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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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schen Säule gemacht hat, dass um einen zufällig bei einem Grabmale zu Korinth stehen gebliebenen und mit einem Ziegelstücke zugedeckten Korb sich im Frühjahre eine Akanthuspflanze herumgerankt und herumgesenkt habe,1) und dann von dem atheniensischen Bildhauer Kallimachus als Vorbild zu einem Säulencapitäl benützt worden sei. Für die Vermuthung von Uhlemann könnte und dürfte vielleicht angeführt werden, dass in Griechenland die korinthische Säulenordnung jedenfalls der Zeit nach die letzte und jüngste ist; noch später aber ist natürlich die daraus hervorgegangene oder damit zusammengesetzte römische Säule.2) Nach Stieglitz, S. 45, gebrauchte Skopas in der 96. Olympiade in der Zelle des Tempels der Athene zu Tegea korinthische Säulen, und da Pausanias VIII. 45 keiner ältern Tempel erwähne, wobei diese Säulenart vorkomme, sei es wahrscheinlich, dass sie ungefähr um diese Zeit sei erfunden worden.3) Schnaase, II. S. 255, ist der Ansicht, es möge der Tempel zu Tegea die erste Anwendung der korinthischen Säule in ganzen Reihen gewesen sein.

Bezüglich der Tempel, der heiligen Gebäude, des heiligen Baustyls sind die Griechen nicht die Schüler und Nachahmer der Aegypter, sondern sie entlehnten von den Aegyptern einzig den Steinbau als solchen, das darauf bezügliche Technische, die Kunst des Steinwerkes, um sich Tempel in ihrem Geiste und in ihrem Sinne aus Steinen erbauen zu können. Vergleicht man den heiligen Baustyl der Aegypter (und der Inder) mit demjeingen der Griechen, ergeben sich sofort nicht blos auffallende Unterschiede, sondern ganz entgegengesetzte Grundsätze. Die Aegypter verbergen das Gottesbild in dem tiefsten und engsten Dunkel und ihr Allerheiligstes ist eine unnahbare, abgeschlossene, enge und dunkele Stätte, wie es in Nachahmung des ägyptischen Vorbildes das Allerheiligste

1) Stieglitz, S. 53.
2) Vergl. Stieglitz, S. 55 ff.
3) Ueber die Anwendung des ionischen Styls zu Athen siehe Schnaase, II. S. 247, vergl. mit S. 190.

schen Säule gemacht hat, dass um einen zufällig bei einem Grabmale zu Korinth stehen gebliebenen und mit einem Ziegelstücke zugedeckten Korb sich im Frühjahre eine Akanthuspflanze herumgerankt und herumgesenkt habe,1) und dann von dem atheniensischen Bildhauer Kallimachus als Vorbild zu einem Säulencapitäl benützt worden sei. Für die Vermuthung von Uhlemann könnte und dürfte vielleicht angeführt werden, dass in Griechenland die korinthische Säulenordnung jedenfalls der Zeit nach die letzte und jüngste ist; noch später aber ist natürlich die daraus hervorgegangene oder damit zusammengesetzte römische Säule.2) Nach Stieglitz, S. 45, gebrauchte Skopas in der 96. Olympiade in der Zelle des Tempels der Athene zu Tegea korinthische Säulen, und da Pausanias VIII. 45 keiner ältern Tempel erwähne, wobei diese Säulenart vorkomme, sei es wahrscheinlich, dass sie ungefähr um diese Zeit sei erfunden worden.3) Schnaase, II. S. 255, ist der Ansicht, es möge der Tempel zu Tegea die erste Anwendung der korinthischen Säule in ganzen Reihen gewesen sein.

Bezüglich der Tempel, der heiligen Gebäude, des heiligen Baustyls sind die Griechen nicht die Schüler und Nachahmer der Aegypter, sondern sie entlehnten von den Aegyptern einzig den Steinbau als solchen, das darauf bezügliche Technische, die Kunst des Steinwerkes, um sich Tempel in ihrem Geiste und in ihrem Sinne aus Steinen erbauen zu können. Vergleicht man den heiligen Baustyl der Aegypter (und der Inder) mit demjeingen der Griechen, ergeben sich sofort nicht blos auffallende Unterschiede, sondern ganz entgegengesetzte Grundsätze. Die Aegypter verbergen das Gottesbild in dem tiefsten und engsten Dunkel und ihr Allerheiligstes ist eine unnahbare, abgeschlossene, enge und dunkele Stätte, wie es in Nachahmung des ägyptischen Vorbildes das Allerheiligste

1) Stieglitz, S. 53.
2) Vergl. Stieglitz, S. 55 ff.
3) Ueber die Anwendung des ionischen Styls zu Athen siehe Schnaase, II. S. 247, vergl. mit S. 190.
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[24/0044] schen Säule gemacht hat, dass um einen zufällig bei einem Grabmale zu Korinth stehen gebliebenen und mit einem Ziegelstücke zugedeckten Korb sich im Frühjahre eine Akanthuspflanze herumgerankt und herumgesenkt habe, 1) und dann von dem atheniensischen Bildhauer Kallimachus als Vorbild zu einem Säulencapitäl benützt worden sei. Für die Vermuthung von Uhlemann könnte und dürfte vielleicht angeführt werden, dass in Griechenland die korinthische Säulenordnung jedenfalls der Zeit nach die letzte und jüngste ist; noch später aber ist natürlich die daraus hervorgegangene oder damit zusammengesetzte römische Säule. 2) Nach Stieglitz, S. 45, gebrauchte Skopas in der 96. Olympiade in der Zelle des Tempels der Athene zu Tegea korinthische Säulen, und da Pausanias VIII. 45 keiner ältern Tempel erwähne, wobei diese Säulenart vorkomme, sei es wahrscheinlich, dass sie ungefähr um diese Zeit sei erfunden worden. 3) Schnaase, II. S. 255, ist der Ansicht, es möge der Tempel zu Tegea die erste Anwendung der korinthischen Säule in ganzen Reihen gewesen sein. Bezüglich der Tempel, der heiligen Gebäude, des heiligen Baustyls sind die Griechen nicht die Schüler und Nachahmer der Aegypter, sondern sie entlehnten von den Aegyptern einzig den Steinbau als solchen, das darauf bezügliche Technische, die Kunst des Steinwerkes, um sich Tempel in ihrem Geiste und in ihrem Sinne aus Steinen erbauen zu können. Vergleicht man den heiligen Baustyl der Aegypter (und der Inder) mit demjeingen der Griechen, ergeben sich sofort nicht blos auffallende Unterschiede, sondern ganz entgegengesetzte Grundsätze. Die Aegypter verbergen das Gottesbild in dem tiefsten und engsten Dunkel und ihr Allerheiligstes ist eine unnahbare, abgeschlossene, enge und dunkele Stätte, wie es in Nachahmung des ägyptischen Vorbildes das Allerheiligste 1) Stieglitz, S. 53. 2) Vergl. Stieglitz, S. 55 ff. 3) Ueber die Anwendung des ionischen Styls zu Athen siehe Schnaase, II. S. 247, vergl. mit S. 190.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/44>, abgerufen am 23.04.2024.