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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Erste Vorlesung.
hingestellt, würde jene Relation dann allerdings noch richtig bleiben, jedoch
weniger sagen, wenn man das Zeichen < in , statt als "untergeordnet",
nun als "kleiner" interpretirte. Sooft aber solche Relation A B als Vor-
aussetzung
hinzustellen wäre, müssten die beiden fraglichen Interpretationen
von < einen Unterschied geben: es wäre im erstern Falle die Annahme
"A kleiner als B" durch die Relation ausgeschlossen, im zweiten aber zu-
gelassen. Und anderes mehr.

Unstreitig wird es also praktischer sein, für die Unterordnung ein
von dem Zeichen < verschiedenes Zeichen zu wählen. Wenn nun dieses
fragliche Zeichen mit Rücksicht auf die Anforderung, dass dasselbe beim
Vor- und Rückwärtslesen muemonisch interpretirbar sei, ebenfalls zwei
divergirende Äste besitzen soll, so müssen dieselben gekrümmt genommen
werden, und bleibt (bei Wahrung der Symmetrie des Zeichens in vertikaler
Richtung, d. i. um die horizontale Axe) gewissermassen nur die Möglich-
keit übrig, dasselbe dem von uns gewählten Parabel- (oder Hyperbel) bogen
ähnlich zu gestalten -- in Anbetracht, dass ein Zeichen wie

bereits vergeben erscheint, nämlich nach Paul Du Bois Reymond's Vor-
schlag eine eigentümliche Verwendung zur Darstellung infinitärer Beziehungen
bereits gefunden hat und auch am besten findet.

Man könnte höchstens noch unserm Zeichen anstatt des Scheitels eine
Ecke geben: , wodurch es sich aber weniger deutlich von dem Zeichen <
abheben würde -- ein Punkt indess, über den ich mit niemand streiten
will. [Verwendeten wir statt des Parabelbogens einen Kreisbogen, so
würde dadurch ein oft störender Parallelismus mit etwaigen Klammerhaken
der hinter das Zeichen tretenden Ausdrücke bewirkt werden.]

Das Zeichen wurde 1873 von mir eingeführt1. Umfassende An-
wendungen von den durch dasselbe ausgedrückten Beziehungen der Sub-
sumtion möchten wol l. c. zum ersten mal auf (sozusagen) extralogischem
Gebiete gemacht sein. Ich habe jenes mit noch einem andern Zeichen, auf
das wir einzugehen haben werden, daselbst verwendet, um ein geschmeidiges
Rechnen mit vieldeutigen Zahlenausdrücken auszubilden, Prinzipien und
Methoden für solches zu entwickeln.

Herr Peirce verwendet dafür das in Amerika bereits ziemlich ein-
gebürgerte Zeichen
,
welches allerdings drei Jahre früher von ihm eingeführt worden ist; doch
haben vor ihm auch Augustus De Morgan und Andere sich schon be-
sondrer von den angeführten differirender Zeichen für die gedachte Be-
ziehung bedient.

Ich meine, dass nicht Rücksichten auf die mehr oder weniger zufällige
Priorität eines Bezeichnungsvorschlages, sondern lediglich sachliche Zweck-
mässigkeitsrücksichten den Ausschlag dafür geben sollten, welcher Vorschlag
etwa allgemein anzunehmen wäre. In dieser Beziehung könnte ich schon
die vorstehende Auseinandersetzung für sich selbst reden lassen. Besonders
möchte ich jedoch noch darauf aufmerksam machen, dass ein vorgeschlagenes
Beziehungszeichen nicht blos für sich allein in Betracht zu ziehen ist, sondern

Erste Vorlesung.
hingestellt, würde jene Relation dann allerdings noch richtig bleiben, jedoch
weniger sagen, wenn man das Zeichen < in ≦, statt als „untergeordnet“,
nun als „kleiner“ interpretirte. Sooft aber solche Relation AB als Vor-
aussetzung
hinzustellen wäre, müssten die beiden fraglichen Interpretationen
von < einen Unterschied geben: es wäre im erstern Falle die Annahme
A kleiner als B“ durch die Relation ausgeschlossen, im zweiten aber zu-
gelassen. Und anderes mehr.

Unstreitig wird es also praktischer sein, für die Unterordnung ein
von dem Zeichen < verschiedenes Zeichen zu wählen. Wenn nun dieses
fragliche Zeichen mit Rücksicht auf die Anforderung, dass dasselbe beim
Vor- und Rückwärtslesen muemonisch interpretirbar sei, ebenfalls zwei
divergirende Äste besitzen soll, so müssen dieselben gekrümmt genommen
werden, und bleibt (bei Wahrung der Symmetrie des Zeichens in vertikaler
Richtung, d. i. um die horizontale Axe) gewissermassen nur die Möglich-
keit übrig, dasselbe dem von uns gewählten Parabel- (oder Hyperbel) bogen
ähnlich zu gestalten — in Anbetracht, dass ein Zeichen wie

bereits vergeben erscheint, nämlich nach Paul Du Bois Reymond's Vor-
schlag eine eigentümliche Verwendung zur Darstellung infinitärer Beziehungen
bereits gefunden hat und auch am besten findet.

