Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

Bild:
<< vorherige Seite
N. 13.)



Natur-Geschichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortsetzung von Stral-Exemplen.

AN. 1420. auf den Meytag zwüschen 10. und 11. kam bey schönem
hellem Luft ein Blitz daher/ ohne Wetter/ und bald darauf ein
Donnerklapf/ und schlug die Stral in drey Häuser zu Bern/
und schoß ein junge Tochter zu tod an der Gaß. Die Statt war voll
Bauren/ und war ein grosser Markt. Man hielte dise Geschicht vor eine
verdiente Straff/ weil man den Feyertage der H. Apostlen Philippi und Ja-
cobi entheiligte. Tschachtlan. ad h. a. Nicht ohne Ursach hat das damahls
lebende Bernerische Gemeine Volk seine Verwunderung in so weit erstre-
ket/ daß es ein übernatürliches Wunder darauß gemacht: Man glaubte
den Artikel von verehrung der Heiligen/ und lebte in völliger Unwüssenheit
natürlicher Dingen. Annoch heutiges Tags wurden auch die Gelehrten dise
Geschicht kaum glauben/ oder sich darüber bestürzen. Es ist ja bekant/ daß
gemeinlich eine Stral begleitet ist mit Donner/ und ungestümmem Wetter/
deme vorher gegangen eine tüppige/ oder geschwüllige Luft. Der grosse Car-
tesius
selbs wüßte sich nicht leicht darein zu finden/ weilen eine bey hellem Him-
mel gezeügete Stral/ oder Stralstein/ nebst seinem Fall der Wolken/ und
gewaltthätiger Zusamentreibung der Schwefelicht- und irrdischen Theilen
kaum bestehen kan. Andere Naturlehrer würde es auch saur ankommen/
nach ihren Grundsätzen/ die sie haben/ sonderlich von samlung der Stralma-
teri/ dise Begebenheit aufzulösen. Jch meines Ohrts wil auch nicht vil glossen
hierüber machen/ damit nicht die Sach vor bekanter/ und leichter/ auf mich
zu nemmen scheine/ als andere/ gleichwol zwey mögliche Weisen anzeigen/
wie dise Geschicht sich habe zutragen können. Erstlich dann hat dise Stral
können von weitem herschiessen/ wie man ins gemein darvor haltet/ daß die

jenigen
N. 13.)



Natur-Geſchichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortſetzung von Stral-Exemplen.

AN. 1420. auf den Meytag zwuͤſchen 10. und 11. kam bey ſchoͤnem
hellem Luft ein Blitz daher/ ohne Wetter/ und bald darauf ein
Donnerklapf/ und ſchlug die Stral in drey Haͤuſer zu Bern/
und ſchoß ein junge Tochter zu tod an der Gaß. Die Statt war voll
Bauren/ und war ein groſſer Markt. Man hielte diſe Geſchicht vor eine
verdiente Straff/ weil man den Feyertage der H. Apoſtlen Philippi und Ja-
cobi entheiligte. Tſchachtlan. ad h. a. Nicht ohne Urſach hat das damahls
lebende Berneriſche Gemeine Volk ſeine Verwunderung in ſo weit erſtre-
ket/ daß es ein uͤbernatuͤrliches Wunder darauß gemacht: Man glaubte
den Artikel von verehrung der Heiligen/ und lebte in voͤlliger Unwuͤſſenheit
natuͤrlicher Dingen. Annoch heutiges Tags wurden auch die Gelehrten diſe
Geſchicht kaum glauben/ oder ſich daruͤber beſtuͤrzen. Es iſt ja bekant/ daß
gemeinlich eine Stral begleitet iſt mit Donner/ und ungeſtuͤmmem Wetter/
deme vorher gegangen eine tüppige/ oder geſchwüllige Luft. Der groſſe Car-
teſius
ſelbs wüßte ſich nicht leicht darein zu finden/ weilen eine bey hellem Him-
mel gezeügete Stral/ oder Stralſtein/ nebſt ſeinem Fall der Wolken/ und
gewaltthaͤtiger Zuſamentreibung der Schwefelicht- und irꝛdiſchen Theilen
kaum beſtehen kan. Andere Naturlehrer würde es auch ſaur ankommen/
nach ihren Grundſaͤtzen/ die ſie haben/ ſonderlich von ſamlung der Stralma-
teri/ diſe Begebenheit aufzuloͤſen. Jch meines Ohrts wil auch nicht vil gloſſen
hieruͤber machen/ damit nicht die Sach vor bekanter/ und leichter/ auf mich
zu nemmen ſcheine/ als andere/ gleichwol zwey moͤgliche Weiſen anzeigen/
wie diſe Geſchicht ſich habe zutragen koͤnnen. Erſtlich dann hat diſe Stral
koͤnnen von weitem herſchieſſen/ wie man ins gemein darvor haltet/ daß die

