Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite
psc_183.001

Schiller giebt ferner Beiträge zur Lehre von den psc_183.002
Dichtungsarten: Elegie, Jdylle, Satire. Endlich macht er psc_183.003
aufmerksam auf den Unterschied von Objectivität und Subjectivität. psc_183.004
Der objective Dichter verschwindet selbst hinter psc_183.005
dem Stoff -- Homer und Shakespeare werden darin verglichen; psc_183.006
während andere Dichter uns ihre Persönlichkeit aufdrängen und psc_183.007
dem Stoff eine bestimmte Färbung geben. Dieser Unterschied psc_183.008
ist ja gewiß wichtig; es ist aber ein technischer Gesichtspunct psc_183.009
für sich, der schon im Kapitel vom Stoff und den Stoffmischungen psc_183.010
vorkommt. Die Eintheilung Schillers ist also, psc_183.011
wie sie vorliegt, nicht direct brauchbar, sie müßte von vorn psc_183.012
bis hinten nachgeprüft werden. Mit der Gesammtunterscheidung psc_183.013
von Naiv und Sentimental können wir wenig psc_183.014
anfangen, weil dabei Dinge vermischt werden, die nicht zusammengehören.

psc_183.015
psc_183.016

Eine andere Eintheilung gab Dilthey, Über die Einbildungskraft psc_183.017
der Dichter, Zeitschrift für Völkerpsychologie psc_183.018
10, 42 ff. Wieder zwei Gruppen: 1) Dichter, die wie Goethe psc_183.019
im allgemeinen in den eigenen Zuständen und Jdeen leben psc_183.020
und daraus den Stoff nehmen, also hauptsächlich aus der psc_183.021
inneren Welt; 2) solche, die ihren Stoff vorzugsweise von psc_183.022
außen empfangen, wie Shakespeare, Dickens. Sehr hübsch psc_183.023
und fein ist dabei die Methode der gegenseitigen Beleuchtung psc_183.024
benutzt: was wir von Dichtern genau wissen, sucht psc_183.025
Dilthey auf Shakespeare anzuwenden. Sonst aber reducirt psc_183.026
sich der Unterschied, den er hier ausführt, ebenfalls auf Unterschiede psc_183.027
im "Stoff". --

psc_183.028

Als Resultat ergiebt sich also: es sind sehr mannigfaltige

psc_183.001

  Schiller giebt ferner Beiträge zur Lehre von den psc_183.002
Dichtungsarten: Elegie, Jdylle, Satire. Endlich macht er psc_183.003
aufmerksam auf den Unterschied von Objectivität und Subjectivität. psc_183.004
Der objective Dichter verschwindet selbst hinter psc_183.005
dem Stoff — Homer und Shakespeare werden darin verglichen; psc_183.006
während andere Dichter uns ihre Persönlichkeit aufdrängen und psc_183.007
dem Stoff eine bestimmte Färbung geben. Dieser Unterschied psc_183.008
ist ja gewiß wichtig; es ist aber ein technischer Gesichtspunct psc_183.009
für sich, der schon im Kapitel vom Stoff und den Stoffmischungen psc_183.010
vorkommt. Die Eintheilung Schillers ist also, psc_183.011
wie sie vorliegt, nicht direct brauchbar, sie müßte von vorn psc_183.012
bis hinten nachgeprüft werden. Mit der Gesammtunterscheidung psc_183.013
von Naiv und Sentimental können wir wenig psc_183.014
anfangen, weil dabei Dinge vermischt werden, die nicht zusammengehören.

psc_183.015
psc_183.016

  Eine andere Eintheilung gab Dilthey, Über die Einbildungskraft psc_183.017
der Dichter, Zeitschrift für Völkerpsychologie psc_183.018
10, 42 ff. Wieder zwei Gruppen: 1) Dichter, die wie Goethe psc_183.019
im allgemeinen in den eigenen Zuständen und Jdeen leben psc_183.020
und daraus den Stoff nehmen, also hauptsächlich aus der psc_183.021
inneren Welt; 2) solche, die ihren Stoff vorzugsweise von psc_183.022
außen empfangen, wie Shakespeare, Dickens. Sehr hübsch psc_183.023
und fein ist dabei die Methode der gegenseitigen Beleuchtung psc_183.024
benutzt: was wir von Dichtern genau wissen, sucht psc_183.025
Dilthey auf Shakespeare anzuwenden. Sonst aber reducirt psc_183.026
sich der Unterschied, den er hier ausführt, ebenfalls auf Unterschiede psc_183.027
im „Stoff“. —

