Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

Bild:
<< vorherige Seite

höhere civilisation in der tiefe.
nicht nur widerrufen, dass ich schon auf die Steinperiode
gerathen sei, sondern ich kann nicht einmal zugeben,
dass ich die Bronzeperiode erreicht habe, denn die
Werkzeuge und Waffen, die ich finde, sind zu schön
gearbeitet. Uebrigens muss ich auf die Thatsache auf-
merksam machen, dass ich, je tiefer ich von 7 Meter
abwärts grabe, desto mehr Spuren höherer Civilisation
finde. In einer Tiefe von 4 bis 7 Meter waren die stei-
nernen Werkzeuge und Waffen grober Art; die Messer
von Flintstein, meistentheils in der Form von kleinen
Sägen und selten in der von Klingen; es kam aber
eine sehr grosse Masse scharfer Stücke Silex vor, die
ebenfalls als Messer gedient haben müssen. Seitdem
aber sind die steinernen Werkzeuge, als Hämmer und
Beile, viel besser gearbeitet; es kommt noch eine Menge
von Silexmessern in der Form von Sägen vor, aber dieselben
sind viel besser gemacht als die der höhern Schichten;
es kommen unterhalb 7 Meter Tiefe auch bisweilen
zweischneidige Messerklingen von vulkanischem Glase
vor, die so scharf sind, dass man sich damit rasiren
könnte. Es finden sich ausserdem in diesen Tiefen, wie
gesagt, wieder Waffen und Massen von Nägeln, Mes-
sern und Werkzeugen von Kupfer. Was aber mehr
noch als alles andere zu beweisen scheint, dass ich nie
die Steinperiode erreichte und bei tieferm Graben aus
den 4 bis 7 Meter tief liegenden Schuttschichten roher
Völker wieder in die civilisirterer Nationen überging,
bei denen sogar die Buchstabenschrift im Gebrauch war,
das sind zwei Inschriften, wovon die eine in 71/2 Meter
Tiefe gefundene phönizisch zu sein scheint, aber nur
aus etwa fünf Buchstaben besteht, die mit einem spitzen

