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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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eine unterbrochene Mahnung und Aufforderung sein, innerlich ein anderer und besserer Mensch zu werden, das bei der Aufnahme in den Orden abgelegte Gelübde durch die Reinheit und Heiligkeit seiner Gedanken, Worte und Werke zu erfüllen. In den höhern Graden der Maurerei, in der ritterlichen Maurerei, also namentlich in der stricten Observanz und in dem rectificirten Systeme derselben, trugen und tragen in dem bezeichneten Sinne die Mitglieder gleichfalls besondere Ordensnamen, wie dieses bekanntlich auch bei den Illuminanten der Fall gewesen.

Die neue weisse Kleidung und der neue Name als Symbole der angestrebten sittlichen und geistigen Neugeburt der Aufzunehmenden ergaben sich in den Mysterien und den daraus hervorgegangenen Verbindungen natürlich oder von selbst aus dem Naturereignisse, aus dem Naturfeste oder der Jahresfeier, woran die ganze Aufnahme angelehnt war. Der Aufzunehmende wird als ein Bild der im Winterschlafe befangenen Natur, der im Winter entfernten und erstorbenen Sonne und Sonnenkraft in das Grab gelegt und soll gleich der wiederkehrenden Frühlingssonne, gleich der neu aufkeimenden und aufblühenden Frühlingserde, sich mit neuem Lichte, mit neuer Pracht und Kraft, mit dem Kleide der neu strahlenden Sonne und der wieder blühenden Blumen aus dem Grabe erheben. Beerdigt wird der todte Winter, die durch den Winter getödtete Natur, die abgestorbene Sonne; aus dem Grabe aufersteht der blühende Frühling, die wieder auflebende Frühlingserde, die zurückkehrende und neues Leben gewinnende Sonne. Die Aufnahme ist ein Frühlingsfest, das Fest des wiedererwachenden Frühlings, das Fest der nie ersterbenden und ewig sich verjüngenden Naturkraft; die Aufnahme ist in der That und Wahrheit ein Osterfest, das Fest der Wiederauferstehung der Natur und des Geistes. Das verlorne Meisterwort ist zunächst die im Herbst und Winter ersterbeilde und erstorbene Natur- und Sonnenkraft, welche im Frühlinge schöner und mächtiger wiederkehren und neues Leben über die ganze Erde ausgiessen wird.

Das verlorne Meisterwort, welches wieder gefunden werden muss, ist der erschlagene Meister, die geschwundene

eine unterbrochene Mahnung und Aufforderung sein, innerlich ein anderer und besserer Mensch zu werden, das bei der Aufnahme in den Orden abgelegte Gelübde durch die Reinheit und Heiligkeit seiner Gedanken, Worte und Werke zu erfüllen. In den höhern Graden der Maurerei, in der ritterlichen Maurerei, also namentlich in der stricten Observanz und in dem rectificirten Systeme derselben, trugen und tragen in dem bezeichneten Sinne die Mitglieder gleichfalls besondere Ordensnamen, wie dieses bekanntlich auch bei den Illuminanten der Fall gewesen.

Die neue weisse Kleidung und der neue Name als Symbole der angestrebten sittlichen und geistigen Neugeburt der Aufzunehmenden ergaben sich in den Mysterien und den daraus hervorgegangenen Verbindungen natürlich oder von selbst aus dem Naturereignisse, aus dem Naturfeste oder der Jahresfeier, woran die ganze Aufnahme angelehnt war. Der Aufzunehmende wird als ein Bild der im Winterschlafe befangenen Natur, der im Winter entfernten und erstorbenen Sonne und Sonnenkraft in das Grab gelegt und soll gleich der wiederkehrenden Frühlingssonne, gleich der neu aufkeimenden und aufblühenden Frühlingserde, sich mit neuem Lichte, mit neuer Pracht und Kraft, mit dem Kleide der neu strahlenden Sonne und der wieder blühenden Blumen aus dem Grabe erheben. Beerdigt wird der todte Winter, die durch den Winter getödtete Natur, die abgestorbene Sonne; aus dem Grabe aufersteht der blühende Frühling, die wieder auflebende Frühlingserde, die zurückkehrende und neues Leben gewinnende Sonne. Die Aufnahme ist ein Frühlingsfest, das Fest des wiedererwachenden Frühlings, das Fest der nie ersterbenden und ewig sich verjüngenden Naturkraft; die Aufnahme ist in der That und Wahrheit ein Osterfest, das Fest der Wiederauferstehung der Natur und des Geistes. Das verlorne Meisterwort ist zunächst die im Herbst und Winter ersterbeilde und erstorbene Natur- und Sonnenkraft, welche im Frühlinge schöner und mächtiger wiederkehren und neues Leben über die ganze Erde ausgiessen wird.

