Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Beilage XVII.
eines dringenden Bedürfnisses sey es besser, durch Resti-
tution zu helfen (c).

Keine dieser Behauptungen kann zugegeben werden (d).
Eine Gefahr für die Ruhe des Beklagten ist gewiß nicht
vorhanden, da der Kläger die Lust an oft wiederholten
vergeblichen Klagen durch die Prozeßkosten theuer be-
zahlen müßte.

Daß für den Kläger nicht selten ein wichtiges und
billiges Bedürfniß zu einem solchen Verfahren eintreten
kann, wird aus der Betrachtung folgender Fälle unver-
kennbar hervorgehen. Bei einer Eigenthumsklage kann der
Kläger von dem Erwerb durch Tradition überzeugt seyn,
für den Fall aber, daß der Richter denselben nicht an-
nehmen sollte, den Erwerb durch Ersitzung nachzuweisen
vorbehalten wollen. Die gleichzeitige Verhandlung beider
Erwerbungsgründe kann dadurch unzweckmäßig werden,
daß der Beweis der Ersitzung sehr umständlich und kost-
spielig seyn kann. -- Wenn ein eingesetzter Erbe, der zu-
gleich der nächste Verwandte des Verstorbenen ist, die
Erbrechtsklage anstellen will, die Gültigkeit des Testaments
aber zweifelhaft ist, so kann der Kläger zwischen zwei
verschiedenen, einander widersprechenden, Erbrechtsklagen
wählen (e). Hier scheint es natürlicher und zweckmäßiger,
zunächst eine dieser Klagen allein durchzuführen mit Vor-

(c) Puchta Mus. B. 2 S. 261,
B. 3 S. 483--485.
(d) Vgl. Heffter Mus. B. 3
S. 230. 231.
(e) Ein Fall solcher Art ist
vorausgesetzt in L. 30 pr. de exc.
rei jud.
(44. 2), s. o. S. 459.

Beilage XVII.
eines dringenden Bedürfniſſes ſey es beſſer, durch Reſti-
tution zu helfen (c).

Keine dieſer Behauptungen kann zugegeben werden (d).
Eine Gefahr für die Ruhe des Beklagten iſt gewiß nicht
vorhanden, da der Kläger die Luſt an oft wiederholten
vergeblichen Klagen durch die Prozeßkoſten theuer be-
zahlen müßte.

Daß für den Kläger nicht ſelten ein wichtiges und
billiges Bedürfniß zu einem ſolchen Verfahren eintreten
kann, wird aus der Betrachtung folgender Fälle unver-
kennbar hervorgehen. Bei einer Eigenthumsklage kann der
Kläger von dem Erwerb durch Tradition überzeugt ſeyn,
für den Fall aber, daß der Richter denſelben nicht an-
nehmen ſollte, den Erwerb durch Erſitzung nachzuweiſen
vorbehalten wollen. Die gleichzeitige Verhandlung beider
Erwerbungsgründe kann dadurch unzweckmäßig werden,
daß der Beweis der Erſitzung ſehr umſtändlich und koſt-
ſpielig ſeyn kann. — Wenn ein eingeſetzter Erbe, der zu-
gleich der nächſte Verwandte des Verſtorbenen iſt, die
Erbrechtsklage anſtellen will, die Gültigkeit des Teſtaments
aber zweifelhaft iſt, ſo kann der Kläger zwiſchen zwei
verſchiedenen, einander widerſprechenden, Erbrechtsklagen
wählen (e). Hier ſcheint es natürlicher und zweckmäßiger,
zunächſt eine dieſer Klagen allein durchzuführen mit Vor-

