Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737.

Bild:
<< vorherige Seite

leuse Zunge, meine Renomee aufs allerempfind-
lichste angetaster, hat meine Hand die Feder
ergriffen, dir zu vermelden: Wie ich die Aus-
legung, deiner schelmischen Worte nicht an-
ders als durch den
Raisonanz des Degens oder
der Pistolen zu hören und zu sehen verlange.
Hast du demnach nur etwa ein halbes Quent-
lein adeliches Blut im Leibe, woran aber
nicht ohne Ursache zu zweifeln ist, so zeige
dich Morgen frühe um 4. Uhr auf dem - - -
Platze, allwo einen
Cujon nach dem andern
abzufertigeu, oder aus Liebe zu der engli-
schen
Charlotten, sein Leben zu lassen, gesonnen
ist

der Lieutenant
Friederich Litzberg.

Folgenden Morgen machte ich mich also, nebst
zweyen Secundanten, und eben so viel adelichen
Zuschauern auf, traff an statt des von P. ** welcher
schon verreiset gewesen, Charlottens Bruder Au-
gustum
an, der sich zu seiner Lust den Degen erkie-
sete, Ferdinand hingegen bezeugte Appetit Kugeln
zu wechseln. Es wurde demnach wenig Federlesens
gemacht, sondern August, welcher sein Heyl am er-
sten versuchen wolte, wurde mit einem sehr gefähr-
lichen Stiche in die Seite bezahlt, Ferdinand aber
erstickte an meiner zweyten Pistolen-Kugel, weil
ihm dieselbe accurat über der Brust die Lufft-Röhre
abgerissen hatte. Diesem nach hielt ich nicht vor
rathsam, länger in dieser Gegend zu verweilen, son-
dern beschleunigte meine Reise, um Charlotten

meine
k 3

leuſe Zunge, meine Renomée aufs allerempfind-
lichſte angetaſter, hat meine Hand die Feder
ergriffen, dir zu vermelden: Wie ich die Aus-
legung, deiner ſchelmiſchen Worte nicht an-
ders als durch den
Raiſonanz des Degens oder
der Piſtolen zu hoͤren und zu ſehen verlange.
Haſt du demnach nur etwa ein halbes Quent-
lein adeliches Blut im Leibe, woran aber
nicht ohne Urſache zu zweifeln iſt, ſo zeige
dich Morgen fruͤhe um 4. Uhr auf dem ‒ ‒ ‒
Platze, allwo einen
Cujon nach dem andern
abzufertigeu, oder aus Liebe zu der engli-
ſchen
Charlotten, ſein Leben zu laſſen, geſonnen
iſt

der Lieutenant
Friederich Litzberg.

Folgenden Morgen machte ich mich alſo, nebſt
zweyen Secundanten, und eben ſo viel adelichen
Zuſchauern auf, traff an ſtatt des von P. ** welcher
ſchon verreiſet geweſen, Charlottens Bruder Au-
guſtum
an, der ſich zu ſeiner Luſt den Degen erkie-
ſete, Ferdinand hingegen bezeugte Appetit Kugeln
zu wechſeln. Es wurde demnach wenig Federleſens
gemacht, ſondern Auguſt, welcher ſein Heyl am er-
ſten verſuchen wolte, wurde mit einem ſehr gefaͤhr-
lichen Stiche in die Seite bezahlt, Ferdinand aber
erſtickte an meiner zweyten Piſtolen-Kugel, weil
ihm dieſelbe accurat uͤber der Bruſt die Lufft-Roͤhre
abgeriſſen hatte. Dieſem nach hielt ich nicht vor
rathſam, laͤnger in dieſer Gegend zu verweilen, ſon-
dern beſchleunigte meine Reiſe, um Charlotten

