Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
Viertes Buch.

Das schwache Band der Eintracht, wodurch Gustav Adolph die protestantischen Glieder des Reichs mühsam zusammenhielt, zerriß mit seinem Tode; die Verbundenen traten in ihre vorige Freyheit zurück, oder sie mußten sich in einem neuen Bunde verknüpfen. Durch das erste verloren sie alle Vortheile, welche sie mit so viel Blut sich errungen hatten, und setzten sich der unvermeidlichen Gefahr aus, der Raub eines Feindes zu werden, dem sie durch ihre Vereinigung allein gewachsen und überlegen gewesen waren. Einzeln konnte es weder Schweden, noch irgend ein Reichsstand mit der Ligue und dem Kaiser aufnehmen, und bey einem Frieden, den man unter solchen Umständen suchte, würde man gezwungen gewesen seyn, von dem Feinde Gesetze zu empfangen. Vereinigung war also die gleich nothwendige Bedingung, sowohl um einen Frieden zu schließen, als um den Krieg fortzusetzen. Aber ein Frieden, in der gegenwärtigen Lage gesucht, konnte nicht wohl anders als zum Nachtheil der verbundenen Mächte geschlossen werden. Mit dem Tode Gustav Adolphs schöpfte der Feind neue Hoffnung, und wie nachtheilig auch seine Lage nach dem Treffen bey Lützen seyn mochte, so war dieser Tod seines gefährlichsten Gegners eine zu nachtheilige Begebenheit für die Verbundenen, und eine zu glückliche für den Kaiser, um ihn nicht zu den glänzendsten Erwartungen zu berechtigen, und zu Fortsetzung des Kriegs einzuladen. Die Trennung unter den Alliirten mußte, für den Augenblick wenigstens, die unvermeidliche Folge desselben seyn; und wie viel gewann der Kaiser, gewann die Ligue bey einer solchen Trennung der Feinde! So große

Viertes Buch.

Das schwache Band der Eintracht, wodurch Gustav Adolph die protestantischen Glieder des Reichs mühsam zusammenhielt, zerriß mit seinem Tode; die Verbundenen traten in ihre vorige Freyheit zurück, oder sie mußten sich in einem neuen Bunde verknüpfen. Durch das erste verloren sie alle Vortheile, welche sie mit so viel Blut sich errungen hatten, und setzten sich der unvermeidlichen Gefahr aus, der Raub eines Feindes zu werden, dem sie durch ihre Vereinigung allein gewachsen und überlegen gewesen waren. Einzeln konnte es weder Schweden, noch irgend ein Reichsstand mit der Ligue und dem Kaiser aufnehmen, und bey einem Frieden, den man unter solchen Umständen suchte, würde man gezwungen gewesen seyn, von dem Feinde Gesetze zu empfangen. Vereinigung war also die gleich nothwendige Bedingung, sowohl um einen Frieden zu schließen, als um den Krieg fortzusetzen. Aber ein Frieden, in der gegenwärtigen Lage gesucht, konnte nicht wohl anders als zum Nachtheil der verbundenen Mächte geschlossen werden. Mit dem Tode Gustav Adolphs schöpfte der Feind neue Hoffnung, und wie nachtheilig auch seine Lage nach dem Treffen bey Lützen seyn mochte, so war dieser Tod seines gefährlichsten Gegners eine zu nachtheilige Begebenheit für die Verbundenen, und eine zu glückliche für den Kaiser, um ihn nicht zu den glänzendsten Erwartungen zu berechtigen, und zu Fortsetzung des Kriegs einzuladen. Die Trennung unter den Alliirten mußte, für den Augenblick wenigstens, die unvermeidliche Folge desselben seyn; und wie viel gewann der Kaiser, gewann die Ligue bey einer solchen Trennung der Feinde! So große