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eine unterbrochene Mahnung und Aufforderung sein, innerlich ein anderer und besserer Mensch zu werden, das bei der Aufnahme in den Orden abgelegte Gelübde durch die Reinheit und Heiligkeit seiner Gedanken, Worte und Werke zu erfüllen. In den höhern Graden der Maurerei, in der ritterlichen Maurerei, also namentlich in der stricten Observanz und in dem rectificirten Systeme derselben, trugen und tragen in dem bezeichneten Sinne die Mitglieder gleichfalls besondere Ordensnamen, wie dieses bekanntlich auch bei den Illuminanten der Fall gewesen.</p>
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 Die neue weisse Kleidung und der neue Name als Symbole der angestrebten sittlichen und geistigen Neugeburt der Aufzunehmenden ergaben sich in den Mysterien und den daraus hervorgegangenen Verbindungen natürlich oder von selbst aus dem Naturereignisse, aus dem Naturfeste oder der Jahresfeier, woran die ganze Aufnahme angelehnt war. Der Aufzunehmende wird als ein Bild der im Winterschlafe befangenen Natur, der im Winter entfernten und erstorbenen Sonne und Sonnenkraft in das Grab gelegt und soll gleich der wiederkehrenden Frühlingssonne, gleich der neu aufkeimenden und aufblühenden Frühlingserde, sich mit neuem Lichte, mit neuer Pracht und Kraft, mit dem Kleide der neu strahlenden Sonne und der wieder blühenden Blumen aus dem Grabe erheben. Beerdigt wird der todte Winter, die durch den Winter getödtete Natur, die abgestorbene Sonne; aus dem Grabe aufersteht der blühende Frühling, die wieder auflebende Frühlingserde, die zurückkehrende und neues Leben gewinnende Sonne. Die Aufnahme ist ein Frühlingsfest, das Fest des wiedererwachenden Frühlings, das Fest der nie ersterbenden und ewig sich verjüngenden Naturkraft; die Aufnahme ist in der That und Wahrheit ein Osterfest, das Fest der Wiederauferstehung der Natur und des Geistes. Das verlorne Meisterwort ist zunächst die im Herbst und Winter ersterbeilde und erstorbene Natur- und Sonnenkraft, welche im Frühlinge schöner und mächtiger wiederkehren und neues Leben über die ganze Erde ausgiessen wird.</p>
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[122/0142] eine unterbrochene Mahnung und Aufforderung sein, innerlich ein anderer und besserer Mensch zu werden, das bei der Aufnahme in den Orden abgelegte Gelübde durch die Reinheit und Heiligkeit seiner Gedanken, Worte und Werke zu erfüllen. In den höhern Graden der Maurerei, in der ritterlichen Maurerei, also namentlich in der stricten Observanz und in dem rectificirten Systeme derselben, trugen und tragen in dem bezeichneten Sinne die Mitglieder gleichfalls besondere Ordensnamen, wie dieses bekanntlich auch bei den Illuminanten der Fall gewesen. Die neue weisse Kleidung und der neue Name als Symbole der angestrebten sittlichen und geistigen Neugeburt der Aufzunehmenden ergaben sich in den Mysterien und den daraus hervorgegangenen Verbindungen natürlich oder von selbst aus dem Naturereignisse, aus dem Naturfeste oder der Jahresfeier, woran die ganze Aufnahme angelehnt war. Der Aufzunehmende wird als ein Bild der im Winterschlafe befangenen Natur, der im Winter entfernten und erstorbenen Sonne und Sonnenkraft in das Grab gelegt und soll gleich der wiederkehrenden Frühlingssonne, gleich der neu aufkeimenden und aufblühenden Frühlingserde, sich mit neuem Lichte, mit neuer Pracht und Kraft, mit dem Kleide der neu strahlenden Sonne und der wieder blühenden Blumen aus dem Grabe erheben. Beerdigt wird der todte Winter, die durch den Winter getödtete Natur, die abgestorbene Sonne; aus dem Grabe aufersteht der blühende Frühling, die wieder auflebende Frühlingserde, die zurückkehrende und neues Leben gewinnende Sonne. Die Aufnahme ist ein Frühlingsfest, das Fest des wiedererwachenden Frühlings, das Fest der nie ersterbenden und ewig sich verjüngenden Naturkraft; die Aufnahme ist in der That und Wahrheit ein Osterfest, das Fest der Wiederauferstehung der Natur und des Geistes. Das verlorne Meisterwort ist zunächst die im Herbst und Winter ersterbeilde und erstorbene Natur- und Sonnenkraft, welche im Frühlinge schöner und mächtiger wiederkehren und neues Leben über die ganze Erde ausgiessen wird. Das verlorne Meisterwort, welches wieder gefunden werden muss, ist der erschlagene Meister, die geschwundene

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/142>, abgerufen am 25.04.2024.