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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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N. 19.)

Schweizerische
Berg-Reisen.


ES sein dise kleine Grüblein zweifelsohne entstanden von einichen
Sandkörnlein/ so auf den Crystall gefallen/ da der noch weich war/
hernach aber/ als er erhartet/ widerum auß ihren Löchlein außgefal-
len/ oder von überfliessendem Wasser außgewaschen worden.

Crystallus exiguis tuberculis tanquam variolis plenam superficiem ex-
hibens.
Ein Crystall/ dessen aussere sonst glatte Fläche mit ei-
nichen angewachsenen Sändlein/ oder Bükelein/ gleich als
mir Pocken beleget.
Steno Prodr. Diss. pag. 62. Crvstallus, cujus plana
Pyramidalia obscuri & nigricantis sunt coloris, & insuper bullulis exiguis,
velut variolis conspersa
Ein schwarzlechter Crystall/ dessen Spitz-
flächen mit kleinen Bläslein besäyet.
Mus. Tigur. Fig. XI. Allhier sein
obangezogene/ eingefallene Sandkörnlein geblieben/ und in die Crystall-
Materi also fest eingeschlossen/ daß sie ohne Gewalt nicht herauß zubringen
seyn.

Nicht sol ich mit stillschweigen übergehen einen sechs eckicht durchsichti-
gen Crystall/ in deme zusehen kleine Geblische/ oder Bäumlein/ von gelber
und schwarzgrüner Farb/ welcher deßwegen billich sol zugerechnet werden
denen Dendritis, oder Baumsteinen/ von welchen ein besonder Tractät-
lein geschrieben in Ephemerid. Natur. Curios. Dec. III. An. V. & VI.
pag.
57. deme auch eine besondere Tafel zugeeignet/ in welcher unseren Cry-
stall vorstellen die XII. und XIII. Fig.

Bisher habe mich erspatziert auf einem weiten/ aber ebenen/ mit aller-
hand Crystallen besäyeten Feld/ oder Alp. Nun aber habe ich vor mir einen
dichteren/ dunklen Wald/ der nicht nur mit vilen Gebüschen/ und Dorn-
sträuchen besetzet/ sondern auch gefahrliche/ verführliche Jrr- und Abwege
hat. Jch wil sagen/ daß mir überig bleibet/ annoch auß zuführen die kützlich-
te Materi von Gestalt- und Zeugung der Crystallen/ welche bis dahin aller
Naturlehreren Gedanken überstiegen. Jch getraue mir zwar nicht/ disen
verwirrten Knoten aufzulösen/ sihe mich aber genöhtiget/ wann ich weiters
meine Physicalische Berg-Reise sol fortsetzen/ disen finsteren Jrrwald durch-
zu passieren; werde aber also disen Durchzug einrichten/ daß mich so vil mög-
lich halte auf denen gebahnten Steigen einer gesunden Vernunft.


Die
N. 19.)

Schweizeriſche
Berg-Reiſen.


ES ſein diſe kleine Gruͤblein zweifelsohne entſtanden von einichen
Sandkoͤrnlein/ ſo auf den Cryſtall gefallen/ da der noch weich war/
hernach aber/ als er erhartet/ widerum auß ihren Loͤchlein außgefal-
len/ oder von uͤberflieſſendem Waſſer außgewaſchen worden.

Cryſtallus exiguis tuberculis tanquam variolis plenam ſuperficiem ex-
hibens.
Ein Cryſtall/ deſſen auſſere ſonſt glatte Flaͤche mit ei-
nichen angewachſenen Saͤndlein/ oder Bükelein/ gleich als
mir Pocken beleget.
Steno Prodr. Diſſ. pag. 62. Crvſtallus, cujus plana
Pyramidalia obſcuri & nigricantis ſunt coloris, & inſuper bullulis exiguis,
velut variolis conſperſa
Ein ſchwarzlechter Cryſtall/ deſſen Spitz-
flaͤchen mit kleinen Blaͤslein beſaͤyet.
Muſ. Tigur. Fig. XI. Allhier ſein
obangezogene/ eingefallene Sandkoͤrnlein geblieben/ und in die Cryſtall-
Materi alſo feſt eingeſchloſſen/ daß ſie ohne Gewalt nicht herauß zubringen
ſeyn.

Nicht ſol ich mit ſtillſchweigen uͤbergehen einen ſechs eckicht durchſichti-
gen Cryſtall/ in deme zuſehen kleine Gebliſche/ oder Baͤumlein/ von gelber
und ſchwarzgruͤner Farb/ welcher deßwegen billich ſol zugerechnet werden
denen Dendritis, oder Baumſteinen/ von welchen ein beſonder Tractaͤt-
lein geſchrieben in Ephemerid. Natur. Curioſ. Dec. III. An. V. & VI.
pag.
57. deme auch eine beſondere Tafel zugeeignet/ in welcher unſeren Cry-
ſtall vorſtellen die XII. und XIII. Fig.

