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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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§ 10. Die nicht von Negation handelnden Sätze.
chungen (a = b) · (a' = b') bedeutend mehr ausdrücken als dass blos die
Gleichung gelte a a' = b b', u. s. w. -- worüber des Näheren der Aussagen-
kalkul selbst zu vergleichen, insbesondre § 33, x).

Es ist deshalb unerlässlich, die mehrerlei Prozesse auch unterscheidend
zu benennen. Und dieses geschieht unsres Erachtens am einfachsten und
besten, wenn man behufs Beschreibung der früheren in unsern Theoremen
als zulässig hingestellten Schlüsse dem Multipliziren resp. Addiren ein ge-
eignetes Umstandswort, Adverb zugesellt. Das Adverb muss, wie sich
zeigt, ein anderes sein, bei den Schlüssen der Theoreme 15) und 16) als
bei denen von 17) bis 19). Für jene ist schon "beiderseits" gebräuchlich,
für diese schlagen wir "überschiebend" vor (nicht unpassend erschiene auch
"superponirend").

Es soll gesagt werden: Subsumtionen, Gleichungen (später über-
haupt "Propositionen" -- zunächst von einerlei Art) werden durch
eine Operation "überschiebend" verknüpft, wenn man aus ihnen eine
neue Subsumtion resp. Gleichung (Proposition derselben Art) dadurch
ableitet, dass man sowol ihre linken Seiten als auch ihre rechten Seiten
durch die gedachte Operation verknüpft.

Darnach dürfen wir nun erstlich die Theoreme 15) und 16) auch (nur
wenig abweichend von der früheren Fassung) wie folgt aussprechen: Sub-
sumtionen sowol als Gleichungen dürfen beiderseits mit demselben Symbol
multiplizirt, resp. beiderseits um dasselbe Symbol vermehrt werden; es darf
beiderseits dasselbe Symbol zu ihnen addirt werden; es darf auch ein Sym-
bol mit einer Subsumtion oder Gleichung beiderseitig multiplizirt, es darf
zu jenem diese beiderseitig addirt werden. Und zweitens:

Es liefern uns die Theoreme 17) bis incl. 19) darnach den all-
gemeinsten Satz:

In beliebiger Menge vorhandene sei es gleichstimmige Subsumtionen
oder auch Gleichungen dürfen überschiebend mit einander multiplizirt
, über-
schiebend zu einander addirt werden
, und zwar ist das Ergebniss eine
Gleichung nur, wenn unter den verknüpften Propositionen sich keine
Subsumtion befindet, dagegen wieder eine mit den gegebenen gleich-
stimmige Subsumtion im andern Falle, d. i. wenn mindestens eine Sub-
sumtion sich unter den verknüpften Propositionen vorfindet.

Würde man aber eine Gleichung a = b mit einer andern a' = b'
beiderseits multipliziren, so erhielte man eine Aussage
a · (a' = b') = b · (a' = b')
die sich ebenfalls als eine im Aussagenkalkul gültige nachweisen lassen
wird, und daselbst einen Sinn hat, der weder sich deckt mit dem des Er-
gebnisses der überschiebenden Multiplikation beider Gleichungen: a · a' = b · b',
noch mit dem des Ergebnisses ihrer Multiplikation (schlechtweg):
(a = b) · (a' = b').
Man ersieht hieraus, dass auch die Umstandswörter "beiderseits" und "über-
schiebend" nicht verwechselt werden dürfen, nicht durch ein einziges Um-

§ 10. Die nicht von Negation handelnden Sätze.
chungen (a = b) · (a' = b') bedeutend mehr ausdrücken als dass blos die
Gleichung gelte a a' = b b', u. s. w. — worüber des Näheren der Aussagen-
kalkul selbst zu vergleichen, insbesondre § 33, ξ).

Es ist deshalb unerlässlich, die mehrerlei Prozesse auch unterscheidend
zu benennen. Und dieses geschieht unsres Erachtens am einfachsten und
besten, wenn man behufs Beschreibung der früheren in unsern Theoremen
als zulässig hingestellten Schlüsse dem Multipliziren resp. Addiren ein ge-
eignetes Umstandswort, Adverb zugesellt. Das Adverb muss, wie sich
zeigt, ein anderes sein, bei den Schlüssen der Theoreme 15) und 16) als
bei denen von 17) bis 19). Für jene ist schon „beiderseits“ gebräuchlich,
für diese schlagen wir „überschiebend“ vor (nicht unpassend erschiene auch
„superponirend“).

Es soll gesagt werden: Subsumtionen, Gleichungen (später über-
haupt „Propositionen“ — zunächst von einerlei Art) werden durch
eine Operation „überschiebend“ verknüpft, wenn man aus ihnen eine
neue Subsumtion resp. Gleichung (Proposition derselben Art) dadurch
ableitet, dass man sowol ihre linken Seiten als auch ihre rechten Seiten
durch die gedachte Operation verknüpft.