psc_183.028

  Als Resultat ergiebt sich also: es sind sehr mannigfaltige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0199" n="183"/>
            <lb n="psc_183.001"/>
            <p>  Schiller giebt ferner Beiträge zur Lehre von den <lb n="psc_183.002"/>
Dichtungsarten: Elegie, Jdylle, Satire. Endlich macht er <lb n="psc_183.003"/>
aufmerksam auf den Unterschied von Objectivität und Subjectivität. <lb n="psc_183.004"/>
Der objective Dichter verschwindet selbst hinter <lb n="psc_183.005"/>
dem Stoff &#x2014; Homer und Shakespeare werden darin verglichen; <lb n="psc_183.006"/>
während andere Dichter uns ihre Persönlichkeit aufdrängen und <lb n="psc_183.007"/>
dem Stoff eine bestimmte Färbung geben. Dieser Unterschied <lb n="psc_183.008"/>
ist ja gewiß wichtig; es ist aber ein technischer Gesichtspunct <lb n="psc_183.009"/>
für sich, der schon im Kapitel vom Stoff und den Stoffmischungen <lb n="psc_183.010"/>
vorkommt. Die Eintheilung Schillers ist also, <lb n="psc_183.011"/>
wie sie vorliegt, nicht direct brauchbar, sie müßte von vorn <lb n="psc_183.012"/>
bis hinten nachgeprüft werden. Mit der Gesammtunterscheidung <lb n="psc_183.013"/>
von Naiv und Sentimental können wir wenig <lb n="psc_183.014"/>
anfangen, weil dabei Dinge vermischt werden, die nicht zusammengehören.</p>
            <lb n="psc_183.015"/>
            <lb n="psc_183.016"/>
            <p>  Eine andere Eintheilung gab Dilthey, Über die Einbildungskraft <lb n="psc_183.017"/>
der Dichter, Zeitschrift für Völkerpsychologie <lb n="psc_183.018"/>
10, 42 ff. Wieder zwei Gruppen: 1) Dichter, die wie Goethe <lb n="psc_183.019"/>
im allgemeinen in den eigenen Zuständen und Jdeen leben <lb n="psc_183.020"/>
und daraus den Stoff nehmen, also hauptsächlich aus der <lb n="psc_183.021"/>
inneren Welt; 2) solche, die ihren Stoff vorzugsweise von <lb n="psc_183.022"/>
außen empfangen, wie Shakespeare, Dickens. Sehr hübsch <lb n="psc_183.023"/>
und fein ist dabei die Methode der gegenseitigen Beleuchtung <lb n="psc_183.024"/>
benutzt: was wir von Dichtern genau wissen, sucht <lb n="psc_183.025"/>
Dilthey auf Shakespeare anzuwenden. Sonst aber reducirt <lb n="psc_183.026"/>
sich der Unterschied, den er hier ausführt, ebenfalls auf Unterschiede <lb n="psc_183.027"/>
im &#x201E;Stoff&#x201C;. &#x2014;</p>
            <lb n="psc_183.028"/>
            <p>  Als Resultat ergiebt sich also: es sind sehr mannigfaltige
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0199] psc_183.001   Schiller giebt ferner Beiträge zur Lehre von den psc_183.002 Dichtungsarten: Elegie, Jdylle, Satire. Endlich macht er psc_183.003 aufmerksam auf den Unterschied von Objectivität und Subjectivität. psc_183.004 Der objective Dichter verschwindet selbst hinter psc_183.005 dem Stoff — Homer und Shakespeare werden darin verglichen; psc_183.006 während andere Dichter uns ihre Persönlichkeit aufdrängen und psc_183.007 dem Stoff eine bestimmte Färbung geben. Dieser Unterschied psc_183.008 ist ja gewiß wichtig; es ist aber ein technischer Gesichtspunct psc_183.009 für sich, der schon im Kapitel vom Stoff und den Stoffmischungen psc_183.010 vorkommt. Die Eintheilung Schillers ist also, psc_183.011 wie sie vorliegt, nicht direct brauchbar, sie müßte von vorn psc_183.012 bis hinten nachgeprüft werden. Mit der Gesammtunterscheidung psc_183.013 von Naiv und Sentimental können wir wenig psc_183.014 anfangen, weil dabei Dinge vermischt werden, die nicht zusammengehören. psc_183.015 psc_183.016   Eine andere Eintheilung gab Dilthey, Über die Einbildungskraft psc_183.017 der Dichter, Zeitschrift für Völkerpsychologie psc_183.018 10, 42 ff. Wieder zwei Gruppen: 1) Dichter, die wie Goethe psc_183.019 im allgemeinen in den eigenen Zuständen und Jdeen leben psc_183.020 und daraus den Stoff nehmen, also hauptsächlich aus der psc_183.021 inneren Welt; 2) solche, die ihren Stoff vorzugsweise von psc_183.022 außen empfangen, wie Shakespeare, Dickens. Sehr hübsch psc_183.023 und fein ist dabei die Methode der gegenseitigen Beleuchtung psc_183.024 benutzt: was wir von Dichtern genau wissen, sucht psc_183.025 Dilthey auf Shakespeare anzuwenden. Sonst aber reducirt psc_183.026 sich der Unterschied, den er hier ausführt, ebenfalls auf Unterschiede psc_183.027 im „Stoff“. — psc_183.028   Als Resultat ergiebt sich also: es sind sehr mannigfaltige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/199
Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/199>, abgerufen am 18.04.2024.