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Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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großen Schopperstadel sollte die Berathung über die neuen Stücke gepflogen, die Anmeldung von neuen Spielern angenommen und die einzelnen Truppen abgetheilt werden. Um den Eingang zusammengedrängt stand eine Gruppe von jungen Burschen und Männern, Mädchen und Frauen, und zeigte sowohl durch diesen Platz als durch ihr Benehmen, daß sie zu den Vornehmeren und Reicheren der Zunft gehörten. Es waren meistens die Spieler, welche schon in den vorigen Jahren mitgewirkt und besondere Brauchbarkeit bewiesen hatten. Sie durften wohl ein wenig das große Wort führen und waren gewiß, daß sie auch in diesem Jahre hochwillkommen und unentbehrlich sein würden.

Unter den Burschen ragte Einer durch die besondere Höhe, Schlankheit und Wohlgestalt seines Körpers hervor; sein Gesicht war voll Ausdruck und zeigte eine angenehme Heiterkeit. Die braunen Augen funkelten voll Lebenskraft, die kräftigen rothen Lippen zuckten zu einem freundlichen Lachen, und wenn dies laut und herzhaft ausbrach, erschienen ein paar Reihen so blendend weißer Zähne, daß man wohlgefällig bei dem Anblick des Burschen verweilte und seinen Reden gern zuhörte, noch ehe man wußte, was er sagen würde. Es hatte bei diesen Eigenschaften nicht ausbleiben können, daß Hanney -- so lautet die Abkürzung von Johannes in der Schiffersprache -- der erste Liebhaber und Held der winterlichen Bühne geworden; man fand es allgemein um so natürlicher, denn auch während

großen Schopperstadel sollte die Berathung über die neuen Stücke gepflogen, die Anmeldung von neuen Spielern angenommen und die einzelnen Truppen abgetheilt werden. Um den Eingang zusammengedrängt stand eine Gruppe von jungen Burschen und Männern, Mädchen und Frauen, und zeigte sowohl durch diesen Platz als durch ihr Benehmen, daß sie zu den Vornehmeren und Reicheren der Zunft gehörten. Es waren meistens die Spieler, welche schon in den vorigen Jahren mitgewirkt und besondere Brauchbarkeit bewiesen hatten. Sie durften wohl ein wenig das große Wort führen und waren gewiß, daß sie auch in diesem Jahre hochwillkommen und unentbehrlich sein würden.

Unter den Burschen ragte Einer durch die besondere Höhe, Schlankheit und Wohlgestalt seines Körpers hervor; sein Gesicht war voll Ausdruck und zeigte eine angenehme Heiterkeit. Die braunen Augen funkelten voll Lebenskraft, die kräftigen rothen Lippen zuckten zu einem freundlichen Lachen, und wenn dies laut und herzhaft ausbrach, erschienen ein paar Reihen so blendend weißer Zähne, daß man wohlgefällig bei dem Anblick des Burschen verweilte und seinen Reden gern zuhörte, noch ehe man wußte, was er sagen würde. Es hatte bei diesen Eigenschaften nicht ausbleiben können, daß Hanney — so lautet die Abkürzung von Johannes in der Schiffersprache — der erste Liebhaber und Held der winterlichen Bühne geworden; man fand es allgemein um so natürlicher, denn auch während

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[0017] großen Schopperstadel sollte die Berathung über die neuen Stücke gepflogen, die Anmeldung von neuen Spielern angenommen und die einzelnen Truppen abgetheilt werden. Um den Eingang zusammengedrängt stand eine Gruppe von jungen Burschen und Männern, Mädchen und Frauen, und zeigte sowohl durch diesen Platz als durch ihr Benehmen, daß sie zu den Vornehmeren und Reicheren der Zunft gehörten. Es waren meistens die Spieler, welche schon in den vorigen Jahren mitgewirkt und besondere Brauchbarkeit bewiesen hatten. Sie durften wohl ein wenig das große Wort führen und waren gewiß, daß sie auch in diesem Jahre hochwillkommen und unentbehrlich sein würden. Unter den Burschen ragte Einer durch die besondere Höhe, Schlankheit und Wohlgestalt seines Körpers hervor; sein Gesicht war voll Ausdruck und zeigte eine angenehme Heiterkeit. Die braunen Augen funkelten voll Lebenskraft, die kräftigen rothen Lippen zuckten zu einem freundlichen Lachen, und wenn dies laut und herzhaft ausbrach, erschienen ein paar Reihen so blendend weißer Zähne, daß man wohlgefällig bei dem Anblick des Burschen verweilte und seinen Reden gern zuhörte, noch ehe man wußte, was er sagen würde. Es hatte bei diesen Eigenschaften nicht ausbleiben können, daß Hanney — so lautet die Abkürzung von Johannes in der Schiffersprache — der erste Liebhaber und Held der winterlichen Bühne geworden; man fand es allgemein um so natürlicher, denn auch während

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:20:55Z)

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Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/17>, abgerufen am 18.04.2024.