psc_007.001 beschäftigt, wie viel Action zutreten dürfe. Aristoteles redet psc_007.002 nicht bloß von jüngeren Schauspielern, welche nach Ansicht psc_007.003 der älteren zu viel charakterisirten, sondern berichtet auch von psc_007.004 einem Sosistratos, der dem rhapsodischen Vortrag des Epos psc_007.005 zu viel sichtbare Zeichen hinzufügte, und von einem Opuntier psc_007.006 Mnasitheos, der dasselbe beim Gesange that (Poet. 1462a 6 f.).
psc_007.007
Bei Aristoteles werden überhaupt sehr richtig melos psc_007.008 (Musikalisches) und opsis (Scenisches) als Bestandtheile des psc_007.009 Poetischen bezeichnet. Aber auch er läßt sie dann in der psc_007.010 Poetik bei Seite und macht dem Lesen fast zu große Concessionen, psc_007.011 als sei das Kunstwerk fertig, wenn der Dichter psc_007.012 fertig ist. Es gab aber bei den Griechen sogar eine Theorie psc_007.013 des Vortrags (upokrisis), u. a. von einem Glaukos aus psc_007.014 Teos (Arist. Rhetor. 111, 4 Bekker). --
psc_007.015
B. Nicht alle kunstmäßige Anwendung der Sprache psc_007.016 ist Poesie.
psc_007.017
Auf das Wesen der Sprache werden wir noch zurückkommen psc_007.018 müssen. Sie ist halb Tochter des Bedürfnisses, psc_007.019 eine Erfindung um den nothwendigen und nützlichen Verkehr psc_007.020 der Menschen zu erleichtern, abgekürztes Ausdrucksmittel -- psc_007.021 für die Erleichterung des Verkehrs in den Urzeiten von psc_007.022 größerem Werth als Landstraße, Eisenbahn und Telegraph -- psc_007.023 halb ein Versuch einer Auffassung und Darstellung der psc_007.024 Welt ...
psc_007.025
Die Sprache ist eine Fertigkeit; und man könnte von psc_007.026 vornherein sagen: eine Kunst, wenigstens sofern sie Vorstellung psc_007.027 der Welt ist. Doch bleibt dieser Name "Kunst"
psc_007.001 beschäftigt, wie viel Action zutreten dürfe. Aristoteles redet psc_007.002 nicht bloß von jüngeren Schauspielern, welche nach Ansicht psc_007.003 der älteren zu viel charakterisirten, sondern berichtet auch von psc_007.004 einem Sosistratos, der dem rhapsodischen Vortrag des Epos psc_007.005 zu viel sichtbare Zeichen hinzufügte, und von einem Opuntier psc_007.006 Mnasitheos, der dasselbe beim Gesange that (Poet. 1462a 6 f.).
psc_007.007
Bei Aristoteles werden überhaupt sehr richtig μέλος psc_007.008 (Musikalisches) und ὄψις (Scenisches) als Bestandtheile des psc_007.009 Poetischen bezeichnet. Aber auch er läßt sie dann in der psc_007.010 Poetik bei Seite und macht dem Lesen fast zu große Concessionen, psc_007.011 als sei das Kunstwerk fertig, wenn der Dichter psc_007.012 fertig ist. Es gab aber bei den Griechen sogar eine Theorie psc_007.013 des Vortrags (ὑπόκρισις), u. a. von einem Glaukos aus psc_007.014 Teos (Arist. Rhetor. 111, 4 Bekker). —
psc_007.015
B. Nicht alle kunstmäßige Anwendung der Sprache psc_007.016 ist Poesie.
psc_007.017
Auf das Wesen der Sprache werden wir noch zurückkommen psc_007.018 müssen. Sie ist halb Tochter des Bedürfnisses, psc_007.019 eine Erfindung um den nothwendigen und nützlichen Verkehr psc_007.020 der Menschen zu erleichtern, abgekürztes Ausdrucksmittel — psc_007.021 für die Erleichterung des Verkehrs in den Urzeiten von psc_007.022 größerem Werth als Landstraße, Eisenbahn und Telegraph — psc_007.023 halb ein Versuch einer Auffassung und Darstellung der psc_007.024 Welt ...
