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Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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immer, es wird so gewesen sein, wie man in der Stille erzählt hat . . .

Und wie denn?

Der Mohr, sagte die Alte näher rückend und mit gedämpfter Stimme, der Mohr war ein Zauberer; in dem schwarzen Land verstehn sie alle das Zaubern. Er hat's dem Mädel angethan und hat ihr vielleicht einen Trank gegeben, der sie von Sinnen gebracht hat. . . Sie kann nichts dafür und wird wohl nicht dafür büßen müssen in der andern Welt -- aber wenn ich an sie denk', mach' ich doch allemal die gute Meinung für sie und sag': Herr, gieb ihr die ewige Ruh' und das ewige Licht leuchte ihr . . .

Amen! sagte eine tiefe wohlklingende Stimme, und in der Thüre stand Mohrenfranzel, die über dem Eifer des Erzählens und Zuhörens von Beiden nicht bemerkt worden war und den Schluß der Geschichte mit angehört hatte.

Die Alte war bei dem ersten Laut erschreckend und aufschreiend zusammengefahren. Alle guten Geister, sagte sie jetzt aufathmend. Wie bin ich erschrocken! Ich will keine glückliche Sterbestunde haben, wenn ich nicht geglaubt habe . . .

. . . Es ist ein böser Geist? sagte Mohrenfranzel mit traurigem Lächeln. Aber wenn du an böse Geister glaubst, glaubst du dann auch, daß sie mit einem Amen in die Stube kommen?

immer, es wird so gewesen sein, wie man in der Stille erzählt hat . . .

Und wie denn?

Der Mohr, sagte die Alte näher rückend und mit gedämpfter Stimme, der Mohr war ein Zauberer; in dem schwarzen Land verstehn sie alle das Zaubern. Er hat's dem Mädel angethan und hat ihr vielleicht einen Trank gegeben, der sie von Sinnen gebracht hat. . . Sie kann nichts dafür und wird wohl nicht dafür büßen müssen in der andern Welt — aber wenn ich an sie denk', mach' ich doch allemal die gute Meinung für sie und sag': Herr, gieb ihr die ewige Ruh' und das ewige Licht leuchte ihr . . .

Amen! sagte eine tiefe wohlklingende Stimme, und in der Thüre stand Mohrenfranzel, die über dem Eifer des Erzählens und Zuhörens von Beiden nicht bemerkt worden war und den Schluß der Geschichte mit angehört hatte.

Die Alte war bei dem ersten Laut erschreckend und aufschreiend zusammengefahren. Alle guten Geister, sagte sie jetzt aufathmend. Wie bin ich erschrocken! Ich will keine glückliche Sterbestunde haben, wenn ich nicht geglaubt habe . . .

. . . Es ist ein böser Geist? sagte Mohrenfranzel mit traurigem Lächeln. Aber wenn du an böse Geister glaubst, glaubst du dann auch, daß sie mit einem Amen in die Stube kommen?

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:20:55Z)

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Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/43>, abgerufen am 29.03.2024.