Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
tinet enim ad officium judicis, qui de hereditate cog-
noscit, universam incidentem quaestionem, quae in
judicium devocatur, examinare: quoniam non de ea,
sed de hereditate pronuntiat
(w).

Nun wird behauptet, weil nach den Schlußworten der
Richter nicht über das Familienverhältniß entscheide, so
werde auch hierin seine Annahme nicht rechtskräftig. In
dieser Behauptung liegt aber ein offenbarer Zirkel. Jene
Worte sprechen nur von dem wörtlichen Inhalt des richter-
lichen Ausspruchs, der stets mit der angebrachten Klage
im Zusammenhang steht. Die Streitfrage ist aber gerade
die, ob noch irgend Etwas, und wie Viel, außer jenem

de statu zu erkennen, und zu die-
ser Erklärung neigte sich Anfangs
auch Cujacius hin. (Merill.
variant. ex Cuj. II.
1). Diese
Voraussetzung aber wird durch
mehrere Stellen widerlegt, am be-
stimmtesten durch L. 7 C. ne de
statu defunct.
(7. 21). Daher
muß die hier bemerkte Unfähigkeit
nicht auf den Präses selbst, son-
dern auf den von ihm über die
Erbrechtsklage niedergesetzten Judex
bezogen werden, dessen wörtliche
Erwähnung vielleicht nur in dem
für den Codex aus dem ganzen
Rescript gemachten Auszug aus-
gefallen ist. Eine Bestätigung die-
ser Annahme liegt in den gleich
darauf folgenden Worten: Perti-
net enim ad officium judicis,
qui de hereditate cognoscit.

Diese Erklärung findet sich bei
Hotomanus obs. VI. 6, Cujac.
recit. in Dig., L. 74 de re jud.,
L. 5. de her. pet. (Opp. T. 7
p. 165. 220), Giphan. explan.
Codicis, L. 1 de ord. jud. p.
152.
(w) Wesentlich übereinstimmend
mit der angeführten Stelle ist auch
noch folgende. L. 3 C. de jud.
(3. 1). Quoties quaestio status
bonorum disceptationi concur-
rit: nihil prohibet, quo magis
apud eum quoque, qui alioquin
super causa status cognoscere
non possit, disceptatio termi-
netur. -- Alioquin
heißt: wenn
die causa status Gegenstand einer
eigenen, selbstständigen Klage ge-
wesen wäre. -- Disceptatio ter-
minetur
deutet offenbar auf eine
definitive, für immer wirksame Fest-
stellung.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
tinet enim ad officium judicis, qui de hereditate cog-
noscit, universam incidentem quaestionem, quae in
judicium devocatur, examinare: quoniam non de ea,
sed de hereditate pronuntiat
(w).

Nun wird behauptet, weil nach den Schlußworten der
Richter nicht über das Familienverhältniß entſcheide, ſo
werde auch hierin ſeine Annahme nicht rechtskräftig. In
dieſer Behauptung liegt aber ein offenbarer Zirkel. Jene
Worte ſprechen nur von dem wörtlichen Inhalt des richter-
lichen Ausſpruchs, der ſtets mit der angebrachten Klage
im Zuſammenhang ſteht. Die Streitfrage iſt aber gerade
die, ob noch irgend Etwas, und wie Viel, außer jenem

de statu zu erkennen, und zu die-
ſer Erklärung neigte ſich Anfangs
auch Cujacius hin. (Merill.
variant. ex Cuj. II.
1). Dieſe
Vorausſetzung aber wird durch
mehrere Stellen widerlegt, am be-
ſtimmteſten durch L. 7 C. ne de
statu defunct.
(7. 21). Daher
muß die hier bemerkte Unfähigkeit
nicht auf den Präſes ſelbſt, ſon-
dern auf den von ihm über die
Erbrechtsklage niedergeſetzten Judex
bezogen werden, deſſen wörtliche
Erwähnung vielleicht nur in dem
für den Codex aus dem ganzen
Reſcript gemachten Auszug aus-
gefallen iſt. Eine Beſtätigung die-
ſer Annahme liegt in den gleich
darauf folgenden Worten: Perti-
net enim ad officium judicis,
qui de hereditate cognoscit.

