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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739.

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freudig wurden, allein, er sagte gantz hertzhafft:
Kehret euch an nichts, denn es ist nichts gewissers,
als daß ich sterbe.

Hierauf befahler mir, einen Protestantischen
Geistlichen, welchen zwey junge Deutsche Barons
unter den Titul eines Gouverneurs bey sich hat-
ten, zu ruffen. Dieser unterredete sich über zwey gan-
tzer Stunden lang mit ihm, reichte ihm auch nach-
hero in meinem Beyseyn das Heilige Abendmahl.
Hierauf ließ er 2. nicht weit von ihm wohnende
Deutsche Cavaliers ruffen, bath dieselben, seine
Disposition, die er schon ehedem auf einen sol-
chen plötzlichen Fall gemacht, mit seinem, ihren
und des Geistlichen Petschafften zu versiegeln, und
den Tag, da dieses seinem Willen gemäß, gesche-
hen, nebst ihren Nahmens darauf zu notiren.
Auch musten dieselben verschiedene Kasten mit sei-
nen und ihren Pettschafften versiegeln, und dieserwe-
gen eine Schrifft in meine Hände liefern. Her-
nach beschenckte er seine Bedienten reichlich, ehe er
aber an mich kam, vergingen ihm die Gedancken,
und er lag abermahls gantzer 28. Stunden, ehe er
sich wieder besinnen konte. Dieses letztere gescha-
he Morgens früh, eben da die vorigen Freunde
wieder bey ihm waren, und seine erste Rede war:
Wo ist mein Willhelm? Jch trat mit weinenden
Augen zu ihm; er aber sprach: Gib dich zusrieden,
einmahl muß ich doch sterben, mein Chatoull und
der rothe Coffre, mit allen dem was drinnen ist,
soll deine seyn, hiervon aber solst du meine Begräb-
niß-Kosten bezahlen, und das im rothen Coffre
blau laquirte Kästlein an die bewuste Person lie-

fern,
III. Theil. (D d)

freudig wurden, allein, er ſagte gantz hertzhafft:
Kehret euch an nichts, denn es iſt nichts gewiſſers,
als daß ich ſterbe.

Hierauf befahler mir, einen Proteſtantiſchen
Geiſtlichen, welchen zwey junge Deutſche Barons
unter den Titul eines Gouverneurs bey ſich hat-
ten, zu ruffen. Dieſer unterredete ſich uͤber zwey gan-
tzer Stunden lang mit ihm, reichte ihm auch nach-
hero in meinem Beyſeyn das Heilige Abendmahl.
Hierauf ließ er 2. nicht weit von ihm wohnende
Deutſche Cavaliers ruffen, bath dieſelben, ſeine
Diſposition, die er ſchon ehedem auf einen ſol-
chen ploͤtzlichen Fall gemacht, mit ſeinem, ihren
und des Geiſtlichen Petſchafften zu verſiegeln, und
den Tag, da dieſes ſeinem Willen gemaͤß, geſche-
hen, nebſt ihren Nahmens darauf zu notiren.
Auch muſten dieſelben verſchiedene Kaſten mit ſei-
nen und ihren Pettſchafften verſiegeln, und dieſerwe-
gen eine Schrifft in meine Haͤnde liefern. Her-
nach beſchenckte er ſeine Bedienten reichlich, ehe er
aber an mich kam, vergingen ihm die Gedancken,
und er lag abermahls gantzer 28. Stunden, ehe er
ſich wieder beſinnen konte. Dieſes letztere geſcha-
he Morgens fruͤh, eben da die vorigen Freunde
wieder bey ihm waren, und ſeine erſte Rede war:
Wo iſt mein Willhelm? Jch trat mit weinenden
Augen zu ihm; er aber ſprach: Gib dich zuſrieden,
einmahl muß ich doch ſterben, mein Chatoull und
der rothe Coffre, mit allen dem was drinnen iſt,
ſoll deine ſeyn, hiervon aber ſolſt du meine Begraͤb-
niß-Koſten bezahlen, und das im rothen Coffre
blau laquirte Kaͤſtlein an die bewuſte Perſon lie-

fern,
III. Theil. (D d)
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[417/0425] freudig wurden, allein, er ſagte gantz hertzhafft: Kehret euch an nichts, denn es iſt nichts gewiſſers, als daß ich ſterbe. Hierauf befahler mir, einen Proteſtantiſchen Geiſtlichen, welchen zwey junge Deutſche Barons unter den Titul eines Gouverneurs bey ſich hat- ten, zu ruffen. Dieſer unterredete ſich uͤber zwey gan- tzer Stunden lang mit ihm, reichte ihm auch nach- hero in meinem Beyſeyn das Heilige Abendmahl. Hierauf ließ er 2. nicht weit von ihm wohnende Deutſche Cavaliers ruffen, bath dieſelben, ſeine Diſposition, die er ſchon ehedem auf einen ſol- chen ploͤtzlichen Fall gemacht, mit ſeinem, ihren und des Geiſtlichen Petſchafften zu verſiegeln, und den Tag, da dieſes ſeinem Willen gemaͤß, geſche- hen, nebſt ihren Nahmens darauf zu notiren. Auch muſten dieſelben verſchiedene Kaſten mit ſei- nen und ihren Pettſchafften verſiegeln, und dieſerwe- gen eine Schrifft in meine Haͤnde liefern. Her- nach beſchenckte er ſeine Bedienten reichlich, ehe er aber an mich kam, vergingen ihm die Gedancken, und er lag abermahls gantzer 28. Stunden, ehe er ſich wieder beſinnen konte. Dieſes letztere geſcha- he Morgens fruͤh, eben da die vorigen Freunde wieder bey ihm waren, und ſeine erſte Rede war: Wo iſt mein Willhelm? Jch trat mit weinenden Augen zu ihm; er aber ſprach: Gib dich zuſrieden, einmahl muß ich doch ſterben, mein Chatoull und der rothe Coffre, mit allen dem was drinnen iſt, ſoll deine ſeyn, hiervon aber ſolſt du meine Begraͤb- niß-Koſten bezahlen, und das im rothen Coffre blau laquirte Kaͤſtlein an die bewuſte Perſon lie- fern, III. Theil. (D d)

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. Bd. 3. Nordhausen, 1739, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata03_1739/425>, abgerufen am 19.04.2024.