höhere civilisation in der tiefe.
nicht nur widerrufen, dass ich schon auf die Steinperiode
gerathen sei, sondern ich kann nicht einmal zugeben,
dass ich die Bronzeperiode erreicht habe, denn die
Werkzeuge und Waffen, die ich finde, sind zu schön
gearbeitet. Uebrigens muss ich auf die Thatsache auf-
merksam machen, dass ich, je tiefer ich von 7 Meter
abwärts grabe, desto mehr Spuren höherer Civilisation
finde. In einer Tiefe von 4 bis 7 Meter waren die stei-
nernen Werkzeuge und Waffen grober Art; die Messer
von Flintstein, meistentheils in der Form von kleinen
Sägen und selten in der von Klingen; es kam aber
eine sehr grosse Masse scharfer Stücke Silex vor, die
ebenfalls als Messer gedient haben müssen. Seitdem
aber sind die steinernen Werkzeuge, als Hämmer und
Beile, viel besser gearbeitet; es kommt noch eine Menge
von Silexmessern in der Form von Sägen vor, aber dieselben
sind viel besser gemacht als die der höhern Schichten;
es kommen unterhalb 7 Meter Tiefe auch bisweilen
zweischneidige Messerklingen von vulkanischem Glase
vor, die so scharf sind, dass man sich damit rasiren
könnte. Es finden sich ausserdem in diesen Tiefen, wie
gesagt, wieder Waffen und Massen von Nägeln, Mes-
sern und Werkzeugen von Kupfer. Was aber mehr
noch als alles andere zu beweisen scheint, dass ich nie
die Steinperiode erreichte und bei tieferm Graben aus
den 4 bis 7 Meter tief liegenden Schuttschichten roher
Völker wieder in die civilisirterer Nationen überging,
bei denen sogar die Buchstabenschrift im Gebrauch war,
das sind zwei Inschriften, wovon die eine in 7½ Meter
Tiefe gefundene phönizisch zu sein scheint, aber nur
aus etwa fünf Buchstaben besteht, die mit einem spitzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#k">höhere civilisation in der tiefe</hi>.</fw><lb/>
nicht nur widerrufen, dass ich schon auf die Steinperiode<lb/>
gerathen sei, sondern ich kann nicht einmal zugeben,<lb/>
dass ich die Bronzeperiode erreicht habe, denn die<lb/>
Werkzeuge und Waffen, die ich finde, sind zu schön<lb/>
gearbeitet. Uebrigens muss ich auf die Thatsache auf-<lb/>
merksam machen, dass ich, je tiefer ich von 7 Meter<lb/>
abwärts grabe, desto mehr Spuren höherer Civilisation<lb/>
finde. In einer Tiefe von 4 bis 7 Meter waren die stei-<lb/>
nernen Werkzeuge und Waffen grober Art; die Messer<lb/>
von Flintstein, meistentheils in der Form von kleinen<lb/>
Sägen und selten in der von Klingen; es kam aber<lb/>
eine sehr grosse Masse scharfer Stücke Silex vor, die<lb/>
ebenfalls als Messer gedient haben müssen. Seitdem<lb/>
aber sind die steinernen Werkzeuge, als Hämmer und<lb/>
Beile, viel besser gearbeitet; es kommt noch eine Menge<lb/>
von Silexmessern in der Form von Sägen vor, aber dieselben<lb/>
sind viel besser gemacht als die der höhern Schichten;<lb/>
es kommen unterhalb 7 Meter Tiefe auch bisweilen<lb/>
zweischneidige Messerklingen von vulkanischem Glase<lb/>
vor, die so scharf sind, dass man sich damit rasiren<lb/>
könnte. Es finden sich ausserdem in diesen Tiefen, wie<lb/>
gesagt, wieder Waffen und Massen von Nägeln, Mes-<lb/>
sern und Werkzeugen von Kupfer. Was aber mehr<lb/>
noch als alles andere zu beweisen scheint, dass ich nie<lb/>
die Steinperiode erreichte und bei tieferm Graben aus<lb/>
den 4 bis 7 Meter tief liegenden Schuttschichten roher<lb/>
Völker wieder in die civilisirterer Nationen überging,<lb/>
bei denen sogar die Buchstabenschrift im Gebrauch war,<lb/>
das sind zwei Inschriften, wovon die eine in 7½ Meter<lb/>
Tiefe gefundene phönizisch zu sein scheint, aber nur<lb/>
aus etwa fünf Buchstaben besteht, die mit einem spitzen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0095] höhere civilisation in der tiefe. nicht nur widerrufen, dass ich schon auf die Steinperiode gerathen sei, sondern ich kann nicht einmal zugeben, dass ich die Bronzeperiode erreicht habe, denn die Werkzeuge und Waffen, die ich finde, sind zu schön gearbeitet. Uebrigens muss ich auf die Thatsache auf- merksam machen, dass ich, je tiefer ich von 7 Meter abwärts grabe, desto mehr Spuren höherer Civilisation finde. In einer Tiefe von 4 bis 7 Meter waren die stei- nernen Werkzeuge und Waffen grober Art; die Messer von Flintstein, meistentheils in der Form von kleinen Sägen und selten in der von Klingen; es kam aber eine sehr grosse Masse scharfer Stücke Silex vor, die ebenfalls als Messer gedient haben müssen. Seitdem aber sind die steinernen Werkzeuge, als Hämmer und Beile, viel besser gearbeitet; es kommt noch eine Menge von Silexmessern in der Form von Sägen vor, aber dieselben sind viel besser gemacht als die der höhern Schichten; es kommen unterhalb 7 Meter Tiefe auch bisweilen zweischneidige Messerklingen von vulkanischem Glase vor, die so scharf sind, dass man sich damit rasiren könnte. Es finden sich ausserdem in diesen Tiefen, wie gesagt, wieder Waffen und Massen von Nägeln, Mes- sern und Werkzeugen von Kupfer. Was aber mehr noch als alles andere zu beweisen scheint, dass ich nie die Steinperiode erreichte und bei tieferm Graben aus den 4 bis 7 Meter tief liegenden Schuttschichten roher Völker wieder in die civilisirterer Nationen überging, bei denen sogar die Buchstabenschrift im Gebrauch war, das sind zwei Inschriften, wovon die eine in 7½ Meter Tiefe gefundene phönizisch zu sein scheint, aber nur aus etwa fünf Buchstaben besteht, die mit einem spitzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/95
Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/95>, abgerufen am 25.04.2024.