Dieſe Erklärung findet ſich bei
Hotomanus obs. VI. 6, Cujac.
recit. in Dig., L. 74 de re jud.,
L. 5. de her. pet. (Opp. T. 7
p. 165. 220), Giphan. explan.
Codicis, L. 1 de ord. jud. p.
152.
(w) Weſentlich übereinſtimmend
mit der angeführten Stelle iſt auch
noch folgende. L. 3 C. de jud.
(3. 1). Quoties quaestio status
bonorum disceptationi concur-
rit: nihil prohibet, quo magis
apud eum quoque, qui alioquin
super causa status cognoscere
non possit, disceptatio termi-
netur. — Alioquin
heißt: wenn
die causa status Gegenſtand einer
eigenen, ſelbſtſtändigen Klage ge-
weſen wäre. — Disceptatio ter-
minetur
deutet offenbar auf eine
definitive, für immer wirkſame Feſt-
ſtellung.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p>
                <pb facs="#f0460" n="442"/>
                <fw place="top" type="header">Buch <hi rendition="#aq">II.</hi> Rechtsverhältni&#x017F;&#x017F;e. Kap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Verletzung.</fw><lb/> <hi rendition="#et"><hi rendition="#aq">tinet enim ad officium judicis, qui de hereditate cog-<lb/>
noscit, universam incidentem quaestionem, quae in<lb/>
judicium devocatur, examinare: quoniam non de ea,<lb/>
sed de hereditate pronuntiat</hi><note place="foot" n="(w)">We&#x017F;entlich überein&#x017F;timmend<lb/>
mit der angeführten Stelle i&#x017F;t auch<lb/>
noch folgende. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 3 <hi rendition="#i">C. de jud.</hi><lb/>
(3. 1). Quoties quaestio status<lb/>
bonorum disceptationi concur-<lb/>
rit: nihil prohibet, quo magis<lb/>
apud eum quoque, qui alioquin<lb/>
super causa status cognoscere<lb/>
non possit, disceptatio termi-<lb/>
netur. &#x2014; Alioquin</hi> heißt: wenn<lb/>
die <hi rendition="#aq">causa status</hi> Gegen&#x017F;tand einer<lb/>
eigenen, &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;tändigen Klage ge-<lb/>
we&#x017F;en wäre. &#x2014; <hi rendition="#aq">Disceptatio ter-<lb/>
minetur</hi> deutet offenbar auf eine<lb/>
definitive, für immer wirk&#x017F;ame Fe&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;tellung.</note>.</hi> </p><lb/>
              <p>Nun wird behauptet, weil nach den Schlußworten der<lb/>
Richter nicht über das Familienverhältniß <hi rendition="#g">ent&#x017F;cheide</hi>, &#x017F;o<lb/>
werde auch hierin &#x017F;eine Annahme nicht rechtskräftig. In<lb/>
die&#x017F;er Behauptung liegt aber ein offenbarer Zirkel. Jene<lb/>
Worte &#x017F;prechen nur von dem wörtlichen Inhalt des richter-<lb/>
lichen Aus&#x017F;pruchs, der &#x017F;tets mit der angebrachten Klage<lb/>
im Zu&#x017F;ammenhang &#x017F;teht. Die Streitfrage i&#x017F;t aber gerade<lb/>
die, ob noch irgend Etwas, und wie Viel, <hi rendition="#g">außer jenem</hi><lb/><note xml:id="seg2pn_50_2" prev="#seg2pn_50_1" place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq">de statu</hi> zu erkennen, und zu die-<lb/>
&#x017F;er Erklärung neigte &#x017F;ich Anfangs<lb/>
auch <hi rendition="#g">Cujacius</hi> hin. (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Merill</hi>.<lb/>
variant. ex Cuj. II.</hi> 1). Die&#x017F;e<lb/>
Voraus&#x017F;etzung aber wird durch<lb/>
mehrere Stellen widerlegt, am be-<lb/>
&#x017F;timmte&#x017F;ten durch <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 7 <hi rendition="#i">C. ne de<lb/>
