Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

innere Rebellionen zu behaupten. Verheerende Kriege wechselten auf diesem Boden mit kurzen Waffenstillständen ab, die nicht viel besser waren. Verwüstet lag weit und breit das Land, und der mißhandelte Unterthan führte gleich große Beschwerden über seinen Feind und seinen Beschüzer. Der Oesterreichische Soldat betrug sich als Herr in einem Lande, das er mit seinem Blute vertheidigte; den Lebensunterhalt, den man ihm gutwillig nicht reichte, mußte er sich gewaltthätig nehmen. Gering war die Hülfe, die er leistete, und unerträglich der Troz, womit er sich dafür bezahlt machte. Die Nachlässigkeit des Kaisers, der das Land unvertheidigt, die wichtigsten Aemter unbesezt, die dringendsten Vorstellungen unbeantwortet ließ, veranlaßte auch in diesen, wie in seinen übrigen Ländern, die bittersten Klagen, und die Habsucht des Fiskus, der Troz seiner Officiere, die Ausgelassenheit seiner Truppen machte das Murren allgemein. Auch in diese Länder hatte sich die Reformation eingedrungen, und unter dem Schuze der ständischen Freyheit, unter der Decke des Tumults, merkliche Fortschritte gewonnen. Auch diese tastete man jezt unvorsichtig an, und der politische Faktionsgeist wurde gefährlicher durch religiöse Schwärmerey. Der Siebenbürgische und Ungarische Adel erhebt, von einem kühnen Rebellen Boschkai angeführt, die Fahne der Empörung. Die Aufrührer in Ungarn sind im Begriff, mit den mißvergnügten Protestanten in Oesterreich, Mähren und Böhmen gemeine Sache zu machen, und alle diese Länder in Einer furchtbaren Rebellion fortzureißen. Dann war der Untergang des Hauses Oesterreich gewiß, der Untergang des Pabstthums in diesen Ländern unvermeidlich.

Längst schon hatten die Erzherzoge von Oesterreich, des Kaisers Brüder, dem Verderben ihres Hauses mit stillem Unwillen zugesehen; dieser lezte Vorfall erschöpfte ihre Geduld. Erzherzog Matthias, Maximilians zweyter Sohn, Statthalter in Ungarn, und

innere Rebellionen zu behaupten. Verheerende Kriege wechselten auf diesem Boden mit kurzen Waffenstillständen ab, die nicht viel besser waren. Verwüstet lag weit und breit das Land, und der mißhandelte Unterthan führte gleich große Beschwerden über seinen Feind und seinen Beschüzer. Der Oesterreichische Soldat betrug sich als Herr in einem Lande, das er mit seinem Blute vertheidigte; den Lebensunterhalt, den man ihm gutwillig nicht reichte, mußte er sich gewaltthätig nehmen. Gering war die Hülfe, die er leistete, und unerträglich der Troz, womit er sich dafür bezahlt machte. Die Nachlässigkeit des Kaisers, der das Land unvertheidigt, die wichtigsten Aemter unbesezt, die dringendsten Vorstellungen unbeantwortet ließ, veranlaßte auch in diesen, wie in seinen übrigen Ländern, die bittersten Klagen, und die Habsucht des Fiskus, der Troz seiner Officiere, die Ausgelassenheit seiner Truppen machte das Murren allgemein. Auch in diese Länder hatte sich die Reformation eingedrungen, und unter dem Schuze der ständischen Freyheit, unter der Decke des Tumults, merkliche Fortschritte gewonnen. Auch diese tastete man jezt unvorsichtig an, und der politische Faktionsgeist wurde gefährlicher durch religiöse Schwärmerey. Der Siebenbürgische und Ungarische Adel erhebt, von einem kühnen Rebellen Boschkai angeführt, die Fahne der Empörung. Die Aufrührer in Ungarn sind im Begriff, mit den mißvergnügten Protestanten in Oesterreich, Mähren und Böhmen gemeine Sache zu machen, und alle diese Länder in Einer furchtbaren Rebellion fortzureißen. Dann war der Untergang des Hauses Oesterreich gewiß, der Untergang des Pabstthums in diesen Ländern unvermeidlich.

