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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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Liebsten Munde kleben blieb, biß wir die Mademoi-
selle Gillers
und die Magd mit dem Caffee ankom-
men höreten. Wir setzten uns, und truncken etli-
che Schälchen. Die Magd ging fort, derowegen
redete mein Schatz zu ihrer Baase: Dencket doch,
mein Hertz, dieser Herr, mit dem ich mich abfinden
wollen, will weder Geld noch Gut, sondern meine
Person selbst vor seine mir geleisteten Dienste haben.
Jhr wäret, antwortete die Mademoiselle Gillers,
die allerunerkänntlichste Person von der Welt, wenn
ihr ihm die selbige versagtet, denn er hat euch errettet,
und durchs Glück den grösten Antheil daran, ihr
seyd wenig Jahre älter als ich, und werdet den ledi-
gen Stand bey eurer Schönheit schwerlich ohne
starcke Versuchungen zubringen können, derowegen
machet mir das Vergnügen, daß ich itzo gleich die
Verlöbniß-Ringe von euren Fingern abziehen und
verwechseln darff, das Beylager aber muß ausge-
stellet bleiben, biß wir in meines Bruders Hauß
nach Portsmouth kommen. Hiermit stund das
lose Ding auf, zohe so wohl mir als der van Bredal
die Ringe vom Finger, verwechselte dieselben, und
stellete sich so dabey mit Reden und Geberden an,
als wenn sie ein würcklicher Priester wäre, ließ auch
nicht eher nach, biß wir einander die Hände und 50.
Küsse auf die Treue gaben.

Da nun dieses vorbey war, und alles seine voll-
kommene Richtigkeit hatte, erzählte ich beyden
Frauenzimmern den Streich, welchen ich in vergan-
gener Nacht dem Nörgel und der Helena gespielet
hatte. Sie lachten sich alle beyde bald zu Tode
darüber, wolten aber nicht alles glauben, biß ich

sie

Liebſten Munde kleben blieb, biß wir die Mademoi-
ſelle Gillers
und die Magd mit dem Caffee ankom-
men hoͤreten. Wir ſetzten uns, und truncken etli-
che Schaͤlchen. Die Magd ging fort, derowegen
redete mein Schatz zu ihrer Baaſe: Dencket doch,
mein Hertz, dieſer Herr, mit dem ich mich abfinden
wollen, will weder Geld noch Gut, ſondern meine
Perſon ſelbſt vor ſeine mir geleiſteten Dienſte haben.
Jhr waͤret, antwortete die Mademoiſelle Gillers,
die allerunerkaͤnntlichſte Perſon von der Welt, wenn
ihr ihm die ſelbige verſagtet, denn er hat euch errettet,
und durchs Gluͤck den groͤſten Antheil daran, ihr
ſeyd wenig Jahre aͤlter als ich, und werdet den ledi-
gen Stand bey eurer Schoͤnheit ſchwerlich ohne
ſtarcke Verſuchungen zubringen koͤnnen, derowegen
machet mir das Vergnuͤgen, daß ich itzo gleich die
Verloͤbniß-Ringe von euren Fingern abziehen und
verwechſeln darff, das Beylager aber muß ausge-
ſtellet bleiben, biß wir in meines Bruders Hauß
nach Portsmouth kommen. Hiermit ſtund das
loſe Ding auf, zohe ſo wohl mir als der van Bredal
die Ringe vom Finger, verwechſelte dieſelben, und
ſtellete ſich ſo dabey mit Reden und Geberden an,
als wenn ſie ein wuͤrcklicher Prieſter waͤre, ließ auch
nicht eher nach, biß wir einander die Haͤnde und 50.
Kuͤſſe auf die Treue gaben.

Da nun dieſes vorbey war, und alles ſeine voll-
kommene Richtigkeit hatte, erzaͤhlte ich beyden
Frauenzimmern den Streich, welchen ich in vergan-
gener Nacht dem Nörgel und der Helena geſpielet
hatte. Sie lachten ſich alle beyde bald zu Tode
daruͤber, wolten aber nicht alles glauben, biß ich

ſie
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[214/0222] Liebſten Munde kleben blieb, biß wir die Mademoi- ſelle Gillers und die Magd mit dem Caffee ankom- men hoͤreten. Wir ſetzten uns, und truncken etli- che Schaͤlchen. Die Magd ging fort, derowegen redete mein Schatz zu ihrer Baaſe: Dencket doch, mein Hertz, dieſer Herr, mit dem ich mich abfinden wollen, will weder Geld noch Gut, ſondern meine Perſon ſelbſt vor ſeine mir geleiſteten Dienſte haben. Jhr waͤret, antwortete die Mademoiſelle Gillers, die allerunerkaͤnntlichſte Perſon von der Welt, wenn ihr ihm die ſelbige verſagtet, denn er hat euch errettet, und durchs Gluͤck den groͤſten Antheil daran, ihr ſeyd wenig Jahre aͤlter als ich, und werdet den ledi- gen Stand bey eurer Schoͤnheit ſchwerlich ohne ſtarcke Verſuchungen zubringen koͤnnen, derowegen machet mir das Vergnuͤgen, daß ich itzo gleich die Verloͤbniß-Ringe von euren Fingern abziehen und verwechſeln darff, das Beylager aber muß ausge- ſtellet bleiben, biß wir in meines Bruders Hauß nach Portsmouth kommen. Hiermit ſtund das loſe Ding auf, zohe ſo wohl mir als der van Bredal die Ringe vom Finger, verwechſelte dieſelben, und ſtellete ſich ſo dabey mit Reden und Geberden an, als wenn ſie ein wuͤrcklicher Prieſter waͤre, ließ auch nicht eher nach, biß wir einander die Haͤnde und 50. Kuͤſſe auf die Treue gaben. Da nun dieſes vorbey war, und alles ſeine voll- kommene Richtigkeit hatte, erzaͤhlte ich beyden Frauenzimmern den Streich, welchen ich in vergan- gener Nacht dem Nörgel und der Helena geſpielet hatte. Sie lachten ſich alle beyde bald zu Tode daruͤber, wolten aber nicht alles glauben, biß ich ſie

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/222>, abgerufen am 28.03.2024.