statu defunct.</hi></hi> (7. 21). Daher<lb/>
muß die hier bemerkte Unfähigkeit<lb/>
nicht auf den Prä&#x017F;es &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;on-<lb/>
dern auf den von ihm über die<lb/>
Erbrechtsklage niederge&#x017F;etzten Judex<lb/>
bezogen werden, de&#x017F;&#x017F;en wörtliche<lb/>
Erwähnung vielleicht nur in dem<lb/>
für den Codex aus dem ganzen<lb/>
Re&#x017F;cript gemachten Auszug aus-<lb/>
gefallen i&#x017F;t. Eine Be&#x017F;tätigung die-<lb/>
&#x017F;er Annahme liegt in den gleich<lb/>
darauf folgenden Worten: <hi rendition="#aq">Perti-<lb/>
net enim ad <hi rendition="#i">officium judicis,</hi><lb/>
qui de hereditate cognoscit.</hi><lb/>
Die&#x017F;e Erklärung findet &#x017F;ich bei<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Hotomanus</hi> obs. VI. 6, <hi rendition="#k">Cujac</hi>.<lb/>
recit. in Dig., L. 74 de re jud.,<lb/>
L. 5. de her. pet. (Opp. T. 7<lb/>
p. 165. 220), <hi rendition="#k">Giphan</hi>. explan.<lb/>
Codicis, L. 1 de ord. jud. p.</hi> 152.</note><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0460] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. tinet enim ad officium judicis, qui de hereditate cog- noscit, universam incidentem quaestionem, quae in judicium devocatur, examinare: quoniam non de ea, sed de hereditate pronuntiat (w). Nun wird behauptet, weil nach den Schlußworten der Richter nicht über das Familienverhältniß entſcheide, ſo werde auch hierin ſeine Annahme nicht rechtskräftig. In dieſer Behauptung liegt aber ein offenbarer Zirkel. Jene Worte ſprechen nur von dem wörtlichen Inhalt des richter- lichen Ausſpruchs, der ſtets mit der angebrachten Klage im Zuſammenhang ſteht. Die Streitfrage iſt aber gerade die, ob noch irgend Etwas, und wie Viel, außer jenem (v) (w) Weſentlich übereinſtimmend mit der angeführten Stelle iſt auch noch folgende. L. 3 C. de jud. (3. 1). Quoties quaestio status bonorum disceptationi concur- rit: nihil prohibet, quo magis apud eum quoque, qui alioquin super causa status cognoscere non possit, disceptatio termi- netur. — Alioquin heißt: wenn die causa status Gegenſtand einer eigenen, ſelbſtſtändigen Klage ge- weſen wäre. — Disceptatio ter- minetur deutet offenbar auf eine definitive, für immer wirkſame Feſt- ſtellung. (v) de statu zu erkennen, und zu die- ſer Erklärung neigte ſich Anfangs auch Cujacius hin. (Merill. variant. ex Cuj. II. 1). Dieſe Vorausſetzung aber wird durch mehrere Stellen widerlegt, am be- ſtimmteſten durch L. 7 C. ne de statu defunct. (7. 21). Daher muß die hier bemerkte Unfähigkeit nicht auf den Präſes ſelbſt, ſon- dern auf den von ihm über die Erbrechtsklage niedergeſetzten Judex bezogen werden, deſſen wörtliche Erwähnung vielleicht nur in dem für den Codex aus dem ganzen Reſcript gemachten Auszug aus- gefallen iſt. Eine Beſtätigung die- ſer Annahme liegt in den gleich darauf folgenden Worten: Perti- net enim ad officium judicis, qui de hereditate cognoscit. Dieſe Erklärung findet ſich bei Hotomanus obs. VI. 6, Cujac. recit. in Dig., L. 74 de re jud., L. 5. de her. pet. (Opp. T. 7 p. 165. 220), Giphan. explan. Codicis, L. 1 de ord. jud. p. 152.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/460
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/460>, abgerufen am 24.04.2024.