Darnach dürfen wir nun erstlich die Theoreme 15) und 16) auch (nur
wenig abweichend von der früheren Fassung) wie folgt aussprechen: Sub-
sumtionen sowol als Gleichungen dürfen beiderseits mit demselben Symbol
multiplizirt, resp. beiderseits um dasselbe Symbol vermehrt werden; es darf
beiderseits dasselbe Symbol zu ihnen addirt werden; es darf auch ein Sym-
bol mit einer Subsumtion oder Gleichung beiderseitig multiplizirt, es darf
zu jenem diese beiderseitig addirt werden. Und zweitens:

Es liefern uns die Theoreme 17) bis incl. 19) darnach den all-
gemeinsten Satz:

In beliebiger Menge vorhandene sei es gleichstimmige Subsumtionen
oder auch Gleichungen dürfen überschiebend mit einander multiplizirt
, über-
schiebend zu einander addirt werden
, und zwar ist das Ergebniss eine
Gleichung nur, wenn unter den verknüpften Propositionen sich keine
Subsumtion befindet, dagegen wieder eine mit den gegebenen gleich-
stimmige Subsumtion im andern Falle, d. i. wenn mindestens eine Sub-
sumtion sich unter den verknüpften Propositionen vorfindet.

Würde man aber eine Gleichung a = b mit einer andern a' = b'
beiderseits multipliziren, so erhielte man eine Aussage
a · (a' = b') = b · (a' = b')
die sich ebenfalls als eine im Aussagenkalkul gültige nachweisen lassen
wird, und daselbst einen Sinn hat, der weder sich deckt mit dem des Er-
gebnisses der überschiebenden Multiplikation beider Gleichungen: a · a' = b · b',
noch mit dem des Ergebnisses ihrer Multiplikation (schlechtweg):
(a = b) · (a' = b').
Man ersieht hieraus, dass auch die Umstandswörter „beiderseits“ und „über-
schiebend“ nicht verwechselt werden dürfen, nicht durch ein einziges Um-

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[269/0289] § 10. Die nicht von Negation handelnden Sätze. chungen (a = b) · (a' = b') bedeutend mehr ausdrücken als dass blos die Gleichung gelte a a' = b b', u. s. w. — worüber des Näheren der Aussagen- kalkul selbst zu vergleichen, insbesondre § 33, ξ). Es ist deshalb unerlässlich, die mehrerlei Prozesse auch unterscheidend zu benennen. Und dieses geschieht unsres Erachtens am einfachsten und besten, wenn man behufs Beschreibung der früheren in unsern Theoremen als zulässig hingestellten Schlüsse dem Multipliziren resp. Addiren ein ge- eignetes Umstandswort, Adverb zugesellt. Das Adverb muss, wie sich zeigt, ein anderes sein, bei den Schlüssen der Theoreme 15) und 16) als bei denen von 17) bis 19). Für jene ist schon „beiderseits“ gebräuchlich, für diese schlagen wir „überschiebend“ vor (nicht unpassend erschiene auch „superponirend“). Es soll gesagt werden: Subsumtionen, Gleichungen (später über- haupt „Propositionen“ — zunächst von einerlei Art) werden durch eine Operation „überschiebend“ verknüpft, wenn man aus ihnen eine neue Subsumtion resp. Gleichung (Proposition derselben Art) dadurch ableitet, dass man sowol ihre linken Seiten als auch ihre rechten Seiten durch die gedachte Operation verknüpft. Darnach dürfen wir nun erstlich die Theoreme 15) und 16) auch (nur wenig abweichend von der früheren Fassung) wie folgt aussprechen: Sub- sumtionen sowol als Gleichungen dürfen beiderseits mit demselben Symbol multiplizirt, resp. beiderseits um dasselbe Symbol vermehrt werden; es darf beiderseits dasselbe Symbol zu ihnen addirt werden; es darf auch ein Sym- bol mit einer Subsumtion oder Gleichung beiderseitig multiplizirt, es darf zu jenem diese beiderseitig addirt werden. Und zweitens: Es liefern uns die Theoreme 17) bis incl. 19) darnach den all- gemeinsten Satz: In beliebiger Menge vorhandene sei es gleichstimmige Subsumtionen oder auch Gleichungen dürfen überschiebend mit einander multiplizirt, über- schiebend zu einander addirt werden, und zwar ist das Ergebniss eine Gleichung nur, wenn unter den verknüpften Propositionen sich keine Subsumtion befindet, dagegen wieder eine mit den gegebenen gleich- stimmige Subsumtion im andern Falle, d. i. wenn mindestens eine Sub- sumtion sich unter den verknüpften Propositionen vorfindet. Würde man aber eine Gleichung a = b mit einer andern a' = b' beiderseits multipliziren, so erhielte man eine Aussage a · (a' = b') = b · (a' = b') die sich ebenfalls als eine im Aussagenkalkul gültige nachweisen lassen wird, und daselbst einen Sinn hat, der weder sich deckt mit dem des Er- gebnisses der überschiebenden Multiplikation beider Gleichungen: a · a' = b · b', noch mit dem des Ergebnisses ihrer Multiplikation (schlechtweg): (a = b) · (a' = b'). Man ersieht hieraus, dass auch die Umstandswörter „beiderseits“ und „über- schiebend“ nicht verwechselt werden dürfen, nicht durch ein einziges Um-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/289>, abgerufen am 25.04.2024.