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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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Deschanel, Physiologie des ecrivains et des artistes psc_179.002
(Paris 1864).

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Sein Versuch eines Schemas ist in den Gesichtspuncten psc_179.004
enthalten, die er als Kapitelüberschriften benutzt: le siecle; psc_179.005
le climat; le sol; la race (le genie des nations
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begabte Völker! man könnte aber doch fragen: was psc_179.007
ist an Goethe deutsch?); le sexe; l'age; le temperament; psc_179.008
le caractere, la profession; l'heredite physique et psc_179.009
morale
(Goethes Verschen über seine Familie: "was ist psc_179.010
denn an dem ganzen Wicht Original zu nennen?"); la sante psc_179.011
(Einfluß dauernder Krankheit oder auch Freiheit von diesen psc_179.012
Einflüssen); le regime; les habitudes (Erregungsmittel der psc_179.013
Dichter, z. B. Kaffee, Thee, Wein -- schon von Hegelianern beobachtet psc_179.014
--, Arbeitszeit der Dichter: Nacht, Morgenfrische u. s. w. psc_179.015
Solche Mittheilungen sind meines Wissens zu einer Verallgemeinerung psc_179.016
noch nicht geeignet, wenn es auch wohl möglich psc_179.017
ist, daß man damit etwas anzufangen lernt).

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Auf den Stand des Dichters pflegen wir seit lange psc_179.019
namentlich in der deutschen Litteraturgeschichte zu achten; es psc_179.020
ist ein sehr fruchtbarer Gesichtspunct, über den wir schon im psc_179.021
1. Kapitel eine Bemerkung gemacht haben: Geistliche, Ritter, psc_179.022
Spielleute, Gelehrte u. s. w.

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Wichtiger ist die Frage nach dem Bildungsgrade des psc_179.024
Dichters: die Vortheile und die Nachtheile, welche daraus psc_179.025
fließen können. Brandes sagt von Goethe, er habe die gesammte psc_179.026
Bildung und die Wissenschaft der Zeit beherrscht. Es psc_179.027
giebt eine Gefahr zu hoher Bildung: der Dichter schreibt dann psc_179.028
nur für Wenige, er kann leicht von dem allgemeinen Gedankeninhalt

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Deschanel, Physiologie des écrivains et des artistes psc_179.002
(Paris 1864).

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  Sein Versuch eines Schemas ist in den Gesichtspuncten psc_179.004
enthalten, die er als Kapitelüberschriften benutzt: le siècle; psc_179.005
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begabte Völker! man könnte aber doch fragen: was psc_179.007
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le caractère, la profession; l'hérédité physique et psc_179.009
morale
(Goethes Verschen über seine Familie: „was ist psc_179.010
denn an dem ganzen Wicht Original zu nennen?“); la santé psc_179.011
(Einfluß dauernder Krankheit oder auch Freiheit von diesen psc_179.012
Einflüssen); le régime; les habitudes (Erregungsmittel der psc_179.013
Dichter, z. B. Kaffee, Thee, Wein — schon von Hegelianern beobachtet psc_179.014
—, Arbeitszeit der Dichter: Nacht, Morgenfrische u. s. w. psc_179.015
Solche Mittheilungen sind meines Wissens zu einer Verallgemeinerung psc_179.016
noch nicht geeignet, wenn es auch wohl möglich psc_179.017
ist, daß man damit etwas anzufangen lernt).

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1. Kapitel eine Bemerkung gemacht haben: Geistliche, Ritter, psc_179.022
Spielleute, Gelehrte u. s. w.

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Dichters: die Vortheile und die Nachtheile, welche daraus psc_179.025
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Bildung und die Wissenschaft der Zeit beherrscht. Es psc_179.027
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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/195>, abgerufen am 29.03.2024.