Bisher habe mich erſpatziert auf einem weiten/ aber ebenen/ mit aller-
hand Cryſtallen beſaͤyeten Feld/ oder Alp. Nun aber habe ich vor mir einen
dichteren/ dunklen Wald/ der nicht nur mit vilen Gebüſchen/ und Dorn-
ſtraͤuchen beſetzet/ ſondern auch gefahrliche/ verfuͤhrliche Jrꝛ- und Abwege
hat. Jch wil ſagen/ daß mir uͤberig bleibet/ annoch auß zufuͤhren die kuͤtzlich-
te Materi von Geſtalt- und Zeugung der Cryſtallen/ welche bis dahin aller
Naturlehreren Gedanken uͤberſtiegen. Jch getraue mir zwar nicht/ diſen
verwirꝛten Knoten aufzuloͤſen/ ſihe mich aber genoͤhtiget/ wann ich weiters
meine Phyſicaliſche Berg-Reiſe ſol fortſetzen/ diſen finſteren Jrꝛwald durch-
zu paſſieren; werde aber alſo diſen Durchzug einrichten/ daß mich ſo vil moͤg-
lich halte auf denen gebahnten Steigen einer geſunden Vernunft.


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[73/0091] N. 19.) (Den 11. Maj. 1707. Schweizeriſche Berg-Reiſen. ES ſein diſe kleine Gruͤblein zweifelsohne entſtanden von einichen Sandkoͤrnlein/ ſo auf den Cryſtall gefallen/ da der noch weich war/ hernach aber/ als er erhartet/ widerum auß ihren Loͤchlein außgefal- len/ oder von uͤberflieſſendem Waſſer außgewaſchen worden. Cryſtallus exiguis tuberculis tanquam variolis plenam ſuperficiem ex- hibens. Ein Cryſtall/ deſſen auſſere ſonſt glatte Flaͤche mit ei- nichen angewachſenen Saͤndlein/ oder Bükelein/ gleich als mir Pocken beleget. Steno Prodr. Diſſ. pag. 62. Crvſtallus, cujus plana Pyramidalia obſcuri & nigricantis ſunt coloris, & inſuper bullulis exiguis, velut variolis conſperſa Ein ſchwarzlechter Cryſtall/ deſſen Spitz- flaͤchen mit kleinen Blaͤslein beſaͤyet. Muſ. Tigur. Fig. XI. Allhier ſein obangezogene/ eingefallene Sandkoͤrnlein geblieben/ und in die Cryſtall- Materi alſo feſt eingeſchloſſen/ daß ſie ohne Gewalt nicht herauß zubringen ſeyn. Nicht ſol ich mit ſtillſchweigen uͤbergehen einen ſechs eckicht durchſichti- gen Cryſtall/ in deme zuſehen kleine Gebliſche/ oder Baͤumlein/ von gelber und ſchwarzgruͤner Farb/ welcher deßwegen billich ſol zugerechnet werden denen Dendritis, oder Baumſteinen/ von welchen ein beſonder Tractaͤt- lein geſchrieben in Ephemerid. Natur. Curioſ. Dec. III. An. V. & VI. pag. 57. deme auch eine beſondere Tafel zugeeignet/ in welcher unſeren Cry- ſtall vorſtellen die XII. und XIII. Fig. Bisher habe mich erſpatziert auf einem weiten/ aber ebenen/ mit aller- hand Cryſtallen beſaͤyeten Feld/ oder Alp. Nun aber habe ich vor mir einen dichteren/ dunklen Wald/ der nicht nur mit vilen Gebüſchen/ und Dorn- ſtraͤuchen beſetzet/ ſondern auch gefahrliche/ verfuͤhrliche Jrꝛ- und Abwege hat. Jch wil ſagen/ daß mir uͤberig bleibet/ annoch auß zufuͤhren die kuͤtzlich- te Materi von Geſtalt- und Zeugung der Cryſtallen/ welche bis dahin aller Naturlehreren Gedanken uͤberſtiegen. Jch getraue mir zwar nicht/ diſen verwirꝛten Knoten aufzuloͤſen/ ſihe mich aber genoͤhtiget/ wann ich weiters meine Phyſicaliſche Berg-Reiſe ſol fortſetzen/ diſen finſteren Jrꝛwald durch- zu paſſieren; werde aber alſo diſen Durchzug einrichten/ daß mich ſo vil moͤg- lich halte auf denen gebahnten Steigen einer geſunden Vernunft. Die

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/91>, abgerufen am 29.03.2024.