jenigen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0058" n="49"/>
      <fw place="top" type="header">N. 13.)</fw>
      <div n="1">
        <dateline> <hi rendition="#et">(Den 31. <hi rendition="#aq">Mart.</hi> 1706</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head> <hi rendition="#b">Natur-Ge&#x017F;chichten<lb/>
Des<lb/>
Schweizerlands.<lb/>
Zweyter Theil.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Fort&#x017F;etzung von Stral-Exemplen.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">A</hi>N. 1420. auf den Meytag zwu&#x0364;&#x017F;chen 10. und 11. kam bey &#x017F;cho&#x0364;nem<lb/>
hellem Luft ein Blitz daher/ ohne Wetter/ und bald darauf ein<lb/>
Donnerklapf/ und &#x017F;chlug die Stral in drey Ha&#x0364;u&#x017F;er zu <hi rendition="#fr">Bern/</hi><lb/>
und &#x017F;choß ein junge Tochter zu tod an der Gaß. Die Statt war voll<lb/>
Bauren/ und war ein gro&#x017F;&#x017F;er Markt. Man hielte di&#x017F;e Ge&#x017F;chicht vor eine<lb/>
verdiente Straff/ weil man den Feyertage der H. Apo&#x017F;tlen Philippi und Ja-<lb/>
cobi entheiligte. <hi rendition="#aq">T&#x017F;chachtlan. ad h. a.</hi> Nicht ohne Ur&#x017F;ach hat das damahls<lb/>
lebende Berneri&#x017F;che Gemeine Volk &#x017F;eine Verwunderung in &#x017F;o weit er&#x017F;tre-<lb/>
ket/ daß es ein u&#x0364;bernatu&#x0364;rliches Wunder darauß gemacht: Man glaubte<lb/>
den Artikel von verehrung der Heiligen/ und lebte in vo&#x0364;lliger Unwu&#x0364;&#x017F;&#x017F;enheit<lb/>
natu&#x0364;rlicher Dingen. Annoch heutiges Tags wurden auch die Gelehrten di&#x017F;e<lb/>
Ge&#x017F;chicht kaum glauben/ oder &#x017F;ich daru&#x0364;ber be&#x017F;tu&#x0364;rzen. Es i&#x017F;t ja bekant/ daß<lb/>
gemeinlich eine Stral begleitet i&#x017F;t mit Donner/ und unge&#x017F;tu&#x0364;mmem Wetter/<lb/>
deme vorher gegangen eine tüppige/ oder ge&#x017F;chwüllige Luft. Der gro&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#aq">Car-<lb/>
te&#x017F;ius</hi> &#x017F;elbs wüßte &#x017F;ich nicht leicht darein zu finden/ weilen eine bey hellem Him-<lb/>
mel gezeügete Stral/ oder Stral&#x017F;tein/ neb&#x017F;t &#x017F;einem Fall der Wolken/ und<lb/>
gewalttha&#x0364;tiger Zu&#x017F;amentreibung der Schwefelicht- und ir&#xA75B;di&#x017F;chen Theilen<lb/>
kaum be&#x017F;tehen kan. Andere Naturlehrer würde es auch &#x017F;aur ankommen/<lb/>
nach ihren Grund&#x017F;a&#x0364;tzen/ die &#x017F;ie haben/ &#x017F;onderlich von &#x017F;amlung der Stralma-<lb/>
teri/ di&#x017F;e Begebenheit aufzulo&#x0364;&#x017F;en. Jch meines Ohrts wil auch nicht vil glo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
