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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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löwenkopf, hexagon aus krystall.
des grossen Thurmes werde ich erst nach Abgrabung
der dort in Angriff genommenen Stelle beurtheilen
können, in welcher Richtung die Mauern von ihm ab-
laufen und wie ich weiter zu arbeiten habe. Der merk-
würdigste der diese Woche gefundenen Gegenstände
ist jedenfalls ein in 8 Meter Tiefe auf dem Thurm ent-
deckter grosser Stockknopf von feinstem, reinstem Krystall,
in Gestalt eines sehr schön gearbeiteten Löwenkopfes.
Derselbe muss das skeptron eines Trojaners geziert
haben, denn ich fand ihn zwischen jenen glänzend rothen
und schwarzen Topfscherben, die, ausser auf der Thurm-
fläche, nur in 11 bis 14 Meter Tiefe vorkommen. Nicht
nur dieser Löwenkopf, sondern auch das fortwährende
Vorkommen des Löwen in Gleichnissen der Ilias machen es
höchst wahrscheinlich, dass es im hohen Alterthum in hie-
siger Gegend Löwen gab; ja, Homer hätte unmöglich die
Eigenschaften dieses Thieres so vortrefflich beschreiben
können, hätte er nicht öfter Gelegenheit gehabt, die-
selben zu beobachten, und seine geographischen Kennt-
nisse der südlichen Länder sind zu gering, als dass zu
vermuthen wäre, dass er sie besucht und dort die Ge-
wohnheiten des Löwen genau kennen gelernt hätte.
Unweit des Löwenkopfes fand ich ein herrlich geschlif-
fenes Hexagon von reinstem Krystall, sowie eine kleine,
nur 4 Centimeter lange und breite, 21/4 Centimeter
hohe Pyramide von sehr feinem, in hiesiger Gegend
gar nicht vorkommendem, schwarz-, weiss- und blauge-
ringeltem Marmor; das durch die Mitte der Pyramide
gehende Loch ist mit Blei gefüllt.

Weiter fand ich auf dem Thurm ein sehr primitives,
19 Centimeter langes, 81/2 Centimeter breites und 3 Cen-

Schliemann, Troja. 15

löwenkopf, hexagon aus krystall.
des grossen Thurmes werde ich erst nach Abgrabung
der dort in Angriff genommenen Stelle beurtheilen
können, in welcher Richtung die Mauern von ihm ab-
laufen und wie ich weiter zu arbeiten habe. Der merk-
würdigste der diese Woche gefundenen Gegenstände
ist jedenfalls ein in 8 Meter Tiefe auf dem Thurm ent-
deckter grosser Stockknopf von feinstem, reinstem Krystall,
in Gestalt eines sehr schön gearbeiteten Löwenkopfes.
Derselbe muss das σκῆπτρον eines Trojaners geziert
haben, denn ich fand ihn zwischen jenen glänzend rothen
und schwarzen Topfscherben, die, ausser auf der Thurm-
fläche, nur in 11 bis 14 Meter Tiefe vorkommen. Nicht
nur dieser Löwenkopf, sondern auch das fortwährende
Vorkommen des Löwen in Gleichnissen der Ilias machen es
höchst wahrscheinlich, dass es im hohen Alterthum in hie-
siger Gegend Löwen gab; ja, Homer hätte unmöglich die
Eigenschaften dieses Thieres so vortrefflich beschreiben
können, hätte er nicht öfter Gelegenheit gehabt, die-
selben zu beobachten, und seine geographischen Kennt-
nisse der südlichen Länder sind zu gering, als dass zu
vermuthen wäre, dass er sie besucht und dort die Ge-
wohnheiten des Löwen genau kennen gelernt hätte.
Unweit des Löwenkopfes fand ich ein herrlich geschlif-
fenes Hexagon von reinstem Krystall, sowie eine kleine,
nur 4 Centimeter lange und breite, 2¼ Centimeter
hohe Pyramide von sehr feinem, in hiesiger Gegend
gar nicht vorkommendem, schwarz-, weiss- und blauge-
ringeltem Marmor; das durch die Mitte der Pyramide
gehende Loch ist mit Blei gefüllt.

Weiter fand ich auf dem Thurm ein sehr primitives,
19 Centimeter langes, 8½ Centimeter breites und 3 Cen-

Schliemann, Troja. 15
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[225/0291] löwenkopf, hexagon aus krystall. des grossen Thurmes werde ich erst nach Abgrabung der dort in Angriff genommenen Stelle beurtheilen können, in welcher Richtung die Mauern von ihm ab- laufen und wie ich weiter zu arbeiten habe. Der merk- würdigste der diese Woche gefundenen Gegenstände ist jedenfalls ein in 8 Meter Tiefe auf dem Thurm ent- deckter grosser Stockknopf von feinstem, reinstem Krystall, in Gestalt eines sehr schön gearbeiteten Löwenkopfes. Derselbe muss das σκῆπτρον eines Trojaners geziert haben, denn ich fand ihn zwischen jenen glänzend rothen und schwarzen Topfscherben, die, ausser auf der Thurm- fläche, nur in 11 bis 14 Meter Tiefe vorkommen. Nicht nur dieser Löwenkopf, sondern auch das fortwährende Vorkommen des Löwen in Gleichnissen der Ilias machen es höchst wahrscheinlich, dass es im hohen Alterthum in hie- siger Gegend Löwen gab; ja, Homer hätte unmöglich die Eigenschaften dieses Thieres so vortrefflich beschreiben können, hätte er nicht öfter Gelegenheit gehabt, die- selben zu beobachten, und seine geographischen Kennt- nisse der südlichen Länder sind zu gering, als dass zu vermuthen wäre, dass er sie besucht und dort die Ge- wohnheiten des Löwen genau kennen gelernt hätte. Unweit des Löwenkopfes fand ich ein herrlich geschlif- fenes Hexagon von reinstem Krystall, sowie eine kleine, nur 4 Centimeter lange und breite, 2¼ Centimeter hohe Pyramide von sehr feinem, in hiesiger Gegend gar nicht vorkommendem, schwarz-, weiss- und blauge- ringeltem Marmor; das durch die Mitte der Pyramide gehende Loch ist mit Blei gefüllt. Weiter fand ich auf dem Thurm ein sehr primitives, 19 Centimeter langes, 8½ Centimeter breites und 3 Cen- Schliemann, Troja. 15

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/291>, abgerufen am 28.03.2024.