Man könnte höchstens noch unserm Zeichen anstatt des Scheitels eine
Ecke geben: ⊂, wodurch es sich aber weniger deutlich von dem Zeichen <
abheben würde — ein Punkt indess, über den ich mit niemand streiten
will. [Verwendeten wir statt des Parabelbogens einen Kreisbogen, so
würde dadurch ein oft störender Parallelismus mit etwaigen Klammerhaken
der hinter das Zeichen tretenden Ausdrücke bewirkt werden.]

Das Zeichen ⋹ wurde 1873 von mir eingeführt1. Umfassende An-
wendungen von den durch dasselbe ausgedrückten Beziehungen der Sub-
sumtion möchten wol l. c. zum ersten mal auf (sozusagen) extralogischem
Gebiete gemacht sein. Ich habe jenes mit noch einem andern Zeichen, auf
das wir einzugehen haben werden, daselbst verwendet, um ein geschmeidiges
Rechnen mit vieldeutigen Zahlenausdrücken auszubilden, Prinzipien und
Methoden für solches zu entwickeln.

Herr Peirce verwendet dafür das in Amerika bereits ziemlich ein-
gebürgerte Zeichen
⤙,
welches allerdings drei Jahre früher von ihm eingeführt worden ist; doch
haben vor ihm auch Augustus De Morgan und Andere sich schon be-
sondrer von den angeführten differirender Zeichen für die gedachte Be-
ziehung bedient.

Ich meine, dass nicht Rücksichten auf die mehr oder weniger zufällige
Priorität eines Bezeichnungsvorschlages, sondern lediglich sachliche Zweck-
mässigkeitsrücksichten den Ausschlag dafür geben sollten, welcher Vorschlag
etwa allgemein anzunehmen wäre. In dieser Beziehung könnte ich schon
die vorstehende Auseinandersetzung für sich selbst reden lassen. Besonders
möchte ich jedoch noch darauf aufmerksam machen, dass ein vorgeschlagenes
Beziehungszeichen nicht blos für sich allein in Betracht zu ziehen ist, sondern

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[140/0160] Erste Vorlesung. hingestellt, würde jene Relation dann allerdings noch richtig bleiben, jedoch weniger sagen, wenn man das Zeichen < in ≦, statt als „untergeordnet“, nun als „kleiner“ interpretirte. Sooft aber solche Relation A ≦ B als Vor- aussetzung hinzustellen wäre, müssten die beiden fraglichen Interpretationen von < einen Unterschied geben: es wäre im erstern Falle die Annahme „A kleiner als B“ durch die Relation ausgeschlossen, im zweiten aber zu- gelassen. Und anderes mehr. Unstreitig wird es also praktischer sein, für die Unterordnung ein von dem Zeichen < verschiedenes Zeichen zu wählen. Wenn nun dieses fragliche Zeichen mit Rücksicht auf die Anforderung, dass dasselbe beim Vor- und Rückwärtslesen muemonisch interpretirbar sei, ebenfalls zwei divergirende Äste besitzen soll, so müssen dieselben gekrümmt genommen werden, und bleibt (bei Wahrung der Symmetrie des Zeichens in vertikaler Richtung, d. i. um die horizontale Axe) gewissermassen nur die Möglich- keit übrig, dasselbe dem von uns gewählten Parabel- (oder Hyperbel) bogen ähnlich zu gestalten — in Anbetracht, dass ein Zeichen wie ≺ bereits vergeben erscheint, nämlich nach Paul Du Bois Reymond's Vor- schlag eine eigentümliche Verwendung zur Darstellung infinitärer Beziehungen bereits gefunden hat und auch am besten findet. Man könnte höchstens noch unserm Zeichen anstatt des Scheitels eine Ecke geben: ⊂, wodurch es sich aber weniger deutlich von dem Zeichen < abheben würde — ein Punkt indess, über den ich mit niemand streiten will. [Verwendeten wir statt des Parabelbogens einen Kreisbogen, so würde dadurch ein oft störender Parallelismus mit etwaigen Klammerhaken der hinter das Zeichen tretenden Ausdrücke bewirkt werden.] Das Zeichen ⋹ wurde 1873 von mir eingeführt1. Umfassende An- wendungen von den durch dasselbe ausgedrückten Beziehungen der Sub- sumtion möchten wol l. c. zum ersten mal auf (sozusagen) extralogischem Gebiete gemacht sein. Ich habe jenes mit noch einem andern Zeichen, auf das wir einzugehen haben werden, daselbst verwendet, um ein geschmeidiges Rechnen mit vieldeutigen Zahlenausdrücken auszubilden, Prinzipien und Methoden für solches zu entwickeln. Herr Peirce verwendet dafür das in Amerika bereits ziemlich ein- gebürgerte Zeichen ⤙, welches allerdings drei Jahre früher von ihm eingeführt worden ist; doch haben vor ihm auch Augustus De Morgan und Andere sich schon be- sondrer von den angeführten differirender Zeichen für die gedachte Be- ziehung bedient. Ich meine, dass nicht Rücksichten auf die mehr oder weniger zufällige Priorität eines Bezeichnungsvorschlages, sondern lediglich sachliche Zweck- mässigkeitsrücksichten den Ausschlag dafür geben sollten, welcher Vorschlag etwa allgemein anzunehmen wäre. In dieser Beziehung könnte ich schon die vorstehende Auseinandersetzung für sich selbst reden lassen. Besonders möchte ich jedoch noch darauf aufmerksam machen, dass ein vorgeschlagenes Beziehungszeichen nicht blos für sich allein in Betracht zu ziehen ist, sondern

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/160>, abgerufen am 18.04.2024.