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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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Ende erfasst und so weder Anfang noch Ende darbietet. Das Symbol ist darin von der höchsten Bedeutung, weil es den erhabensten Begriff der Gottheit des einzigen ewigen Gottes in sich schliesst und von ihm die schönen Worte der indischen Bagavad-Gita gelten.

Nicht Ende, noch Mitte, noch irgend Anfang dir
schau ich, Allherrscher, Allgestaltiger.

In verwandtem Sinne beginnen die Vedas mit den Worten: "Es gibt nur einen einigen Gott, Brahma, allmächtig, ewig, allgegenwärtig, die grosse Seele, von welcher alle übrigen Götter nur Theile sind." - Bei den Indern erscheint der Ring der Ewigkeit zugleich besonders in der Gestalt der Perlenschnur der Welten, welche die Götter in der Hand tragen, wie darauf auch das Perlenhalsband der Götter und Göttinnen zu beziehen ist. Bei den Parsen der späteren Zeit ist derselbe Gottesbegriff ausgedrückt in Zaruana akarana oder Zervane akarene, die unerschaffene Zeit, welche im Urbeginn der Wesen Ormuzd und Ahriman erschaffen hat und wodurch der ursprünglich dem Parsismus zu Grunde liegende Dualismus des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen in einem höheren Begriff versöhnt und vereinigt werden sollte.1) Diesem parsisischen Gottesbegriffe der unerschaffenen und anfanglosen Zeit als dem Schöpfer von Ormuzd und Ahriman entspricht vollkommen die Trimurti der Griechen oder Kronos, die Zeit, welcher aus dem Chaos den Aether (den Tag, das Licht, Ormuzd) und Erebos (die Nacht, die Finsterniss, Ahriman) erschuf. In der Monatsschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, 1856, S. 283, leitet Hitzig zarvan von demselben Sanskritstamme ab wie [fremdsprachliches Material]. Die Aegypter haben nach den Ausführungen von Röth Geschichte unserer abendländischen Philosophie, I. S. 131 ff., eine vierfache Urgottheit, nämlich 1.) den Urgeist Kneph, der als Glied der verborgenen Urgottheit auch häufig Amun (der Verborgene) -Kneph, der verborgene Geist genannt wird; 2.) die Neith,

1) Vergl. Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 170 und S. 348

Ende erfasst und so weder Anfang noch Ende darbietet. Das Symbol ist darin von der höchsten Bedeutung, weil es den erhabensten Begriff der Gottheit des einzigen ewigen Gottes in sich schliesst und von ihm die schönen Worte der indischen Bagavad-Gítá gelten.

Nicht Ende, noch Mitte, noch irgend Anfang dir
schau ich, Allherrscher, Allgestaltiger.

In verwandtem Sinne beginnen die Vêdas mit den Worten: „Es gibt nur einen einigen Gott, Brahma, allmächtig, ewig, allgegenwärtig, die grosse Seele, von welcher alle übrigen Götter nur Theile sind.“ – Bei den Indern erscheint der Ring der Ewigkeit zugleich besonders in der Gestalt der Perlenschnur der Welten, welche die Götter in der Hand tragen, wie darauf auch das Perlenhalsband der Götter und Göttinnen zu beziehen ist. Bei den Parsen der späteren Zeit ist derselbe Gottesbegriff ausgedrückt in Zaruana akarana oder Zervane akarene, die unerschaffene Zeit, welche im Urbeginn der Wesen Ormuzd und Ahriman erschaffen hat und wodurch der ursprünglich dem Parsismus zu Grunde liegende Dualismus des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen in einem höheren Begriff versöhnt und vereinigt werden sollte.1) Diesem parsisischen Gottesbegriffe der unerschaffenen und anfanglosen Zeit als dem Schöpfer von Ormuzd und Ahriman entspricht vollkommen die Trimurti der Griechen oder Kronos, die Zeit, welcher aus dem Chaos den Aether (den Tag, das Licht, Ormuzd) und Erebos (die Nacht, die Finsterniss, Ahriman) erschuf. In der Monatsschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, 1856, S. 283, leitet Hitzig zarvan von demselben Sanskritstamme ab wie [fremdsprachliches Material]. Die Aegypter haben nach den Ausführungen von Röth Geschichte unserer abendländischen Philosophie, I. S. 131 ff., eine vierfache Urgottheit, nämlich 1.) den Urgeist Kneph, der als Glied der verborgenen Urgottheit auch häufig Amun (der Verborgene) –Kneph, der verborgene Geist genannt wird; 2.) die Neith,

1) Vergl. Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 170 und S. 348
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[65/0085] Ende erfasst und so weder Anfang noch Ende darbietet. Das Symbol ist darin von der höchsten Bedeutung, weil es den erhabensten Begriff der Gottheit des einzigen ewigen Gottes in sich schliesst und von ihm die schönen Worte der indischen Bagavad-Gítá gelten. Nicht Ende, noch Mitte, noch irgend Anfang dir schau ich, Allherrscher, Allgestaltiger. In verwandtem Sinne beginnen die Vêdas mit den Worten: „Es gibt nur einen einigen Gott, Brahma, allmächtig, ewig, allgegenwärtig, die grosse Seele, von welcher alle übrigen Götter nur Theile sind.“ – Bei den Indern erscheint der Ring der Ewigkeit zugleich besonders in der Gestalt der Perlenschnur der Welten, welche die Götter in der Hand tragen, wie darauf auch das Perlenhalsband der Götter und Göttinnen zu beziehen ist. Bei den Parsen der späteren Zeit ist derselbe Gottesbegriff ausgedrückt in Zaruana akarana oder Zervane akarene, die unerschaffene Zeit, welche im Urbeginn der Wesen Ormuzd und Ahriman erschaffen hat und wodurch der ursprünglich dem Parsismus zu Grunde liegende Dualismus des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen in einem höheren Begriff versöhnt und vereinigt werden sollte. 1) Diesem parsisischen Gottesbegriffe der unerschaffenen und anfanglosen Zeit als dem Schöpfer von Ormuzd und Ahriman entspricht vollkommen die Trimurti der Griechen oder Kronos, die Zeit, welcher aus dem Chaos den Aether (den Tag, das Licht, Ormuzd) und Erebos (die Nacht, die Finsterniss, Ahriman) erschuf. In der Monatsschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, 1856, S. 283, leitet Hitzig zarvan von demselben Sanskritstamme ab wie _ . Die Aegypter haben nach den Ausführungen von Röth Geschichte unserer abendländischen Philosophie, I. S. 131 ff., eine vierfache Urgottheit, nämlich 1.) den Urgeist Kneph, der als Glied der verborgenen Urgottheit auch häufig Amun (der Verborgene) –Kneph, der verborgene Geist genannt wird; 2.) die Neith, 1) Vergl. Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 170 und S. 348

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/85>, abgerufen am 29.03.2024.