(c) Puchta Muſ. B. 2 S. 261,
B. 3 S. 483—485.
(d) Vgl. Heffter Muſ. B. 3
S. 230. 231.
(e) Ein Fall ſolcher Art iſt
vorausgeſetzt in L. 30 pr. de exc.
rei jud.
(44. 2), ſ. o. S. 459.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0538" n="520"/><fw place="top" type="header">Beilage <hi rendition="#aq">XVII.</hi></fw><lb/>
eines dringenden Bedürfni&#x017F;&#x017F;es &#x017F;ey es be&#x017F;&#x017F;er, durch Re&#x017F;ti-<lb/>
tution zu helfen <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#g">Puchta</hi> Mu&#x017F;. B. 2 S. 261,<lb/>
B. 3 S. 483&#x2014;485.</note>.</p><lb/>
            <p>Keine die&#x017F;er Behauptungen kann zugegeben werden <note place="foot" n="(d)">Vgl. <hi rendition="#g">Heffter</hi> Mu&#x017F;. B. 3<lb/>
S. 230. 231.</note>.<lb/>
Eine Gefahr für die Ruhe des Beklagten i&#x017F;t gewiß nicht<lb/>
vorhanden, da der Kläger die Lu&#x017F;t an oft wiederholten<lb/>
vergeblichen Klagen durch die Prozeßko&#x017F;ten theuer be-<lb/>
zahlen müßte.</p><lb/>
            <p>Daß für den Kläger nicht &#x017F;elten ein wichtiges und<lb/>
billiges Bedürfniß zu einem &#x017F;olchen Verfahren eintreten<lb/>
kann, wird aus der Betrachtung folgender Fälle unver-<lb/>
kennbar hervorgehen. Bei einer Eigenthumsklage kann der<lb/>
Kläger von dem Erwerb durch Tradition überzeugt &#x017F;eyn,<lb/>
für den Fall aber, daß der Richter den&#x017F;elben nicht an-<lb/>
nehmen &#x017F;ollte, den Erwerb durch Er&#x017F;itzung nachzuwei&#x017F;en<lb/>
vorbehalten wollen. Die gleichzeitige Verhandlung beider<lb/>
Erwerbungsgründe kann dadurch unzweckmäßig werden,<lb/>
daß der Beweis der Er&#x017F;itzung &#x017F;ehr um&#x017F;tändlich und ko&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;pielig &#x017F;eyn kann. &#x2014; Wenn ein einge&#x017F;etzter Erbe, der zu-<lb/>
gleich der näch&#x017F;te Verwandte des Ver&#x017F;torbenen i&#x017F;t, die<lb/>
Erbrechtsklage an&#x017F;tellen will, die Gültigkeit des Te&#x017F;taments<lb/>
aber zweifelhaft i&#x017F;t, &#x017F;o kann der Kläger zwi&#x017F;chen zwei<lb/>
ver&#x017F;chiedenen, einander wider&#x017F;prechenden, Erbrechtsklagen<lb/>
wählen <note place="foot" n="(e)">Ein Fall &#x017F;olcher Art i&#x017F;t<lb/>
vorausge&#x017F;etzt in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 30 <hi rendition="#i">pr. de exc.<lb/>
rei jud.</hi></hi> (44. 2), &#x017F;. o. S. 459.</note>. Hier &#x017F;cheint es natürlicher und zweckmäßiger,<lb/>
zunäch&#x017F;t eine die&#x017F;er Klagen allein durchzuführen mit Vor-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0538] Beilage XVII. eines dringenden Bedürfniſſes ſey es beſſer, durch Reſti- tution zu helfen (c). Keine dieſer Behauptungen kann zugegeben werden (d). Eine Gefahr für die Ruhe des Beklagten iſt gewiß nicht vorhanden, da der Kläger die Luſt an oft wiederholten vergeblichen Klagen durch die Prozeßkoſten theuer be- zahlen müßte. Daß für den Kläger nicht ſelten ein wichtiges und billiges Bedürfniß zu einem ſolchen Verfahren eintreten kann, wird aus der Betrachtung folgender Fälle unver- kennbar hervorgehen. Bei einer Eigenthumsklage kann der Kläger von dem Erwerb durch Tradition überzeugt ſeyn, für den Fall aber, daß der Richter denſelben nicht an- nehmen ſollte, den Erwerb durch Erſitzung nachzuweiſen vorbehalten wollen. Die gleichzeitige Verhandlung beider Erwerbungsgründe kann dadurch unzweckmäßig werden, daß der Beweis der Erſitzung ſehr umſtändlich und koſt- ſpielig ſeyn kann. — Wenn ein eingeſetzter Erbe, der zu- gleich der nächſte Verwandte des Verſtorbenen iſt, die Erbrechtsklage anſtellen will, die Gültigkeit des Teſtaments aber zweifelhaft iſt, ſo kann der Kläger zwiſchen zwei verſchiedenen, einander widerſprechenden, Erbrechtsklagen wählen (e). Hier ſcheint es natürlicher und zweckmäßiger, zunächſt eine dieſer Klagen allein durchzuführen mit Vor- (c) Puchta Muſ. B. 2 S. 261, B. 3 S. 483—485. (d) Vgl. Heffter Muſ. B. 3 S. 230. 231. (e) Ein Fall ſolcher Art iſt vorausgeſetzt in L. 30 pr. de exc. rei jud. (44. 2), ſ. o. S. 459.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/538
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/538>, abgerufen am 29.03.2024.