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Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784.

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Fünfter Akt.
(Abends zwischen Licht, in einem Zimmer beim
Musikanten)
Erste Szene.
Louise sizt stumm und ohne sich zu rühren in dem fin-
stersten Winkel des Zimmers, den Kopf auf den Arm ge-
sunken. Nach einer großen und tiefen Pause kommt
Miller mit einer Handlaterne, leuchtet ängstlich im
Zimmer herum, ohne Louisen zu bemerken,
dann legt er den Hut auf den Tisch
und sezt die Laterne nieder.
Miller. Hier ist sie auch nicht. Hier wieder
nicht -- Durch alle Gassen bin ich gezogen, bei al-
len Bekannten bin ich gewesen, auf allen Thoren
hab ich gefragt -- Mein Kind hat man nirgends
gesehen (nach einigem Stillschweigen) Geduld armer
unglüklicher Vater. Warte ab, bis es morgen
wird. Vielleicht kommt deine Einzige dann an's
Ufer geschwommen -- -- Gott! Gott! Wenn ich
mein Herz zu abgöttisch an diese Tochter hieng? -- Die
Strafe ist hart. Himmlischer Vater, hart! Ich
will nicht murren, himmlischer Vater, aber die
Strafe ist hart (er wirft sich gramvoll in einem
Stuhl)
Louise.
Fuͤnfter Akt.
(Abends zwiſchen Licht, in einem Zimmer beim
Muſikanten)
Erſte Szene.
Louiſe ſizt ſtumm und ohne ſich zu ruͤhren in dem fin-
ſterſten Winkel des Zimmers, den Kopf auf den Arm ge-
ſunken. Nach einer großen und tiefen Pauſe kommt
Miller mit einer Handlaterne, leuchtet aͤngſtlich im
Zimmer herum, ohne Louiſen zu bemerken,
dann legt er den Hut auf den Tiſch
und ſezt die Laterne nieder.
Miller. Hier iſt ſie auch nicht. Hier wieder
nicht — Durch alle Gaſſen bin ich gezogen, bei al-
len Bekannten bin ich geweſen, auf allen Thoren
hab ich gefragt — Mein Kind hat man nirgends
geſehen (nach einigem Stillſchweigen) Geduld armer
ungluͤklicher Vater. Warte ab, bis es morgen
wird. Vielleicht kommt deine Einzige dann an‘s
Ufer geſchwommen — — Gott! Gott! Wenn ich
mein Herz zu abgoͤttiſch an dieſe Tochter hieng? — Die
Strafe iſt hart. Himmliſcher Vater, hart! Ich
will nicht murren, himmliſcher Vater, aber die
Strafe iſt hart (er wirft ſich gramvoll in einem
Stuhl)
Louiſe.
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[128/0132] Fuͤnfter Akt. (Abends zwiſchen Licht, in einem Zimmer beim Muſikanten) Erſte Szene. Louiſe ſizt ſtumm und ohne ſich zu ruͤhren in dem fin- ſterſten Winkel des Zimmers, den Kopf auf den Arm ge- ſunken. Nach einer großen und tiefen Pauſe kommt Miller mit einer Handlaterne, leuchtet aͤngſtlich im Zimmer herum, ohne Louiſen zu bemerken, dann legt er den Hut auf den Tiſch und ſezt die Laterne nieder. Miller. Hier iſt ſie auch nicht. Hier wieder nicht — Durch alle Gaſſen bin ich gezogen, bei al- len Bekannten bin ich geweſen, auf allen Thoren hab ich gefragt — Mein Kind hat man nirgends geſehen (nach einigem Stillſchweigen) Geduld armer ungluͤklicher Vater. Warte ab, bis es morgen wird. Vielleicht kommt deine Einzige dann an‘s Ufer geſchwommen — — Gott! Gott! Wenn ich mein Herz zu abgoͤttiſch an dieſe Tochter hieng? — Die Strafe iſt hart. Himmliſcher Vater, hart! Ich will nicht murren, himmliſcher Vater, aber die Strafe iſt hart (er wirft ſich gramvoll in einem Stuhl) Louiſe.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Kabale und Liebe. Mannheim, 1784, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_kabale_1784/132>, abgerufen am 29.03.2024.