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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
chem Unheil geben solle/ auch eigentlich dieses
verursachete/ daß das Weib länger müste war-
ten/ ehe sie gebähren könne/ als ihre von GOtt
geordnete Geburts-Stunde gewesen sey/ solches
ist nicht der Warheit gemäß. Denn es kan/ im
Fall der Noth/ ein schwanger Weib ohne Scha-
den unter einer Wagen-Deissel hinkriechen/ (ie-
doch heisse oder rathe ichs nicht/ daß es ohne Noth/
vielweniger aus Frevel/ geschehe/) hingegen kan
sie eben dergleichen Schaden nehmen/ wenn sie
unter etwas anders hinkriecht/ als ob es eine Wa-
gen-Deissel gewesen wäre. Denn dasjenige
Ding/ unter dem sie hinkriecht/ verursachet den
Schaden nicht so oder so/ sondern des schwan-
gern Weibes ungebührliche Krümmung und
Bügung ihres Leibes verursachet eine schädliche
Druckung der Frucht und Ausdehnung/ oder
auch wohl Zerreissung einiger Bänder/ welches
denn zum öfftern unglückliche Geburten verur-
sachet. Dahero sollen sich diese Weiber/ nach
aller Möglichkeit/ schonen und in Acht nehmen/
daß sie nicht viel über sich langen/ oder ihren Leib
unordentlich bügen und ausdehnen. Denn wenn
sie/ aus Frevel/ und ohne Noth/ wolten etwas
thun/ das sich nicht geziemete/ würde GOtt zur
Straffe Unglück über sie verhengen; Was a-
ber arme Bauer-Weiber sind/ oder auch Solda-
ten-Weiber/ die Tag und Nacht fort müssen/

und

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
chem Unheil geben ſolle/ auch eigentlich dieſes
verurſachete/ daß das Weib laͤnger muͤſte war-
ten/ ehe ſie gebaͤhren koͤnne/ als ihre von GOtt
geordnete Geburts-Stunde geweſen ſey/ ſolches
iſt nicht der Warheit gemaͤß. Denn es kan/ im
Fall der Noth/ ein ſchwanger Weib ohne Scha-
den unter einer Wagen-Deiſſel hinkriechen/ (ie-
doch heiſſe oder rathe ichs nicht/ daß es ohne Noth/
vielweniger aus Frevel/ geſchehe/) hingegen kan
ſie eben dergleichen Schaden nehmen/ wenn ſie
unter etwas andeꝛs hinkriecht/ als ob es eine Wa-
gen-Deiſſel geweſen waͤre. Denn dasjenige
Ding/ unter dem ſie hinkriecht/ verurſachet den
Schaden nicht ſo oder ſo/ ſondern des ſchwan-
gern Weibes ungebuͤhrliche Kruͤmmung und
Buͤgung ihres Leibes verurſachet eine ſchaͤdliche
Druckung der Frucht und Ausdehnung/ oder
auch wohl Zerreiſſung einiger Baͤnder/ welches
denn zum oͤfftern ungluͤckliche Geburten verur-
ſachet. Dahero ſollen ſich dieſe Weiber/ nach
aller Moͤglichkeit/ ſchonen und in Acht nehmen/
daß ſie nicht viel uͤber ſich langen/ oder ihren Leib
unordentlich buͤgen und ausdehnen. Denn wenn
ſie/ aus Frevel/ und ohne Noth/ wolten etwas
thun/ das ſich nicht geziemete/ wuͤrde GOtt zur
Straffe Ungluͤck uͤber ſie verhengen; Was a-
ber arme Bauer-Weiber ſind/ oder auch Solda-
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[395/0219] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. chem Unheil geben ſolle/ auch eigentlich dieſes verurſachete/ daß das Weib laͤnger muͤſte war- ten/ ehe ſie gebaͤhren koͤnne/ als ihre von GOtt geordnete Geburts-Stunde geweſen ſey/ ſolches iſt nicht der Warheit gemaͤß. Denn es kan/ im Fall der Noth/ ein ſchwanger Weib ohne Scha- den unter einer Wagen-Deiſſel hinkriechen/ (ie- doch heiſſe oder rathe ichs nicht/ daß es ohne Noth/ vielweniger aus Frevel/ geſchehe/) hingegen kan ſie eben dergleichen Schaden nehmen/ wenn ſie unter etwas andeꝛs hinkriecht/ als ob es eine Wa- gen-Deiſſel geweſen waͤre. Denn dasjenige Ding/ unter dem ſie hinkriecht/ verurſachet den Schaden nicht ſo oder ſo/ ſondern des ſchwan- gern Weibes ungebuͤhrliche Kruͤmmung und Buͤgung ihres Leibes verurſachet eine ſchaͤdliche Druckung der Frucht und Ausdehnung/ oder auch wohl Zerreiſſung einiger Baͤnder/ welches denn zum oͤfftern ungluͤckliche Geburten verur- ſachet. Dahero ſollen ſich dieſe Weiber/ nach aller Moͤglichkeit/ ſchonen und in Acht nehmen/ daß ſie nicht viel uͤber ſich langen/ oder ihren Leib unordentlich buͤgen und ausdehnen. Denn wenn ſie/ aus Frevel/ und ohne Noth/ wolten etwas thun/ das ſich nicht geziemete/ wuͤrde GOtt zur Straffe Ungluͤck uͤber ſie verhengen; Was a- ber arme Bauer-Weiber ſind/ oder auch Solda- ten-Weiber/ die Tag und Nacht fort muͤſſen/ und

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/219>, abgerufen am 18.04.2024.