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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 260. Wirkung der L. C. -- Einleitung.
Rechtsinstituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen
Folgen geht, welche aus der an sich nicht wünschens-
werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsstreits
entspringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu-
stellenden Wirkungen sind nur als Entwicklungen jenes
Grundsatzes anzusehen. Es muß jedoch dazu noch durch
folgende Vorbemerkungen ein fester Grund gelegt werden.

I. Die Aussprüche der Römischen Juristen über jene
Wirkungen beziehen sich auf zwei verschiedenartige Anwen-
dungen
, deren Inhalt aber dergestalt zusammenfällt, daß
sie ohne Unterschied als ganz gleichbedeutend angesehen
werden dürfen.

Die meisten dieser Aussprüche betreffen die Frage, wie
in Folge der L. C. das richterliche Urtheil eingerichtet
werden müsse, und diese sind auch auf unsren heutigen
Rechtszustand unmittelbar anzuwenden.

Mehrere Aussprüche aber betreffen eine Frage, welche
nicht bei allen Klagen, sondern nur bei den arbitrariae
actiones
(§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche
Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf-
forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur-
theilung von sich abzuwenden. Diese Handlungen bestanden,
wie oben gezeigt wurde, in einer Restitution oder Ex-
hibition
. Hier also lautet die Frage so: Was muß der
Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden?
oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren,

VI. 4

§. 260. Wirkung der L. C. — Einleitung.
Rechtsinſtituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen
Folgen geht, welche aus der an ſich nicht wünſchens-
werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsſtreits
entſpringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu-
ſtellenden Wirkungen ſind nur als Entwicklungen jenes
Grundſatzes anzuſehen. Es muß jedoch dazu noch durch
folgende Vorbemerkungen ein feſter Grund gelegt werden.

I. Die Ausſprüche der Römiſchen Juriſten über jene
Wirkungen beziehen ſich auf zwei verſchiedenartige Anwen-
dungen
, deren Inhalt aber dergeſtalt zuſammenfällt, daß
ſie ohne Unterſchied als ganz gleichbedeutend angeſehen
werden dürfen.

Die meiſten dieſer Ausſprüche betreffen die Frage, wie
in Folge der L. C. das richterliche Urtheil eingerichtet
werden müſſe, und dieſe ſind auch auf unſren heutigen
Rechtszuſtand unmittelbar anzuwenden.

Mehrere Ausſprüche aber betreffen eine Frage, welche
nicht bei allen Klagen, ſondern nur bei den arbitrariae
actiones
(§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche
Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf-
forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur-
theilung von ſich abzuwenden. Dieſe Handlungen beſtanden,
wie oben gezeigt wurde, in einer Reſtitution oder Ex-
hibition
. Hier alſo lautet die Frage ſo: Was muß der
Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden?
oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren,

VI. 4
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[49/0067] §. 260. Wirkung der L. C. — Einleitung. Rechtsinſtituts auf die Ausgleichung der nachtheiligen Folgen geht, welche aus der an ſich nicht wünſchens- werthen, aber unvermeidlichen Dauer des Rechtsſtreits entſpringen (§ 256. 258). Die jetzt im Einzelnen darzu- ſtellenden Wirkungen ſind nur als Entwicklungen jenes Grundſatzes anzuſehen. Es muß jedoch dazu noch durch folgende Vorbemerkungen ein feſter Grund gelegt werden. I. Die Ausſprüche der Römiſchen Juriſten über jene Wirkungen beziehen ſich auf zwei verſchiedenartige Anwen- dungen, deren Inhalt aber dergeſtalt zuſammenfällt, daß ſie ohne Unterſchied als ganz gleichbedeutend angeſehen werden dürfen. Die meiſten dieſer Ausſprüche betreffen die Frage, wie in Folge der L. C. das richterliche Urtheil eingerichtet werden müſſe, und dieſe ſind auch auf unſren heutigen Rechtszuſtand unmittelbar anzuwenden. Mehrere Ausſprüche aber betreffen eine Frage, welche nicht bei allen Klagen, ſondern nur bei den arbitrariae actiones (§ 221), vorkommen konnte: Die Frage, welche Handlungen nach der L. C. der Beklagte auf die Auf- forderung des Judex vorzunehmen habe, um die Verur- theilung von ſich abzuwenden. Dieſe Handlungen beſtanden, wie oben gezeigt wurde, in einer Reſtitution oder Ex- hibition. Hier alſo lautet die Frage ſo: Was muß der Beklagte freiwillig thum, um nicht verurtheilt zu werden? oder mit anderen Worten: Was gehört zu einer wahren, VI. 4

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/67>, abgerufen am 24.04.2024.