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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung/ derer von super-klugen
schlossen wäre. Ich will aber nur diese Frage
anstellen: Ob denn andere Handwercks-Leute/
welche in Stein/ Eisen/ Thon/ und andern Ma-
terien arbeiten/ von ihrer Arbeit reicher werden/
als die/ so in Holtz arbeiten? Ich meines Orts
kan mit Wahrheit sagen/ daß ich noch so wenig
reiche Mäurer als Zimmerleute angetroffen/
als Schlosser; auch habe ich noch nicht gehöret/
das ein Drechsler gewündschet hätte/ daß er mö-
ge mit einen Töpffer tauschen können. Ja ich
erinnere mich eines Wagners oder Radema-
chers/ welcher mit seinem Nachbar/ einem Gold-
schmidt/ nicht umgesetzet hätte/ und wenn dieser
jenen gleich etliche hundert Thaler hätte heraus
geben wollen. Kurtz zu sagen/ es gibt in einer ieg-
lichen Profession Arme und Reiche/ nach dem die
Glücks- und Unglücks-Fälle über einen kom-
men/ oder/ nach dem mancher faul oder fleißig/
alber oder verständig/ sparsam oder verschwende-
risch ist. Es gibt zwar freylich unter denen
Zimmerleuten/ Tischern/ und dergleichen/ zu
weilen versoffene liederliche faule Brüder/ aber
unter andern Handwercken fehlets leider! auch
nicht daran/ und ist ein iedwedes Handwerck al-
ler Ehren werth/ so lange es nicht von seinem
Meister oder Gesellen selbst geschändet wird.
GOtt hat den Menschen verordnet/ daß er im
Schweiß seines Angesichts sein Brod essen/ und

sich

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
ſchloſſen waͤre. Ich will aber nur dieſe Frage
anſtellen: Ob denn andere Handwercks-Leute/
welche in Stein/ Eiſen/ Thon/ und andern Ma-
terien arbeiten/ von ihrer Arbeit reicher werden/
als die/ ſo in Holtz arbeiten? Ich meines Orts
kan mit Wahrheit ſagen/ daß ich noch ſo wenig
reiche Maͤurer als Zimmerleute angetroffen/
als Schloſſer; auch habe ich noch nicht gehoͤret/
das ein Drechsler gewuͤndſchet haͤtte/ daß er moͤ-
ge mit einen Toͤpffer tauſchen koͤnnen. Ja ich
erinnere mich eines Wagners oder Radema-
chers/ welcher mit ſeinem Nachbar/ einem Gold-
ſchmidt/ nicht umgeſetzet haͤtte/ und wenn dieſer
jenen gleich etliche hundert Thaler haͤtte heraus
geben wollen. Kurtz zu ſagen/ es gibt in einer ieg-
lichen Profeſſion Arme und Reiche/ nach dem die
Gluͤcks- und Ungluͤcks-Faͤlle uͤber einen kom-
men/ oder/ nach dem mancher faul oder fleißig/
alber oder verſtaͤndig/ ſparſam oder verſchwende-
riſch iſt. Es gibt zwar freylich unter denen
Zimmerleuten/ Tiſchern/ und dergleichen/ zu
weilen verſoffene liederliche faule Bruͤder/ aber
unter andern Handwercken fehlets leider! auch
nicht daran/ und iſt ein iedwedes Handwerck al-
ler Ehren werth/ ſo lange es nicht von ſeinem
Meiſter oder Geſellen ſelbſt geſchaͤndet wird.
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[84/0106] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen ſchloſſen waͤre. Ich will aber nur dieſe Frage anſtellen: Ob denn andere Handwercks-Leute/ welche in Stein/ Eiſen/ Thon/ und andern Ma- terien arbeiten/ von ihrer Arbeit reicher werden/ als die/ ſo in Holtz arbeiten? Ich meines Orts kan mit Wahrheit ſagen/ daß ich noch ſo wenig reiche Maͤurer als Zimmerleute angetroffen/ als Schloſſer; auch habe ich noch nicht gehoͤret/ das ein Drechsler gewuͤndſchet haͤtte/ daß er moͤ- ge mit einen Toͤpffer tauſchen koͤnnen. Ja ich erinnere mich eines Wagners oder Radema- chers/ welcher mit ſeinem Nachbar/ einem Gold- ſchmidt/ nicht umgeſetzet haͤtte/ und wenn dieſer jenen gleich etliche hundert Thaler haͤtte heraus geben wollen. Kurtz zu ſagen/ es gibt in einer ieg- lichen Profeſſion Arme und Reiche/ nach dem die Gluͤcks- und Ungluͤcks-Faͤlle uͤber einen kom- men/ oder/ nach dem mancher faul oder fleißig/ alber oder verſtaͤndig/ ſparſam oder verſchwende- riſch iſt. Es gibt zwar freylich unter denen Zimmerleuten/ Tiſchern/ und dergleichen/ zu weilen verſoffene liederliche faule Bruͤder/ aber unter andern Handwercken fehlets leider! auch nicht daran/ und iſt ein iedwedes Handwerck al- ler Ehren werth/ ſo lange es nicht von ſeinem Meiſter oder Geſellen ſelbſt geſchaͤndet wird. GOtt hat den Menſchen verordnet/ daß er im Schweiß ſeines Angeſichts ſein Brod eſſen/ und ſich

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/106>, abgerufen am 28.03.2024.