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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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dicke der schuttschichten auf dem urboden.

Den mehr erwähnten römischen Brunnen habe ich
bis zu einer Tiefe von 20 Meter vom Schutt geräumt
und gefunden, dass er nur bis zu einer Tiefe von
16 Meter unter der Bergesfläche gemauert ist und dann
in den Muschelkalkfels hineingeht, welcher den Urboden
bildet. In diesen Fels habe ich vom Brunnen aus durch
Georgios Photidas einen kleinen Tunnel graben lassen
und somit jetzt die Gewissheit erlangt, dass der Boden
auf dem nach Homer (Ilias XX, 215--218: "ktisse de
Dardanien; epei oupo Ilios ire en pedio pepolisto, polis
meropon anthropon all eth uporeias okeon polupidakos Ides")
der trojanische König Dardanos, der bis dahin mit sei-
nem Volke am Fusse des quellenreichen Idagebirges
gewohnt hatte, die Stadt Dardania (Troja) in der Ebene
erbaute, mit einer Schuttdecke von 16 Meter oder 531/2
engl. Fuss Dicke bedeckt ist. Hierbei muss ich daran
erinnern, dass die Trümmer der hier ansässig gewesenen
griechischen Colonie nur kaum bis 2 Meter Tiefe reichen,
und dass folglich, wenn wir mit Strabo (XIII, 1, 43)
die Gründung dieser Colonie unter lydischer Herrschaft,
somit ums Jahr 700 v. Chr., annehmen und die
Dauer der Regierung der sechs Könige (Dardanos,
Erichthonios, Tros, Ilos, Laomedon und Priamos), welche
nach Ilias XX, 215--337 Trojas Zerstörung vorangingen,
auf 200 Jahre ansetzen, somit die Gründung der Stadt
um 1400 v. Chr. muthmassen, die Schuttaufhäufung hier
in den ersten 700 Jahren 14 Meter oder 461/2 Fuss be-
tragen haben muss.

Ich bin fest überzeugt, dass bei einem Blick
auf meine Ausgrabungen jeder der noch übrigen Ver-
theidiger der veralteten Theorie, Troja hinter der Ebene,

dicke der schuttschichten auf dem urboden.

Den mehr erwähnten römischen Brunnen habe ich
bis zu einer Tiefe von 20 Meter vom Schutt geräumt
und gefunden, dass er nur bis zu einer Tiefe von
16 Meter unter der Bergesfläche gemauert ist und dann
in den Muschelkalkfels hineingeht, welcher den Urboden
bildet. In diesen Fels habe ich vom Brunnen aus durch
Georgios Photidas einen kleinen Tunnel graben lassen
und somit jetzt die Gewissheit erlangt, dass der Boden
auf dem nach Homer (Ilias XX, 215—218: „κτίσσε δὲ
Δαρδανίην· ἐπεὶ οὔπω Ἴλιος ἱρὴ ἐν πεδίῳ πεπόλιστο, πόλις
μερόπων ἀνϑρώπων ἀλλ̕ ἔϑ̕ ὑπωρείας ᾤκεον πολυπίδακος Ἴδης“)
der trojanische König Dardanos, der bis dahin mit sei-
nem Volke am Fusse des quellenreichen Idagebirges
gewohnt hatte, die Stadt Dardania (Troja) in der Ebene
erbaute, mit einer Schuttdecke von 16 Meter oder 53½
engl. Fuss Dicke bedeckt ist. Hierbei muss ich daran
erinnern, dass die Trümmer der hier ansässig gewesenen
griechischen Colonie nur kaum bis 2 Meter Tiefe reichen,
und dass folglich, wenn wir mit Strabo (XIII, 1, 43)
die Gründung dieser Colonie unter lydischer Herrschaft,
somit ums Jahr 700 v. Chr., annehmen und die
Dauer der Regierung der sechs Könige (Dardanos,
Erichthonios, Tros, Ilos, Laomedon und Priamos), welche
nach Ilias XX, 215—337 Trojas Zerstörung vorangingen,
auf 200 Jahre ansetzen, somit die Gründung der Stadt
um 1400 v. Chr. muthmassen, die Schuttaufhäufung hier
in den ersten 700 Jahren 14 Meter oder 46½ Fuss be-
tragen haben muss.

Ich bin fest überzeugt, dass bei einem Blick
auf meine Ausgrabungen jeder der noch übrigen Ver-
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[77/0143] dicke der schuttschichten auf dem urboden. Den mehr erwähnten römischen Brunnen habe ich bis zu einer Tiefe von 20 Meter vom Schutt geräumt und gefunden, dass er nur bis zu einer Tiefe von 16 Meter unter der Bergesfläche gemauert ist und dann in den Muschelkalkfels hineingeht, welcher den Urboden bildet. In diesen Fels habe ich vom Brunnen aus durch Georgios Photidas einen kleinen Tunnel graben lassen und somit jetzt die Gewissheit erlangt, dass der Boden auf dem nach Homer (Ilias XX, 215—218: „κτίσσε δὲ Δαρδανίην· ἐπεὶ οὔπω Ἴλιος ἱρὴ ἐν πεδίῳ πεπόλιστο, πόλις μερόπων ἀνϑρώπων ἀλλ̕ ἔϑ̕ ὑπωρείας ᾤκεον πολυπίδακος Ἴδης“) der trojanische König Dardanos, der bis dahin mit sei- nem Volke am Fusse des quellenreichen Idagebirges gewohnt hatte, die Stadt Dardania (Troja) in der Ebene erbaute, mit einer Schuttdecke von 16 Meter oder 53½ engl. Fuss Dicke bedeckt ist. Hierbei muss ich daran erinnern, dass die Trümmer der hier ansässig gewesenen griechischen Colonie nur kaum bis 2 Meter Tiefe reichen, und dass folglich, wenn wir mit Strabo (XIII, 1, 43) die Gründung dieser Colonie unter lydischer Herrschaft, somit ums Jahr 700 v. Chr., annehmen und die Dauer der Regierung der sechs Könige (Dardanos, Erichthonios, Tros, Ilos, Laomedon und Priamos), welche nach Ilias XX, 215—337 Trojas Zerstörung vorangingen, auf 200 Jahre ansetzen, somit die Gründung der Stadt um 1400 v. Chr. muthmassen, die Schuttaufhäufung hier in den ersten 700 Jahren 14 Meter oder 46½ Fuss be- tragen haben muss. Ich bin fest überzeugt, dass bei einem Blick auf meine Ausgrabungen jeder der noch übrigen Ver- theidiger der veralteten Theorie, Troja hinter der Ebene,

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/143>, abgerufen am 29.03.2024.