Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.Des Königs Söhnlein Gunther war noch zu schwach und klein, Noch lag's an Mutterbrüsten, das mocht nicht Geisel sein; Doch war des Königs Vetter, Herr Hagen hochgemuth Von Trojer Heldenstamm ein adlich junges Blut. Sie richteten viel Schätze und fassen drauf den Schluß, Daß der als Pfand des Friedens zu Etzel ziehen muß. Zur Zeit als dies geschah, da trug mit fester Hand Den Scepter König Herrich in der Burgunden Land. Ihm wuchs die einzige Tochter, benamst jung Hildegund, Die war der Mägdlein schönstes im weiten Reich Burgund. Die sollt als Erbin einst, dem Volk zu Nutz und Segen So Gott es fügen wollt, der alten Herrschaft pflegen. Derweil nun mit den Franken der Friede gefestigt war So rückt' auf Herrich's Grenzmark der Hunnen kampfliche Schaar. Voraus mit flinkem Zügel lenkt' König Etzel sein Roß, Ihm folgt' in gleichem Schritte der Heeresfürsten Troß. Von Rosseshuf zerstampft die Erde gab seufzenden Schall, Die zage Luft durchtönte Schildklirren als Wiederhall. Im Blachfeld funkelte ein eherner Lanzenwald Wie wenn die Frührothsonne auf thauige Wiesen strahlt, Und so ein Berg sich thürmte: er wurde überklommen, Die Saone und die Rhone: es wurde durchgeschwommen. Des Königs Söhnlein Gunther war noch zu ſchwach und klein, Noch lag's an Mutterbrüſten, das mocht nicht Geiſel ſein; Doch war des Königs Vetter, Herr Hagen hochgemuth Von Trojer Heldenſtamm ein adlich junges Blut. Sie richteten viel Schätze und faſſen drauf den Schluß, Daß der als Pfand des Friedens zu Etzel ziehen muß. Zur Zeit als dies geſchah, da trug mit feſter Hand Den Scepter König Herrich in der Burgunden Land. Ihm wuchs die einzige Tochter, benamst jung Hildegund, Die war der Mägdlein ſchönſtes im weiten Reich Burgund. Die ſollt als Erbin einſt, dem Volk zu Nutz und Segen So Gott es fügen wollt, der alten Herrſchaft pflegen. Derweil nun mit den Franken der Friede gefeſtigt war So rückt' auf Herrich's Grenzmark der Hunnen kampfliche Schaar. Voraus mit flinkem Zügel lenkt' König Etzel ſein Roß, Ihm folgt' in gleichem Schritte der Heeresfürſten Troß. Von Roſſeshuf zerſtampft die Erde gab ſeufzenden Schall, Die zage Luft durchtönte Schildklirren als Wiederhall. Im Blachfeld funkelte ein eherner Lanzenwald Wie wenn die Frührothſonne auf thauige Wieſen ſtrahlt, Und ſo ein Berg ſich thürmte: er wurde überklommen, Die Saone und die Rhone: es wurde durchgeſchwommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0371" n="349"/> <lg n="4"> <l>Des Königs Söhnlein Gunther war noch zu ſchwach und klein,</l><lb/> <l>Noch lag's an Mutterbrüſten, das mocht nicht Geiſel ſein;</l><lb/> <l>Doch war des Königs Vetter, Herr Hagen hochgemuth</l><lb/> <l>Von Trojer Heldenſtamm ein adlich junges Blut.</l><lb/> <l>Sie richteten viel Schätze und faſſen drauf den Schluß,</l><lb/> <l>Daß der als Pfand des Friedens zu Etzel ziehen muß.</l> </lg> </lg><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">Z</hi>ur Zeit als dies geſchah, da trug mit feſter Hand</l><lb/> <l>Den Scepter König Herrich in der Burgunden Land.</l><lb/> <l>Ihm wuchs die einzige Tochter, benamst jung Hildegund,</l><lb/> <l>Die war der Mägdlein ſchönſtes im weiten Reich Burgund.</l><lb/> <l>Die ſollt als Erbin einſt, dem Volk zu Nutz und Segen</l><lb/> <l>So Gott es fügen wollt, der alten Herrſchaft pflegen.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Derweil nun mit den Franken der Friede gefeſtigt war</l><lb/> <l>So rückt' auf Herrich's Grenzmark der Hunnen kampfliche Schaar.</l><lb/> <l>Voraus mit flinkem Zügel lenkt' König Etzel ſein Roß,</l><lb/> <l>Ihm folgt' in gleichem Schritte der Heeresfürſten Troß.</l><lb/> <l>Von Roſſeshuf zerſtampft die Erde gab ſeufzenden Schall,</l><lb/> <l>Die zage Luft durchtönte Schildklirren als Wiederhall.</l><lb/> <l>Im Blachfeld funkelte ein eherner Lanzenwald</l><lb/> <l>Wie wenn die Frührothſonne auf thauige Wieſen ſtrahlt,</l><lb/> <l>Und ſo ein Berg ſich thürmte: er wurde überklommen,</l><lb/> <l>Die Saone und die Rhone: es wurde durchgeſchwommen.</l> </lg><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [349/0371]
Des Königs Söhnlein Gunther war noch zu ſchwach und klein,
Noch lag's an Mutterbrüſten, das mocht nicht Geiſel ſein;
Doch war des Königs Vetter, Herr Hagen hochgemuth
Von Trojer Heldenſtamm ein adlich junges Blut.
Sie richteten viel Schätze und faſſen drauf den Schluß,
Daß der als Pfand des Friedens zu Etzel ziehen muß.
Zur Zeit als dies geſchah, da trug mit feſter Hand
Den Scepter König Herrich in der Burgunden Land.
Ihm wuchs die einzige Tochter, benamst jung Hildegund,
Die war der Mägdlein ſchönſtes im weiten Reich Burgund.
Die ſollt als Erbin einſt, dem Volk zu Nutz und Segen
So Gott es fügen wollt, der alten Herrſchaft pflegen.
Derweil nun mit den Franken der Friede gefeſtigt war
So rückt' auf Herrich's Grenzmark der Hunnen kampfliche Schaar.
Voraus mit flinkem Zügel lenkt' König Etzel ſein Roß,
Ihm folgt' in gleichem Schritte der Heeresfürſten Troß.
Von Roſſeshuf zerſtampft die Erde gab ſeufzenden Schall,
Die zage Luft durchtönte Schildklirren als Wiederhall.
Im Blachfeld funkelte ein eherner Lanzenwald
Wie wenn die Frührothſonne auf thauige Wieſen ſtrahlt,
Und ſo ein Berg ſich thürmte: er wurde überklommen,
Die Saone und die Rhone: es wurde durchgeſchwommen.
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