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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
werden sollen (h); jedoch mit der Einschränkung, daß sie
von jetzt an nicht länger, als dreißig Jahre, dauern dürfen,
wenn ihnen etwa das alte Gesetz eine längere Dauer an-
weisen möchte. -- Die hier aufgestellte Regel ist nach den
oben entwickelten Grundsätzen nicht zu rechtfertigen. Sie
enthält gerade das Gegentheil von rückwirkender Kraft, in-
dem sie dem neuen Gesetz weniger Wirksamkeit einräumt,
als ihm grundsätzlich zukommt; augenscheinlich in der Ab-
sicht, hierin auch schon bloße Erwartungen zu schützen. Eine
Härte oder Ungerechtigkeit kann darin allerdings nicht ge-
funden werden.

Das Einführungspatent des Oesterreichischen Gesetzbuchs
stellt dieselbe Regel auf, wie das Französische Recht, daß
die angefangenen Verjährungen nach den älteren Gesetzen
zu beurtheilen seyen. Daneben aber verordnet es, nicht
ganz passend, für die Fälle, worin das Gesetzbuch eine
kürzere Verjährung vorschreibe, als die bisher geltende, das-
jenige Wahlrecht, welches so eben in der Preußischen Ge-
setzgebung nachgewiesen worden ist.


(h) Code civil art. 2181. "Les prescriptions, commencees
a l'epoque de la publication du present titre, seront reglees
conformement aux lois anciennes."

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
werden ſollen (h); jedoch mit der Einſchränkung, daß ſie
von jetzt an nicht länger, als dreißig Jahre, dauern dürfen,
wenn ihnen etwa das alte Geſetz eine längere Dauer an-
weiſen möchte. — Die hier aufgeſtellte Regel iſt nach den
oben entwickelten Grundſätzen nicht zu rechtfertigen. Sie
enthält gerade das Gegentheil von rückwirkender Kraft, in-
dem ſie dem neuen Geſetz weniger Wirkſamkeit einräumt,
als ihm grundſätzlich zukommt; augenſcheinlich in der Ab-
ſicht, hierin auch ſchon bloße Erwartungen zu ſchützen. Eine
Härte oder Ungerechtigkeit kann darin allerdings nicht ge-
funden werden.

Das Einführungspatent des Oeſterreichiſchen Geſetzbuchs
ſtellt dieſelbe Regel auf, wie das Franzöſiſche Recht, daß
die angefangenen Verjährungen nach den älteren Geſetzen
zu beurtheilen ſeyen. Daneben aber verordnet es, nicht
ganz paſſend, für die Fälle, worin das Geſetzbuch eine
kürzere Verjährung vorſchreibe, als die bisher geltende, das-
jenige Wahlrecht, welches ſo eben in der Preußiſchen Ge-
ſetzgebung nachgewieſen worden iſt.


(h) Code civil art. 2181. „Les prescriptions, commencées
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[434/0456] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen. werden ſollen (h); jedoch mit der Einſchränkung, daß ſie von jetzt an nicht länger, als dreißig Jahre, dauern dürfen, wenn ihnen etwa das alte Geſetz eine längere Dauer an- weiſen möchte. — Die hier aufgeſtellte Regel iſt nach den oben entwickelten Grundſätzen nicht zu rechtfertigen. Sie enthält gerade das Gegentheil von rückwirkender Kraft, in- dem ſie dem neuen Geſetz weniger Wirkſamkeit einräumt, als ihm grundſätzlich zukommt; augenſcheinlich in der Ab- ſicht, hierin auch ſchon bloße Erwartungen zu ſchützen. Eine Härte oder Ungerechtigkeit kann darin allerdings nicht ge- funden werden. Das Einführungspatent des Oeſterreichiſchen Geſetzbuchs ſtellt dieſelbe Regel auf, wie das Franzöſiſche Recht, daß die angefangenen Verjährungen nach den älteren Geſetzen zu beurtheilen ſeyen. Daneben aber verordnet es, nicht ganz paſſend, für die Fälle, worin das Geſetzbuch eine kürzere Verjährung vorſchreibe, als die bisher geltende, das- jenige Wahlrecht, welches ſo eben in der Preußiſchen Ge- ſetzgebung nachgewieſen worden iſt. (h) Code civil art. 2181. „Les prescriptions, commencées à l’époque de la publication du présent titre, seront réglées conformément aux lois anciennes.“

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/456>, abgerufen am 28.03.2024.