blos über Verurtheilung oder Freiſprechung, beſonders abgeſtimmt und entſchieden werden, weil ſonſt die Rechtskraft dieſer Gründe nicht von dem Collegium in ſeiner Mehrheit entſchieden ſeyn würde. Es bleibt aber dabei noch unentſchieden, ob vielleicht in (s) (t) Dieſes letzte Verfahren ver- langt ausdrücklich Dorguth a. a. O. S. 159 N. 11. (s) mung nach dem Reſultat: Dor- guth, Juriſtiſche Wochenſchrift 1841 S. 153. 173. 625. 645. 647. 671, und Waldeck im neuen Archiv für Preußiſches Recht, Jahrg. 7. (1841) S. 427—471.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/426
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/426>, abgerufen am 19.04.2024.