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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

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gen habe. Solchergestalt wurde Mons. Litzberg
genöthiget seine Brief-Tasche hervor zu langen,
und uns aus selbiger das Concept seines Briefes fol-
gendes Jnhalts vorzulesen.

Allerschönstes Fräulein,

Mein äusserst verliebtes Hertze, hat zwar
dem Munde und Augen unzehlige mahl

Ordre gegeben, Jhnen die Beschaffenheit
desjenigen Feuers, welches Dero unver-
gleichlichen Augen in dem innersten meiner
Seelen angezündet haben, zu entdecken; Al-
lein wenn bey aller erwünschten Gelegen-
heit, der Mund zu blöde, so sind hingegen die
Augen desto unglücklicher gewesen, weiln
mein anbetens-würdiges Fräulein, deren
Sprache niemahls verstehen wollen. Jtzo
wagt es meine Hand, dem beklemmten Her-
tzen einige Linderung zu suchen, welches
ohnfehlbar in weniger Zeit gäntzlich verzeh-
ret wird, daferne Sie, allerschönstes Fräu-
lein, als die Urheberin solcher Gluth, demsel-
ben nicht Dero unschätzbare Gegen-Gunst
zur Erquickung gönnen wollen. Jch er-
warte also zwischen Furcht und Hoffnung
von Jhnen den Ausspruch: ob ich Liebe oder
Haß, Leben oder Tod zu finden habe, und
bin dennoch bey allen

Meines allwerthesten Fräuleins
bis ins Grab getreuer
Ferdinand von H.**
Anbey
g 4

gen habe. Solchergeſtalt wurde Monſ. Litzberg
genoͤthiget ſeine Brief-Taſche hervor zu langen,
und uns aus ſelbiger das Concept ſeines Briefes fol-
gendes Jnhalts vorzuleſen.

Allerſchoͤnſtes Fraͤulein,

Mein aͤuſſerſt verliebtes Hertze, hat zwar
dem Munde und Augen unzehlige mahl

Ordre gegeben, Jhnen die Beſchaffenheit
desjenigen Feuers, welches Dero unver-
gleichlichen Augen in dem innerſten meiner
Seelen angezuͤndet haben, zu entdecken; Al-
lein wenn bey aller erwuͤnſchten Gelegen-
heit, der Mund zu bloͤde, ſo ſind hingegen die
Augen deſto ungluͤcklicher geweſen, weiln
mein anbetens-wuͤrdiges Fraͤulein, deren
Sprache niemahls verſtehen wollen. Jtzo
wagt es meine Hand, dem beklemmten Her-
tzen einige Linderung zu ſuchen, welches
ohnfehlbar in weniger Zeit gaͤntzlich verzeh-
ret wird, daferne Sie, allerſchoͤnſtes Fraͤu-
lein, als die Urheberin ſolcher Gluth, demſel-
ben nicht Dero unſchaͤtzbare Gegen-Gunſt
zur Erquickung goͤnnen wollen. Jch er-
warte alſo zwiſchen Furcht und Hoffnung
von Jhnen den Ausſpruch: ob ich Liebe oder
Haß, Leben oder Tod zu finden habe, und
bin dennoch bey allen

Meines allwertheſten Fraͤuleins
bis ins Grab getreuer
Ferdinand von H.**
Anbey
g 4
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[103/0117] gen habe. Solchergeſtalt wurde Monſ. Litzberg genoͤthiget ſeine Brief-Taſche hervor zu langen, und uns aus ſelbiger das Concept ſeines Briefes fol- gendes Jnhalts vorzuleſen. Allerſchoͤnſtes Fraͤulein, Mein aͤuſſerſt verliebtes Hertze, hat zwar dem Munde und Augen unzehlige mahl Ordre gegeben, Jhnen die Beſchaffenheit desjenigen Feuers, welches Dero unver- gleichlichen Augen in dem innerſten meiner Seelen angezuͤndet haben, zu entdecken; Al- lein wenn bey aller erwuͤnſchten Gelegen- heit, der Mund zu bloͤde, ſo ſind hingegen die Augen deſto ungluͤcklicher geweſen, weiln mein anbetens-wuͤrdiges Fraͤulein, deren Sprache niemahls verſtehen wollen. Jtzo wagt es meine Hand, dem beklemmten Her- tzen einige Linderung zu ſuchen, welches ohnfehlbar in weniger Zeit gaͤntzlich verzeh- ret wird, daferne Sie, allerſchoͤnſtes Fraͤu- lein, als die Urheberin ſolcher Gluth, demſel- ben nicht Dero unſchaͤtzbare Gegen-Gunſt zur Erquickung goͤnnen wollen. Jch er- warte alſo zwiſchen Furcht und Hoffnung von Jhnen den Ausſpruch: ob ich Liebe oder Haß, Leben oder Tod zu finden habe, und bin dennoch bey allen Meines allwertheſten Fraͤuleins bis ins Grab getreuer Ferdinand von H.** Anbey g 4

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/117>, abgerufen am 29.03.2024.