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0361" n="353"/>
      <div n="1">
        <head>Viertes Buch.</head>
        <p> Das schwache Band der Eintracht, wodurch <persName>Gustav Adolph</persName> die protestantischen Glieder des           Reichs mühsam zusammenhielt, zerriß mit seinem Tode; die Verbundenen traten in ihre vorige           Freyheit zurück, oder sie mußten sich in einem neuen Bunde verknüpfen. Durch das erste           verloren sie alle Vortheile, welche sie mit so viel Blut sich errungen hatten, und setzten           sich der unvermeidlichen Gefahr aus, der Raub eines Feindes zu werden, dem sie durch ihre           Vereinigung allein gewachsen und überlegen gewesen waren. Einzeln konnte es weder           Schweden, noch irgend ein Reichsstand mit der Ligue und dem Kaiser aufnehmen, und bey           einem Frieden, den man unter solchen Umständen suchte, würde man gezwungen gewesen seyn,           von dem Feinde Gesetze zu empfangen. Vereinigung war also die gleich nothwendige           Bedingung, sowohl um einen Frieden zu schließen, als um den Krieg fortzusetzen. Aber ein           Frieden, in der gegenwärtigen Lage gesucht, konnte nicht wohl anders als zum Nachtheil der           verbundenen Mächte geschlossen werden. Mit dem Tode <persName>Gustav Adolphs</persName> schöpfte der Feind neue           Hoffnung, und wie nachtheilig auch seine Lage nach dem Treffen bey Lützen seyn mochte, so           war dieser Tod seines gefährlichsten Gegners eine zu nachtheilige Begebenheit für die           Verbundenen, und eine zu glückliche für den Kaiser, um ihn nicht zu den glänzendsten           Erwartungen zu berechtigen, und zu Fortsetzung des Kriegs einzuladen. Die Trennung unter           den Alliirten mußte, für den Augenblick wenigstens, die unvermeidliche Folge desselben           seyn; und wie viel gewann der Kaiser, gewann die Ligue bey einer solchen Trennung der           Feinde! So große
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0361] Viertes Buch. Das schwache Band der Eintracht, wodurch Gustav Adolph die protestantischen Glieder des Reichs mühsam zusammenhielt, zerriß mit seinem Tode; die Verbundenen traten in ihre vorige Freyheit zurück, oder sie mußten sich in einem neuen Bunde verknüpfen. Durch das erste verloren sie alle Vortheile, welche sie mit so viel Blut sich errungen hatten, und setzten sich der unvermeidlichen Gefahr aus, der Raub eines Feindes zu werden, dem sie durch ihre Vereinigung allein gewachsen und überlegen gewesen waren. Einzeln konnte es weder Schweden, noch irgend ein Reichsstand mit der Ligue und dem Kaiser aufnehmen, und bey einem Frieden, den man unter solchen Umständen suchte, würde man gezwungen gewesen seyn, von dem Feinde Gesetze zu empfangen. Vereinigung war also die gleich nothwendige Bedingung, sowohl um einen Frieden zu schließen, als um den Krieg fortzusetzen. Aber ein Frieden, in der gegenwärtigen Lage gesucht, konnte nicht wohl anders als zum Nachtheil der verbundenen Mächte geschlossen werden. Mit dem Tode Gustav Adolphs schöpfte der Feind neue Hoffnung, und wie nachtheilig auch seine Lage nach dem Treffen bey Lützen seyn mochte, so war dieser Tod seines gefährlichsten Gegners eine zu nachtheilige Begebenheit für die Verbundenen, und eine zu glückliche für den Kaiser, um ihn nicht zu den glänzendsten Erwartungen zu berechtigen, und zu Fortsetzung des Kriegs einzuladen. Die Trennung unter den Alliirten mußte, für den Augenblick wenigstens, die unvermeidliche Folge desselben seyn; und wie viel gewann der Kaiser, gewann die Ligue bey einer solchen Trennung der Feinde! So große

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/361
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/361>, abgerufen am 25.04.2024.