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Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890.

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Sechste Vorlesung.
§ 12. Nichtbeweisbarkeit der zweiten Subsumtion des Distributions-
gesetzes und Unentbehrlichkeit eines weiteren Prinzipes. Prinzip
zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes.

Setzen wir einen Augenblick den Fall, es würden sich auch die
beiden folgenden Formeln beweisen lassen, die ich zwar noch nicht als
Theoreme
bezeichnen aber (vorgreifend) mit den jetzt fälligen Chiffren
numeriren will:

26x) a (b + c) a b + a c26+) (a + b) (a + c) a + b c,
so würden im Hinblick auf Th. 25) nach Def. (1) auch die Gleichungen
gelten müssen:
27x) a (b + c) = a b + a c27+) a + b c = (a + b) (a + c),
deren erste mit dem "Distributionsgesetze" der Arithmetik zusammen-
fällt. Und umgekehrt: wenn die Formeln 27) als Gleichungen gelten,
so sind nicht nur die Subsumtionen 25) sondern auch die 26) kraft
Def. (1) als allgemeine Formel wahr.

Auch diese Formeln 26) und 27) wären wieder von zweien leicht
auf mehr als zwei Operationsglieder auszudehnen, und hätte man bei
27), z. B. linkerhand, für drei Operationsglieder:
a (b + c + d) = a b + a c + a d
und so weiter. Der Beweis wäre zu führen, indem man die dreiglie-
drige Summe b + c + d zunächst als eine zweigliedrige (b + c) + d kraft
13+) darstellte und dann zweimal nacheinander, zuerst auf diese bino-
mische Summe selber, sodann auf ihren ersten Term b + c, das Schema
27x) anwendete. Man hat also zu schliessen:
a (b + c + d) = a {(b + c) + d} = a (b + c) + a d = (a b + a c) + a d =
= a b + a c + a d.

Um darnach für eine viergliedrige Summe b + c + d + e den Satz zu
beweisen, hätte man auch diese wieder als eine binomische darzustellen,
z. B. in Gestalt von (b + c + d) + e. Etc.

Auf ihre Gültigkeit -- die sich bald offenbaren wird -- wollen
wir die Formeln 27) erst nachher prüfen und uns zunächst damit be-

Sechste Vorlesung.
§ 12. Nichtbeweisbarkeit der zweiten Subsumtion des Distributions-
gesetzes und Unentbehrlichkeit eines weiteren Prinzipes. Prinzip
zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes.

Setzen wir einen Augenblick den Fall, es würden sich auch die
beiden folgenden Formeln beweisen lassen, die ich zwar noch nicht als
Theoreme
bezeichnen aber (vorgreifend) mit den jetzt fälligen Chiffren
numeriren will:

26×) a (b + c) ⋹ a b + a c26+) (a + b) (a + c) ⋹ a + b c,
so würden im Hinblick auf Th. 25) nach Def. (1) auch die Gleichungen
gelten müssen:
27×) a (b + c) = a b + a c27+) a + b c = (a + b) (a + c),
deren erste mit dem „Distributionsgesetze“ der Arithmetik zusammen-
fällt. Und umgekehrt: wenn die Formeln 27) als Gleichungen gelten,
so sind nicht nur die Subsumtionen 25) sondern auch die 26) kraft
Def. (1) als allgemeine Formel wahr.

Auch diese Formeln 26) und 27) wären wieder von zweien leicht
auf mehr als zwei Operationsglieder auszudehnen, und hätte man bei
27), z. B. linkerhand, für drei Operationsglieder:
a (b + c + d) = a b + a c + a d
und so weiter. Der Beweis wäre zu führen, indem man die dreiglie-
drige Summe b + c + d zunächst als eine zweigliedrige (b + c) + d kraft
13+) darstellte und dann zweimal nacheinander, zuerst auf diese bino-
mische Summe selber, sodann auf ihren ersten Term b + c, das Schema
27×) anwendete. Man hat also zu schliessen:
a (b + c + d) = a {(b + c) + d} = a (b + c) + a d = (a b + a c) + a d =
= a b + a c + a d.

Um darnach für eine viergliedrige Summe b + c + d + e den Satz zu
beweisen, hätte man auch diese wieder als eine binomische darzustellen,
z. B. in Gestalt von (b + c + d) + e. Etc.

Auf ihre Gültigkeit — die sich bald offenbaren wird — wollen
wir die Formeln 27) erst nachher prüfen und uns zunächst damit be-

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[[282]/0302] Sechste Vorlesung. § 12. Nichtbeweisbarkeit der zweiten Subsumtion des Distributions- gesetzes und Unentbehrlichkeit eines weiteren Prinzipes. Prinzip zur Vertretung des unbeweisbaren Satzes. Setzen wir einen Augenblick den Fall, es würden sich auch die beiden folgenden Formeln beweisen lassen, die ich zwar noch nicht als Theoreme bezeichnen aber (vorgreifend) mit den jetzt fälligen Chiffren numeriren will: 26×) a (b + c) ⋹ a b + a c 26+) (a + b) (a + c) ⋹ a + b c, so würden im Hinblick auf Th. 25) nach Def. (1) auch die Gleichungen gelten müssen: 27×) a (b + c) = a b + a c 27+) a + b c = (a + b) (a + c), deren erste mit dem „Distributionsgesetze“ der Arithmetik zusammen- fällt. Und umgekehrt: wenn die Formeln 27) als Gleichungen gelten, so sind nicht nur die Subsumtionen 25) sondern auch die 26) kraft Def. (1) als allgemeine Formel wahr. Auch diese Formeln 26) und 27) wären wieder von zweien leicht auf mehr als zwei Operationsglieder auszudehnen, und hätte man bei 27), z. B. linkerhand, für drei Operationsglieder: a (b + c + d) = a b + a c + a d und so weiter. Der Beweis wäre zu führen, indem man die dreiglie- drige Summe b + c + d zunächst als eine zweigliedrige (b + c) + d kraft 13+) darstellte und dann zweimal nacheinander, zuerst auf diese bino- mische Summe selber, sodann auf ihren ersten Term b + c, das Schema 27×) anwendete. Man hat also zu schliessen: a (b + c + d) = a {(b + c) + d} = a (b + c) + a d = (a b + a c) + a d = = a b + a c + a d. Um darnach für eine viergliedrige Summe b + c + d + e den Satz zu beweisen, hätte man auch diese wieder als eine binomische darzustellen, z. B. in Gestalt von (b + c + d) + e. Etc. Auf ihre Gültigkeit — die sich bald offenbaren wird — wollen wir die Formeln 27) erst nachher prüfen und uns zunächst damit be-

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Zitationshilfe: Schröder, Ernst: Vorlesungen über die Algebra der Logik. Bd. 1. Leipzig, 1890, S. [282]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schroeder_logik01_1890/302>, abgerufen am 29.03.2024.