hieru&#x0364;ber machen/ damit nicht die Sach vor bekanter/ und leichter/ auf mich<lb/>
zu nemmen &#x017F;cheine/ als andere/ gleichwol zwey mo&#x0364;gliche Wei&#x017F;en anzeigen/<lb/>
wie di&#x017F;e Ge&#x017F;chicht &#x017F;ich habe zutragen ko&#x0364;nnen. Er&#x017F;tlich dann hat di&#x017F;e Stral<lb/>
ko&#x0364;nnen von weitem her&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en/ wie man ins gemein darvor haltet/ daß die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">jenigen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0058] N. 13.) (Den 31. Mart. 1706 Natur-Geſchichten Des Schweizerlands. Zweyter Theil. Fortſetzung von Stral-Exemplen. AN. 1420. auf den Meytag zwuͤſchen 10. und 11. kam bey ſchoͤnem hellem Luft ein Blitz daher/ ohne Wetter/ und bald darauf ein Donnerklapf/ und ſchlug die Stral in drey Haͤuſer zu Bern/ und ſchoß ein junge Tochter zu tod an der Gaß. Die Statt war voll Bauren/ und war ein groſſer Markt. Man hielte diſe Geſchicht vor eine verdiente Straff/ weil man den Feyertage der H. Apoſtlen Philippi und Ja- cobi entheiligte. Tſchachtlan. ad h. a. Nicht ohne Urſach hat das damahls lebende Berneriſche Gemeine Volk ſeine Verwunderung in ſo weit erſtre- ket/ daß es ein uͤbernatuͤrliches Wunder darauß gemacht: Man glaubte den Artikel von verehrung der Heiligen/ und lebte in voͤlliger Unwuͤſſenheit natuͤrlicher Dingen. Annoch heutiges Tags wurden auch die Gelehrten diſe Geſchicht kaum glauben/ oder ſich daruͤber beſtuͤrzen. Es iſt ja bekant/ daß gemeinlich eine Stral begleitet iſt mit Donner/ und ungeſtuͤmmem Wetter/ deme vorher gegangen eine tüppige/ oder geſchwüllige Luft. Der groſſe Car- teſius ſelbs wüßte ſich nicht leicht darein zu finden/ weilen eine bey hellem Him- mel gezeügete Stral/ oder Stralſtein/ nebſt ſeinem Fall der Wolken/ und gewaltthaͤtiger Zuſamentreibung der Schwefelicht- und irꝛdiſchen Theilen kaum beſtehen kan. Andere Naturlehrer würde es auch ſaur ankommen/ nach ihren Grundſaͤtzen/ die ſie haben/ ſonderlich von ſamlung der Stralma- teri/ diſe Begebenheit aufzuloͤſen. Jch meines Ohrts wil auch nicht vil gloſſen hieruͤber machen/ damit nicht die Sach vor bekanter/ und leichter/ auf mich zu nemmen ſcheine/ als andere/ gleichwol zwey moͤgliche Weiſen anzeigen/ wie diſe Geſchicht ſich habe zutragen koͤnnen. Erſtlich dann hat diſe Stral koͤnnen von weitem herſchieſſen/ wie man ins gemein darvor haltet/ daß die jenigen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/58
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/58>, abgerufen am 24.04.2024.