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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht.
§. 392.
A. Erwerb der Rechte. -- Anwendungen.
III. Obligationenrecht.

Im Obligationenrecht kommt der aufgestellte Grundsatz
zu eben so allgemeiner Anwendung, wie im Sachenrecht.
Vorzüglich häufig findet sich diese Anwendung bei den
Verträgen.

Das Recht eines Vertrages also ist stets zu beurtheilen
nach dem Gesetz, welches zur Zeit des geschlossenen Ver-
trages bestand.

Diese Regel ist anwendbar auf die persönliche Hand-
lungsfähigkeit, so wie auf die Form des Vertrages (§ 388).
Sie ist anwendbar auf die Bedingungen der Gültigkeit
des Vertrages. Ferner auf die Art und den Grad seiner
Wirksamkeit. Endlich auch auf die Ungültigkeit, Anfech-
tung, Entkräftung eines Vertrages, ohne Unterschied, ob
diese Gegenwirkung durch Klage oder durch Einrede ver-
sucht werden möge.

Der Anspruch auf die fortdauernde Wirksamkeit aller,
diese verschiedenen Fragen betreffenden, Rechtsregeln, unab-
hängig von jeder möglichen neuen Gesetzgebung, ist beiden
Parteien durch den Abschluß des Vertrages erworben. Er
bildet ein erworbenes Recht, welches in Folge unseres
Grundsatzes aufrecht erhalten werden muß, jedem neuen
Gesetz gegenüber.

Dieser Satz ist auch anwendbar auf die Verträge,

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§. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht.
§. 392.
A. Erwerb der Rechte. — Anwendungen.
III. Obligationenrecht.

Im Obligationenrecht kommt der aufgeſtellte Grundſatz
zu eben ſo allgemeiner Anwendung, wie im Sachenrecht.
Vorzüglich häufig findet ſich dieſe Anwendung bei den
Verträgen.

Das Recht eines Vertrages alſo iſt ſtets zu beurtheilen
nach dem Geſetz, welches zur Zeit des geſchloſſenen Ver-
trages beſtand.

Dieſe Regel iſt anwendbar auf die perſönliche Hand-
lungsfähigkeit, ſo wie auf die Form des Vertrages (§ 388).
Sie iſt anwendbar auf die Bedingungen der Gültigkeit
des Vertrages. Ferner auf die Art und den Grad ſeiner
Wirkſamkeit. Endlich auch auf die Ungültigkeit, Anfech-
tung, Entkräftung eines Vertrages, ohne Unterſchied, ob
dieſe Gegenwirkung durch Klage oder durch Einrede ver-
ſucht werden möge.

Der Anſpruch auf die fortdauernde Wirkſamkeit aller,
dieſe verſchiedenen Fragen betreffenden, Rechtsregeln, unab-
hängig von jeder möglichen neuen Geſetzgebung, iſt beiden
Parteien durch den Abſchluß des Vertrages erworben. Er
bildet ein erworbenes Recht, welches in Folge unſeres
Grundſatzes aufrecht erhalten werden muß, jedem neuen
Geſetz gegenüber.

Dieſer Satz iſt auch anwendbar auf die Verträge,

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[435/0457] §. 392. A. Erwerb der Rechte. Anwendungen. III. Obligationenrecht. §. 392. A. Erwerb der Rechte. — Anwendungen. III. Obligationenrecht. Im Obligationenrecht kommt der aufgeſtellte Grundſatz zu eben ſo allgemeiner Anwendung, wie im Sachenrecht. Vorzüglich häufig findet ſich dieſe Anwendung bei den Verträgen. Das Recht eines Vertrages alſo iſt ſtets zu beurtheilen nach dem Geſetz, welches zur Zeit des geſchloſſenen Ver- trages beſtand. Dieſe Regel iſt anwendbar auf die perſönliche Hand- lungsfähigkeit, ſo wie auf die Form des Vertrages (§ 388). Sie iſt anwendbar auf die Bedingungen der Gültigkeit des Vertrages. Ferner auf die Art und den Grad ſeiner Wirkſamkeit. Endlich auch auf die Ungültigkeit, Anfech- tung, Entkräftung eines Vertrages, ohne Unterſchied, ob dieſe Gegenwirkung durch Klage oder durch Einrede ver- ſucht werden möge. Der Anſpruch auf die fortdauernde Wirkſamkeit aller, dieſe verſchiedenen Fragen betreffenden, Rechtsregeln, unab- hängig von jeder möglichen neuen Geſetzgebung, iſt beiden Parteien durch den Abſchluß des Vertrages erworben. Er bildet ein erworbenes Recht, welches in Folge unſeres Grundſatzes aufrecht erhalten werden muß, jedem neuen Geſetz gegenüber. Dieſer Satz iſt auch anwendbar auf die Verträge, 28*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/457>, abgerufen am 28.03.2024.