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Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846.

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tung zurückweisen würden. Suche also nicht mein
Herz mit Hoffnungen zu erfüllen, gutes Bleichgesicht,
denn doppelt groß würde mein Schmerz seyn, wenn
ich vergebens gehofft hätte. Nein, nein," fuhr sie,
lauter weinend und zum ersten Male schluchzend, fort,
"nein, ich werde ihn nicht wiedersehen, der die Sonne
meines Herzens war, dessen Blick mir schöner schien,
als das Leuchten des großen Gestirns, dessen Worte
meinem Ohre lieblicher klangen, als das Girren der
Holztauben und der Gesang der Vögel am Morgen!"

-- "Hoffe trotz dem, Ria-weki," tröstete sie
Arnold; "in mir ist Etwas, das mich auf einen glück-
lichen Ausgang hoffen läßt."

-- "So hoffe denn du, mein bleicher Sohn,"
antwortete sie ihm mit von Thränen fast erstickter
Stimme; "die arme Ria-weki hofft aber nicht!"

Arnold, der tief ergriffen von dem Schmerze der
unglücklichen Mutter war, drückte ihr nochmals die
Hand und eilte dann den Andern nach, die bereits,
da sie ihre Schritte sehr beeilten, um gewiß zuerst
auf dem bestimmten Platze anzulangen, eine ziemliche
Strecke voraus waren, so daß er den Zug nur im
Laufe einholen konnte. Dieser bewegte sich im tiefsten
Schweigen und in guter Ordnung vorwärts, den west-
lichen Hügeln zu, die zum Sammelplatze bestimmt
waren. Allen Uebrigen voran, schritt White-hawk,

tung zurückweiſen würden. Suche alſo nicht mein
Herz mit Hoffnungen zu erfüllen, gutes Bleichgeſicht,
denn doppelt groß würde mein Schmerz ſeyn, wenn
ich vergebens gehofft hätte. Nein, nein,“ fuhr ſie,
lauter weinend und zum erſten Male ſchluchzend, fort,
„nein, ich werde ihn nicht wiederſehen, der die Sonne
meines Herzens war, deſſen Blick mir ſchöner ſchien,
als das Leuchten des großen Geſtirns, deſſen Worte
meinem Ohre lieblicher klangen, als das Girren der
Holztauben und der Geſang der Vögel am Morgen!“

— „Hoffe trotz dem, Ria-weki,“ tröſtete ſie
Arnold; „in mir iſt Etwas, das mich auf einen glück-
lichen Ausgang hoffen läßt.“

— „So hoffe denn du, mein bleicher Sohn,“
antwortete ſie ihm mit von Thränen faſt erſtickter
Stimme; „die arme Ria-weki hofft aber nicht!“

Arnold, der tief ergriffen von dem Schmerze der
unglücklichen Mutter war, drückte ihr nochmals die
Hand und eilte dann den Andern nach, die bereits,
da ſie ihre Schritte ſehr beeilten, um gewiß zuerſt
auf dem beſtimmten Platze anzulangen, eine ziemliche
Strecke voraus waren, ſo daß er den Zug nur im
Laufe einholen konnte. Dieſer bewegte ſich im tiefſten
Schweigen und in guter Ordnung vorwärts, den weſt-
lichen Hügeln zu, die zum Sammelplatze beſtimmt
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[31/0039] tung zurückweiſen würden. Suche alſo nicht mein Herz mit Hoffnungen zu erfüllen, gutes Bleichgeſicht, denn doppelt groß würde mein Schmerz ſeyn, wenn ich vergebens gehofft hätte. Nein, nein,“ fuhr ſie, lauter weinend und zum erſten Male ſchluchzend, fort, „nein, ich werde ihn nicht wiederſehen, der die Sonne meines Herzens war, deſſen Blick mir ſchöner ſchien, als das Leuchten des großen Geſtirns, deſſen Worte meinem Ohre lieblicher klangen, als das Girren der Holztauben und der Geſang der Vögel am Morgen!“ — „Hoffe trotz dem, Ria-weki,“ tröſtete ſie Arnold; „in mir iſt Etwas, das mich auf einen glück- lichen Ausgang hoffen läßt.“ — „So hoffe denn du, mein bleicher Sohn,“ antwortete ſie ihm mit von Thränen faſt erſtickter Stimme; „die arme Ria-weki hofft aber nicht!“ Arnold, der tief ergriffen von dem Schmerze der unglücklichen Mutter war, drückte ihr nochmals die Hand und eilte dann den Andern nach, die bereits, da ſie ihre Schritte ſehr beeilten, um gewiß zuerſt auf dem beſtimmten Platze anzulangen, eine ziemliche Strecke voraus waren, ſo daß er den Zug nur im Laufe einholen konnte. Dieſer bewegte ſich im tiefſten Schweigen und in guter Ordnung vorwärts, den weſt- lichen Hügeln zu, die zum Sammelplatze beſtimmt waren. Allen Uebrigen voran, ſchritt White-hawk,

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Zitationshilfe: Schoppe, Amalie: Der Prophet. Bd. 1. Jena, 1846, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schoppe_prophet01_1846/39>, abgerufen am 19.04.2024.