Längst schon hatten die Erzherzoge von Oesterreich, des Kaisers Brüder, dem Verderben ihres Hauses mit stillem Unwillen zugesehen; dieser lezte Vorfall erschöpfte ihre Geduld. Erzherzog Matthias, Maximilians zweyter Sohn, Statthalter in Ungarn, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0040" n="32"/>
innere Rebellionen zu behaupten. Verheerende           Kriege wechselten auf diesem Boden mit kurzen Waffenstillständen ab, die nicht viel besser           waren. Verwüstet lag weit und breit das Land, und der mißhandelte Unterthan führte gleich           große Beschwerden über seinen Feind und seinen Beschüzer. Der Oesterreichische Soldat           betrug sich als Herr in einem Lande, das er mit seinem Blute vertheidigte; den           Lebensunterhalt, den man ihm gutwillig nicht reichte, mußte er sich gewaltthätig nehmen.           Gering war die Hülfe, die er leistete, und unerträglich der Troz, womit er sich dafür           bezahlt machte. Die Nachlässigkeit des Kaisers, der das Land unvertheidigt, die           wichtigsten Aemter unbesezt, die dringendsten Vorstellungen unbeantwortet ließ, veranlaßte           auch in diesen, wie in seinen übrigen Ländern, die bittersten Klagen, und die Habsucht des           Fiskus, der Troz seiner Officiere, die Ausgelassenheit seiner Truppen machte das Murren           allgemein. Auch in diese Länder hatte sich die Reformation eingedrungen, und unter dem           Schuze der ständischen Freyheit, unter der Decke des Tumults, merkliche Fortschritte           gewonnen. Auch diese tastete man jezt unvorsichtig an, und der politische Faktionsgeist           wurde gefährlicher durch religiöse Schwärmerey. Der Siebenbürgische und Ungarische Adel           erhebt, von einem kühnen Rebellen <hi rendition="#fr">Boschkai</hi> angeführt, die Fahne           der Empörung. Die Aufrührer in Ungarn sind im Begriff, mit den mißvergnügten Protestanten           in Oesterreich, Mähren und Böhmen gemeine Sache zu machen, und alle diese Länder in <hi rendition="#fr">Einer</hi> furchtbaren Rebellion fortzureißen. Dann war der Untergang           des Hauses Oesterreich gewiß, der Untergang des Pabstthums in diesen Ländern           unvermeidlich.</p>
        <p>Längst schon hatten die Erzherzoge von Oesterreich, des Kaisers Brüder, dem Verderben           ihres Hauses mit stillem Unwillen zugesehen; dieser lezte Vorfall erschöpfte ihre Geduld.           Erzherzog Matthias, Maximilians zweyter Sohn, Statthalter in Ungarn, und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0040] innere Rebellionen zu behaupten. Verheerende Kriege wechselten auf diesem Boden mit kurzen Waffenstillständen ab, die nicht viel besser waren. Verwüstet lag weit und breit das Land, und der mißhandelte Unterthan führte gleich große Beschwerden über seinen Feind und seinen Beschüzer. Der Oesterreichische Soldat betrug sich als Herr in einem Lande, das er mit seinem Blute vertheidigte; den Lebensunterhalt, den man ihm gutwillig nicht reichte, mußte er sich gewaltthätig nehmen. Gering war die Hülfe, die er leistete, und unerträglich der Troz, womit er sich dafür bezahlt machte. Die Nachlässigkeit des Kaisers, der das Land unvertheidigt, die wichtigsten Aemter unbesezt, die dringendsten Vorstellungen unbeantwortet ließ, veranlaßte auch in diesen, wie in seinen übrigen Ländern, die bittersten Klagen, und die Habsucht des Fiskus, der Troz seiner Officiere, die Ausgelassenheit seiner Truppen machte das Murren allgemein. Auch in diese Länder hatte sich die Reformation eingedrungen, und unter dem Schuze der ständischen Freyheit, unter der Decke des Tumults, merkliche Fortschritte gewonnen. Auch diese tastete man jezt unvorsichtig an, und der politische Faktionsgeist wurde gefährlicher durch religiöse Schwärmerey. Der Siebenbürgische und Ungarische Adel erhebt, von einem kühnen Rebellen Boschkai angeführt, die Fahne der Empörung. Die Aufrührer in Ungarn sind im Begriff, mit den mißvergnügten Protestanten in Oesterreich, Mähren und Böhmen gemeine Sache zu machen, und alle diese Länder in Einer furchtbaren Rebellion fortzureißen. Dann war der Untergang des Hauses Oesterreich gewiß, der Untergang des Pabstthums in diesen Ländern unvermeidlich. Längst schon hatten die Erzherzoge von Oesterreich, des Kaisers Brüder, dem Verderben ihres Hauses mit stillem Unwillen zugesehen; dieser lezte Vorfall erschöpfte ihre Geduld. Erzherzog Matthias, Maximilians zweyter Sohn, Statthalter in Ungarn, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Google books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/40
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Geschichte des dreyßigjährigen Kriegs. Frankfurt u. a., 1792, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_krieg_1792/40>, abgerufen am 11.11.2024.