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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.

Die Restitution wegen Abwesenheit verjährt von dem
Zeitpunkt an, mit welchem das Hinderniß der Rechtsver-
folgung aufhört (e); also in der Regel, sobald der Ab-
wesende nach seinem Wohnort zurückkehrt.

Die Restitution wegen Zwang muß nach demselben
Grundsatz verjähren von der Zeit an, in welcher der ab-
norme Zustand des Zwanges, d. h. der absichtlich erregten
Furcht, aufhört, der Verletzte also seine volle Freiheit zu
handeln wieder erlangt. Die Zweifel gegen diese Annahme
können erst bei dem Ablauf der Verjährung deutlich gemacht
werden. -- Schon hier aber ist zu bemerken, daß diese
Bestimmung von sehr geringer praktischer Erheblichkeit ist.
Denn es kann zwar leicht geschehen, daß eine einzelne,
vorübergehende Handlung durch Zwang erpreßt werde, und
darauf eben bezieht sich diese ganze Restitution. Dagegen
ist es nicht leicht denkbar, daß ein solcher Zustand so lange
fortdauere, wie es zum Ablauf der Verjährungszeit, oder
auch nur eines merklichen Theils derselben, nöthig wäre;
denn in einem solchen Zeitraum wird es fast immer dem
Bedrohten möglich seyn, richterlichen oder polizeilichen Schutz
für seine Freiheit zu finden.

Die Restitution wegen Betrugs wird auf gleiche Weise
verjähren müssen mit dem Aufhören des abnormen Zu-
standes, d. h. der Täuschung, in welche der Verletzte durch

(e) L. 1 § 1 ex quib. caus.
(4. 6), "intra annum quo primum
de ea re experiundi potestas
erit". L. 7 § 1 C. de temp.

(2. 53).
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.

Die Reſtitution wegen Abweſenheit verjährt von dem
Zeitpunkt an, mit welchem das Hinderniß der Rechtsver-
folgung aufhört (e); alſo in der Regel, ſobald der Ab-
weſende nach ſeinem Wohnort zurückkehrt.

Die Reſtitution wegen Zwang muß nach demſelben
Grundſatz verjähren von der Zeit an, in welcher der ab-
norme Zuſtand des Zwanges, d. h. der abſichtlich erregten
Furcht, aufhört, der Verletzte alſo ſeine volle Freiheit zu
handeln wieder erlangt. Die Zweifel gegen dieſe Annahme
können erſt bei dem Ablauf der Verjährung deutlich gemacht
werden. — Schon hier aber iſt zu bemerken, daß dieſe
Beſtimmung von ſehr geringer praktiſcher Erheblichkeit iſt.
Denn es kann zwar leicht geſchehen, daß eine einzelne,
vorübergehende Handlung durch Zwang erpreßt werde, und
darauf eben bezieht ſich dieſe ganze Reſtitution. Dagegen
iſt es nicht leicht denkbar, daß ein ſolcher Zuſtand ſo lange
fortdauere, wie es zum Ablauf der Verjährungszeit, oder
auch nur eines merklichen Theils derſelben, nöthig wäre;
denn in einem ſolchen Zeitraum wird es faſt immer dem
Bedrohten möglich ſeyn, richterlichen oder polizeilichen Schutz
für ſeine Freiheit zu finden.

Die Reſtitution wegen Betrugs wird auf gleiche Weiſe
verjähren müſſen mit dem Aufhören des abnormen Zu-
ſtandes, d. h. der Täuſchung, in welche der Verletzte durch

(e) L. 1 § 1 ex quib. caus.
(4. 6), „intra annum quo primum
de ea re experiundi potestas
erit“. L. 7 § 1 C. de temp.

(2. 53).
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[246/0268] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. Die Reſtitution wegen Abweſenheit verjährt von dem Zeitpunkt an, mit welchem das Hinderniß der Rechtsver- folgung aufhört (e); alſo in der Regel, ſobald der Ab- weſende nach ſeinem Wohnort zurückkehrt. Die Reſtitution wegen Zwang muß nach demſelben Grundſatz verjähren von der Zeit an, in welcher der ab- norme Zuſtand des Zwanges, d. h. der abſichtlich erregten Furcht, aufhört, der Verletzte alſo ſeine volle Freiheit zu handeln wieder erlangt. Die Zweifel gegen dieſe Annahme können erſt bei dem Ablauf der Verjährung deutlich gemacht werden. — Schon hier aber iſt zu bemerken, daß dieſe Beſtimmung von ſehr geringer praktiſcher Erheblichkeit iſt. Denn es kann zwar leicht geſchehen, daß eine einzelne, vorübergehende Handlung durch Zwang erpreßt werde, und darauf eben bezieht ſich dieſe ganze Reſtitution. Dagegen iſt es nicht leicht denkbar, daß ein ſolcher Zuſtand ſo lange fortdauere, wie es zum Ablauf der Verjährungszeit, oder auch nur eines merklichen Theils derſelben, nöthig wäre; denn in einem ſolchen Zeitraum wird es faſt immer dem Bedrohten möglich ſeyn, richterlichen oder polizeilichen Schutz für ſeine Freiheit zu finden. Die Reſtitution wegen Betrugs wird auf gleiche Weiſe verjähren müſſen mit dem Aufhören des abnormen Zu- ſtandes, d. h. der Täuſchung, in welche der Verletzte durch (e) L. 1 § 1 ex quib. caus. (4. 6), „intra annum quo primum de ea re experiundi potestas erit“. L. 7 § 1 C. de temp. (2. 53).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/268>, abgerufen am 23.04.2024.