psc_007.025
Die Sprache ist eine Fertigkeit; und man könnte von psc_007.026 vornherein sagen: eine Kunst, wenigstens sofern sie Vorstellung psc_007.027 der Welt ist. Doch bleibt dieser Name „Kunst“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0023"n="7"/><lbn="psc_007.001"/>
beschäftigt, wie viel Action zutreten dürfe. Aristoteles redet <lbn="psc_007.002"/>
nicht bloß von jüngeren Schauspielern, welche nach Ansicht <lbn="psc_007.003"/>
der älteren zu viel charakterisirten, sondern berichtet auch von <lbn="psc_007.004"/>
einem Sosistratos, der dem rhapsodischen Vortrag des Epos <lbn="psc_007.005"/>
zu viel sichtbare Zeichen hinzufügte, und von einem Opuntier <lbn="psc_007.006"/>
Mnasitheos, der dasselbe beim Gesange that (Poet. 1462<hirendition="#aq">a</hi> 6 f.).</p><lbn="psc_007.007"/><p> Bei Aristoteles werden überhaupt sehr richtig <foreignxml:lang="grc">μέλος</foreign><lbn="psc_007.008"/>
(Musikalisches) und <foreignxml:lang="grc">ὄψις</foreign> (Scenisches) als Bestandtheile des <lbn="psc_007.009"/>
Poetischen bezeichnet. Aber auch er läßt sie dann in der <lbn="psc_007.010"/>
Poetik bei Seite und macht dem Lesen fast zu große Concessionen, <lbn="psc_007.011"/>
als sei das Kunstwerk fertig, wenn der Dichter <lbn="psc_007.012"/>
fertig ist. Es gab aber bei den Griechen sogar eine Theorie <lbn="psc_007.013"/>
des Vortrags (<foreignxml:lang="grc">ὑπόκρισις</foreign>), u. a. von einem Glaukos aus <lbn="psc_007.014"/>
Teos (Arist. Rhetor. 111, 4 Bekker). —</p></div><divn="3"><lbn="psc_007.015"/><head><hirendition="#c"><hirendition="#aq">B</hi>. <hirendition="#g">Nicht alle kunstmäßige Anwendung der Sprache <lbn="psc_007.016"/>
ist Poesie.</hi></hi></head><lbn="psc_007.017"/><p> Auf das Wesen der Sprache werden wir noch zurückkommen <lbn="psc_007.018"/>
müssen. Sie ist halb Tochter des Bedürfnisses, <lbn="psc_007.019"/>
eine Erfindung um den nothwendigen und nützlichen Verkehr <lbn="psc_007.020"/>
der Menschen zu erleichtern, abgekürztes Ausdrucksmittel —<lbn="psc_007.021"/>
für die Erleichterung des Verkehrs in den Urzeiten von <lbn="psc_007.022"/>
größerem Werth als Landstraße, Eisenbahn und Telegraph —<lbn="psc_007.023"/>
halb ein Versuch einer Auffassung und Darstellung der <lbn="psc_007.024"/>
Welt ...</p><lbn="psc_007.025"/><p> Die Sprache ist eine Fertigkeit; und man könnte von <lbn="psc_007.026"/>
vornherein sagen: eine Kunst, wenigstens sofern sie Vorstellung <lbn="psc_007.027"/>
der Welt ist. Doch bleibt dieser Name „Kunst“</p></div></div></div></body></text></TEI>
[7/0023]
psc_007.001
beschäftigt, wie viel Action zutreten dürfe. Aristoteles redet psc_007.002
nicht bloß von jüngeren Schauspielern, welche nach Ansicht psc_007.003
der älteren zu viel charakterisirten, sondern berichtet auch von psc_007.004
einem Sosistratos, der dem rhapsodischen Vortrag des Epos psc_007.005
zu viel sichtbare Zeichen hinzufügte, und von einem Opuntier psc_007.006
Mnasitheos, der dasselbe beim Gesange that (Poet. 1462a 6 f.).
psc_007.007
Bei Aristoteles werden überhaupt sehr richtig μέλος psc_007.008
(Musikalisches) und ὄψις (Scenisches) als Bestandtheile des psc_007.009
Poetischen bezeichnet. Aber auch er läßt sie dann in der psc_007.010
Poetik bei Seite und macht dem Lesen fast zu große Concessionen, psc_007.011
als sei das Kunstwerk fertig, wenn der Dichter psc_007.012
fertig ist. Es gab aber bei den Griechen sogar eine Theorie psc_007.013
des Vortrags (ὑπόκρισις), u. a. von einem Glaukos aus psc_007.014
Teos (Arist. Rhetor. 111, 4 Bekker). —
psc_007.015
B. Nicht alle kunstmäßige Anwendung der Sprache psc_007.016
ist Poesie. psc_007.017
Auf das Wesen der Sprache werden wir noch zurückkommen psc_007.018
müssen. Sie ist halb Tochter des Bedürfnisses, psc_007.019
eine Erfindung um den nothwendigen und nützlichen Verkehr psc_007.020
der Menschen zu erleichtern, abgekürztes Ausdrucksmittel — psc_007.021
für die Erleichterung des Verkehrs in den Urzeiten von psc_007.022
größerem Werth als Landstraße, Eisenbahn und Telegraph — psc_007.023
halb ein Versuch einer Auffassung und Darstellung der psc_007.024
Welt ...
psc_007.025
Die Sprache ist eine Fertigkeit; und man könnte von psc_007.026
vornherein sagen: eine Kunst, wenigstens sofern sie Vorstellung psc_007.027
der Welt ist. Doch bleibt dieser Name „Kunst“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/23>, abgerufen am 16.05.2022.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2022. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.