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Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

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Vortheile, als ihm die jetzige Wendung der Dinge versprach, konnte er also nicht wohl für einen Frieden aufopfern, bey dem Er nicht das Meiste gewann; und einen solchen Frieden konnten die Verbundenen nicht zu schließen wünschen. Der natürlichste Schluß fiel also auf Fortsetzung des Krieges, so wie Vereinigung für das unentbehrlichste Mittel dazu erkannt wurde.

Aber wie diese Vereinigung erneuern, und wo zu Fortsetzung des Krieges die Kräfte hernehmen? Nicht die Macht des Schwedischen Reiches, nur der Geist und das persönliche Ansehen seines verstorbenen Beherrschers hatten ihm den überwiegenden Einfluß in Deutschland und eine so große Herrschaft über die Gemüther erworben; und auch ihm war es erst nach unendlichen Schwierigkeiten gelungen, ein schwaches und unsicheres Band der Vereinigung unter den Ständen zu knüpfen. Mit ihm verschwand alles, was nur durch ihn, durch seine persönlichen Eigenschaften, möglich geworden, und die Verbindlichkeit der Stände hörte zugleich mit den Hoffnungen auf, auf die sie gegründet worden war. Mehrere unter den Ständen werfen ungeduldig das Joch ab, das sie nicht ohne Widerwillen trugen; andre eilen, sich selbst des Ruders zu bemächtigen, das sie ungern genug in Gustavs Händen gesehen, aber nicht Macht gehabt hatten, ihm bey seinen Lebzeiten streitig zu machen. Andre werden von dem Kaiser durch verführerische Versprechungen in Versuchung geführt, den allgemeinen Bund zu verlassen; andre, von den Drangsalen des vierzehnjährigen Krieges zu Boden gedrückt, sehnen sich kleinmüthig nach einem, wenn auch verderblichen, Frieden. Die Anführer der Armeen, zum Theil Deutsche Fürsten, erkennen kein gemeinschaftliches Oberhaupt, und keiner will sich erniedrigen, von dem andern Befehle zu empfangen. Die Eintracht verschwindet aus dem Kabinet und aus dem Felde, und das gemeine Wesen ist in Gefahr, durch diesen Geist der Trennung ins Verderben zu sinken.

Vortheile, als ihm die jetzige Wendung der Dinge versprach, konnte er also nicht wohl für einen Frieden aufopfern, bey dem Er nicht das Meiste gewann; und einen solchen Frieden konnten die Verbundenen nicht zu schließen wünschen. Der natürlichste Schluß fiel also auf Fortsetzung des Krieges, so wie Vereinigung für das unentbehrlichste Mittel dazu erkannt wurde.

Aber wie diese Vereinigung erneuern, und wo zu Fortsetzung des Krieges die Kräfte hernehmen? Nicht die Macht des Schwedischen Reiches, nur der Geist und das persönliche Ansehen seines verstorbenen Beherrschers hatten ihm den überwiegenden Einfluß in Deutschland und eine so große Herrschaft über die Gemüther erworben; und auch ihm war es erst nach unendlichen Schwierigkeiten gelungen, ein schwaches und unsicheres Band der Vereinigung unter den Ständen zu knüpfen. Mit ihm verschwand alles, was nur durch ihn, durch seine persönlichen Eigenschaften, möglich geworden, und die Verbindlichkeit der Stände hörte zugleich mit den Hoffnungen auf, auf die sie gegründet worden war. Mehrere unter den Ständen werfen ungeduldig das Joch ab, das sie nicht ohne Widerwillen trugen; andre eilen, sich selbst des Ruders zu bemächtigen, das sie ungern genug in Gustavs Händen gesehen, aber nicht Macht gehabt hatten, ihm bey seinen Lebzeiten streitig zu machen. Andre werden von dem Kaiser durch verführerische Versprechungen in Versuchung geführt, den allgemeinen Bund zu verlassen; andre, von den Drangsalen des vierzehnjährigen Krieges zu Boden gedrückt, sehnen sich kleinmüthig nach einem, wenn auch verderblichen, Frieden. Die Anführer der Armeen, zum Theil Deutsche Fürsten, erkennen kein gemeinschaftliches Oberhaupt, und keiner will sich erniedrigen, von dem andern Befehle zu empfangen. Die Eintracht verschwindet aus dem Kabinet und aus dem Felde, und das gemeine Wesen ist in Gefahr, durch diesen Geist der Trennung ins Verderben zu sinken.

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[354/0362] Vortheile, als ihm die jetzige Wendung der Dinge versprach, konnte er also nicht wohl für einen Frieden aufopfern, bey dem Er nicht das Meiste gewann; und einen solchen Frieden konnten die Verbundenen nicht zu schließen wünschen. Der natürlichste Schluß fiel also auf Fortsetzung des Krieges, so wie Vereinigung für das unentbehrlichste Mittel dazu erkannt wurde. Aber wie diese Vereinigung erneuern, und wo zu Fortsetzung des Krieges die Kräfte hernehmen? Nicht die Macht des Schwedischen Reiches, nur der Geist und das persönliche Ansehen seines verstorbenen Beherrschers hatten ihm den überwiegenden Einfluß in Deutschland und eine so große Herrschaft über die Gemüther erworben; und auch ihm war es erst nach unendlichen Schwierigkeiten gelungen, ein schwaches und unsicheres Band der Vereinigung unter den Ständen zu knüpfen. Mit ihm verschwand alles, was nur durch ihn, durch seine persönlichen Eigenschaften, möglich geworden, und die Verbindlichkeit der Stände hörte zugleich mit den Hoffnungen auf, auf die sie gegründet worden war. Mehrere unter den Ständen werfen ungeduldig das Joch ab, das sie nicht ohne Widerwillen trugen; andre eilen, sich selbst des Ruders zu bemächtigen, das sie ungern genug in Gustavs Händen gesehen, aber nicht Macht gehabt hatten, ihm bey seinen Lebzeiten streitig zu machen. Andre werden von dem Kaiser durch verführerische Versprechungen in Versuchung geführt, den allgemeinen Bund zu verlassen; andre, von den Drangsalen des vierzehnjährigen Krieges zu Boden gedrückt, sehnen sich kleinmüthig nach einem, wenn auch verderblichen, Frieden. Die Anführer der Armeen, zum Theil Deutsche Fürsten, erkennen kein gemeinschaftliches Oberhaupt, und keiner will sich erniedrigen, von dem andern Befehle zu empfangen. Die Eintracht verschwindet aus dem Kabinet und aus dem Felde, und das gemeine Wesen ist in Gefahr, durch diesen Geist der Trennung ins Verderben zu sinken.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/362>, abgerufen am 19.04.2024.