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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705.

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Untersuchung/ derer von super-klugen
nes Spans wieder lassen davon gehen/ darbey
aber meinem Kinde etwas vor das Reissen in
Därmergen eingegeben/ so ist mein Kind in die
Ruhe gekommen. Hingegen habe ich/ wenn mein
Kind ist ruhig gewesen/ eben auch einen Trag-
Korb hinein bringen/ das Weib damit nieder se-
tzen/ auch einen Span vom Korbe brechen/ und
in des Kindes Wiege stecken lassen/ aber hierauff
ist mein Kind sehr unruhig worden. Da sagt
mir nun alle ihr super-klugen Weiber: Wie ge-
het das zu/ daß sich bey mir schnurstracks das
Gegentheil ausgewiesen? Ich weiß zwar wohl/
daß ihr mir werdet antworten: Die Ursach sey
an mir/ weil ich nicht daran glaubete; ja/ ihr
habt es errathen/ und das ists eben was ich von
euch haben will. Glaubt ihr auch nicht daran/
so wiederfähret euchs auch nicht. Denn wer leicht
glaubt/ der wird leicht betrogen; sondern wisset
vielmehr/ daß das Vertrauen/ welches ihr auff
den Span vom Korbe setzet/ eine Abgötterey
sey.

Das 2. Capitel.

Wenn man gewiß will wissen/ ob ein
Kind beschrien sey oder nicht/ so muß es die
Mutter an der Stirn lecken/ ist das Kind
beschrien/ so schmeckt die Stirn ge-
saltzen.

Dieses

Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen
nes Spans wieder laſſen davon gehen/ darbey
aber meinem Kinde etwas vor das Reiſſen in
Daͤrmergen eingegeben/ ſo iſt mein Kind in die
Ruhe gekommen. Hingegen habe ich/ wenn mein
Kind iſt ruhig geweſen/ eben auch einen Trag-
Korb hinein bringen/ das Weib damit nieder ſe-
tzen/ auch einen Span vom Korbe brechen/ und
in des Kindes Wiege ſtecken laſſen/ aber hierauff
iſt mein Kind ſehr unruhig worden. Da ſagt
mir nun alle ihr ſuper-klugen Weiber: Wie ge-
het das zu/ daß ſich bey mir ſchnurſtracks das
Gegentheil ausgewieſen? Ich weiß zwar wohl/
daß ihr mir werdet antworten: Die Urſach ſey
an mir/ weil ich nicht daran glaubete; ja/ ihr
habt es errathen/ und das iſts eben was ich von
euch haben will. Glaubt ihr auch nicht daran/
ſo wiederfaͤhret euchs auch nicht. Denn wer leicht
glaubt/ der wird leicht betrogen; ſondern wiſſet
vielmehr/ daß das Vertrauen/ welches ihr auff
den Span vom Korbe ſetzet/ eine Abgoͤtterey
ſey.

Das 2. Capitel.

Wenn man gewiß will wiſſen/ ob ein
Kind beſchrien ſey oder nicht/ ſo muß es die
Mutter an der Stirn lecken/ iſt das Kind
beſchrien/ ſo ſchmeckt die Stirn ge-
ſaltzen.

Dieſes
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[2/0024] Unterſuchung/ derer von ſuper-klugen nes Spans wieder laſſen davon gehen/ darbey aber meinem Kinde etwas vor das Reiſſen in Daͤrmergen eingegeben/ ſo iſt mein Kind in die Ruhe gekommen. Hingegen habe ich/ wenn mein Kind iſt ruhig geweſen/ eben auch einen Trag- Korb hinein bringen/ das Weib damit nieder ſe- tzen/ auch einen Span vom Korbe brechen/ und in des Kindes Wiege ſtecken laſſen/ aber hierauff iſt mein Kind ſehr unruhig worden. Da ſagt mir nun alle ihr ſuper-klugen Weiber: Wie ge- het das zu/ daß ſich bey mir ſchnurſtracks das Gegentheil ausgewieſen? Ich weiß zwar wohl/ daß ihr mir werdet antworten: Die Urſach ſey an mir/ weil ich nicht daran glaubete; ja/ ihr habt es errathen/ und das iſts eben was ich von euch haben will. Glaubt ihr auch nicht daran/ ſo wiederfaͤhret euchs auch nicht. Denn wer leicht glaubt/ der wird leicht betrogen; ſondern wiſſet vielmehr/ daß das Vertrauen/ welches ihr auff den Span vom Korbe ſetzet/ eine Abgoͤtterey ſey. Das 2. Capitel. Wenn man gewiß will wiſſen/ ob ein Kind beſchrien ſey oder nicht/ ſo muß es die Mutter an der Stirn lecken/ iſt das Kind beſchrien/ ſo ſchmeckt die Stirn ge- ſaltzen. Dieſes

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 1. Chemnitz, 1705, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia01_1705/24>, abgerufen am 29.03.2024.