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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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associirt ist.

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Das erste Hinzutreten der Sprache war ohne Zweifel psc_083.004
directes Benennen des Freude erregenden Gegenstandes, bloßes psc_083.005
Aussprechen der Freude.

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Aber schon in jenem australischen Liedchen, auf welches psc_083.007
wir oben verwiesen, ist mehr als dies Aussprechen der Freude psc_083.008
vorhanden: Tanz und Gesang sind begleitet von einer psc_083.009
symbolischen Handlung, und die Worte des Liedes erklären psc_083.010
die Symbolik. Was ist genauer das Symbolische? Jm vorliegenden psc_083.011
Fall macht Vorempfindung eines Vergnügens sich psc_083.012
Luft in einer Handlung, welche mit dem künftigen Vergnügen psc_083.013
einige Ähnlichkeit hat; das hinzutretende Wort steigert psc_083.014
die Ähnlichkeit und constatirt sie dadurch zugleich.

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Da gewinnen wir die Vergleichung als ein Formelement psc_083.016
der Poesie (auch ihre Art ist in dem australischen psc_083.017
Liedchen zu beachten: Negation als Vergleichspartikel wie psc_083.018
im Altindischen), und wir gewinnen eine symbolische psc_083.019
Handlung
als ein Ausdrucksmittel der Poesie, und dadurch psc_083.020
das Symbol überhaupt als ein Ausdrucksmittel der Poesie: psc_083.021
das theilweis Ähnliche als Hindeutung ist doch etwas Anderes psc_083.022
als der Gegenstand selbst, der gemeint ist.

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Der eigentliche Gegenstand aber ist an dieser Stelle die psc_083.024
Vorstellung eines in naher Zeit eintretenden Vergnügens, psc_083.025
ein Künftiges also.

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Jnsofern diese Vorstellung Ausdruck gewinnt durch Tanz psc_083.027
und Lied, setzt sie voraus, daß der Chorus angeleitet ist durch psc_083.028
einen Vorsänger, durch einen Dichter, der zuerst das Liedchen

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worden und mit manchen Gemüthserregungen von da her psc_083.002
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  Das erste Hinzutreten der Sprache war ohne Zweifel psc_083.004
directes Benennen des Freude erregenden Gegenstandes, bloßes psc_083.005
Aussprechen der Freude.

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  Aber schon in jenem australischen Liedchen, auf welches psc_083.007
wir oben verwiesen, ist mehr als dies Aussprechen der Freude psc_083.008
vorhanden: Tanz und Gesang sind begleitet von einer psc_083.009
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die Symbolik. Was ist genauer das Symbolische? Jm vorliegenden psc_083.011
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Luft in einer Handlung, welche mit dem künftigen Vergnügen psc_083.013
einige Ähnlichkeit hat; das hinzutretende Wort steigert psc_083.014
die Ähnlichkeit und constatirt sie dadurch zugleich.

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  Da gewinnen wir die Vergleichung als ein Formelement psc_083.016
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Liedchen zu beachten: Negation als Vergleichspartikel wie psc_083.018
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das theilweis Ähnliche als Hindeutung ist doch etwas Anderes psc_083.022
als der Gegenstand selbst, der gemeint ist.

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  Der eigentliche Gegenstand aber ist an dieser Stelle die psc_083.024
Vorstellung eines in naher Zeit eintretenden Vergnügens, psc_083.025
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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/99>, abgerufen am 28.03.2024.