meine
k 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <div type="letter">
                <p>
                  <pb facs="#f0163" n="149"/> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">leu&#x017F;e</hi> </hi> <hi rendition="#fr">Zunge, meine</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Renomée</hi> </hi> <hi rendition="#fr">aufs allerempfind-<lb/>
lich&#x017F;te angeta&#x017F;ter, hat meine Hand die Feder<lb/>
ergriffen, dir zu vermelden: Wie ich die Aus-<lb/>
legung, deiner &#x017F;chelmi&#x017F;chen Worte nicht an-<lb/>
ders als durch den</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Rai&#x017F;onanz</hi> </hi> <hi rendition="#fr">des Degens oder<lb/>
der Pi&#x017F;tolen zu ho&#x0364;ren und zu &#x017F;ehen verlange.<lb/>
Ha&#x017F;t du demnach nur etwa ein halbes Quent-<lb/>
lein adeliches Blut im Leibe, woran aber<lb/>
nicht ohne Ur&#x017F;ache zu zweifeln i&#x017F;t, &#x017F;o zeige<lb/>
dich Morgen fru&#x0364;he um 4. Uhr auf dem &#x2012; &#x2012; &#x2012;<lb/>
Platze, allwo einen</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Cujon</hi> </hi> <hi rendition="#fr">nach dem andern<lb/>
abzufertigeu, oder aus Liebe zu der engli-<lb/>
&#x017F;chen</hi> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Charlotten,</hi> </hi> <hi rendition="#fr">&#x017F;ein Leben zu la&#x017F;&#x017F;en, ge&#x017F;onnen<lb/>
i&#x017F;t</hi> </p><lb/>
                <closer>
                  <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">der</hi> <hi rendition="#aq">Lieutenant<lb/>
Friederich Litzberg.</hi> </hi> </salute>
                </closer>
              </div>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Folgenden Morgen machte ich mich al&#x017F;o, neb&#x017F;t<lb/>
zweyen <hi rendition="#aq">Secundant</hi>en, und eben &#x017F;o viel adelichen<lb/>
Zu&#x017F;chauern auf, traff an &#x017F;tatt des von <hi rendition="#aq">P.</hi> ** welcher<lb/>
&#x017F;chon verrei&#x017F;et gewe&#x017F;en, <hi rendition="#aq">Charlottens</hi> Bruder <hi rendition="#aq">Au-<lb/>
gu&#x017F;tum</hi> an, der &#x017F;ich zu &#x017F;einer Lu&#x017F;t den Degen erkie-<lb/>
&#x017F;ete, <hi rendition="#aq">Ferdinand</hi> hingegen bezeugte <hi rendition="#aq">Appetit</hi> Kugeln<lb/>
zu wech&#x017F;eln. Es wurde demnach wenig Federle&#x017F;ens<lb/>
gemacht, &#x017F;ondern <hi rendition="#aq">Augu&#x017F;t,</hi> welcher &#x017F;ein Heyl am er-<lb/>
&#x017F;ten ver&#x017F;uchen wolte, wurde mit einem &#x017F;ehr gefa&#x0364;hr-<lb/>
lichen Stiche in die Seite bezahlt, <hi rendition="#aq">Ferdinand</hi> aber<lb/>
er&#x017F;tickte an meiner zweyten Pi&#x017F;tolen-Kugel, weil<lb/>
ihm die&#x017F;elbe <hi rendition="#aq">accurat</hi> u&#x0364;ber der Bru&#x017F;t die Lufft-Ro&#x0364;hre<lb/>
abgeri&#x017F;&#x017F;en hatte. Die&#x017F;em nach hielt ich nicht vor<lb/>
rath&#x017F;am, la&#x0364;nger in die&#x017F;er Gegend zu verweilen, &#x017F;on-<lb/>
dern be&#x017F;chleunigte meine Rei&#x017F;e, um <hi rendition="#aq">Charlotten</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">k 3</fw><fw place="bottom" type="catch">meine</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0163] leuſe Zunge, meine Renomée aufs allerempfind- lichſte angetaſter, hat meine Hand die Feder ergriffen, dir zu vermelden: Wie ich die Aus- legung, deiner ſchelmiſchen Worte nicht an- ders als durch den Raiſonanz des Degens oder der Piſtolen zu hoͤren und zu ſehen verlange. Haſt du demnach nur etwa ein halbes Quent- lein adeliches Blut im Leibe, woran aber nicht ohne Urſache zu zweifeln iſt, ſo zeige dich Morgen fruͤhe um 4. Uhr auf dem ‒ ‒ ‒ Platze, allwo einen Cujon nach dem andern abzufertigeu, oder aus Liebe zu der engli- ſchen Charlotten, ſein Leben zu laſſen, geſonnen iſt der Lieutenant Friederich Litzberg. Folgenden Morgen machte ich mich alſo, nebſt zweyen Secundanten, und eben ſo viel adelichen Zuſchauern auf, traff an ſtatt des von P. ** welcher ſchon verreiſet geweſen, Charlottens Bruder Au- guſtum an, der ſich zu ſeiner Luſt den Degen erkie- ſete, Ferdinand hingegen bezeugte Appetit Kugeln zu wechſeln. Es wurde demnach wenig Federleſens gemacht, ſondern Auguſt, welcher ſein Heyl am er- ſten verſuchen wolte, wurde mit einem ſehr gefaͤhr- lichen Stiche in die Seite bezahlt, Ferdinand aber erſtickte an meiner zweyten Piſtolen-Kugel, weil ihm dieſelbe accurat uͤber der Bruſt die Lufft-Roͤhre abgeriſſen hatte. Dieſem nach hielt ich nicht vor rathſam, laͤnger in dieſer Gegend zu verweilen, ſon- dern beſchleunigte meine Reiſe, um Charlotten meine k 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/163
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 2. Nordhausen, 1737, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata02_1737/163>, abgerufen am 29.03.2024.